Zeit für Grippeschutz: 12 wichtige Tipps zur Influenza-Impfung – die aktuellen Empfehlungen vom RKI

Nathalie Haidlauf

Interessenkonflikte

19. Oktober 2022

Das Robert Koch-Institut (RKI) beantwortet alle Fragen zur Grippe-Schutzimpfung 2022. Wir haben für Sie die wichtigsten Antworten zusammengestellt – unter anderem, für wen die Impfung empfohlen wird und ob sie zeitgleich mit der COVID-19-Impfung erfolgen darf.

1. Für wen empfiehlt die Ständige Impfkommission (STIKO) die saisonale Influenza-Impfung?

  • Für alle Personen ab 60 Jahren;

  • für alle Schwangeren ab dem 2. Trimenon, bei erhöhter Gefährdung aufgrund einer Grunderkrankung ab dem 1. Trimenon;

  • bei erhöhter Gefährdung durch Grunderkrankungen wie chronische Krankheiten der Atmungsorgane, Herz- oder Kreislaufkrankheiten, Leber- oder Nierenerkrankungen, Diabetes, Multiple Sklerose, angeborene oder erworbene Immundefizienz, HIV;

  • für Bewohner von Alters- oder Pflegeheimen;

  • für Personen, die mit Personen aus den Risikogruppen im gleichen Haushalt leben;

  • für medizinisches Personal;

  • für Personen in Einrichtungen mit umfangreichem Publikumsverkehr;

  • für Personen mit Kontakt zu Geflügel und Wildvögeln (Gefahr einer Doppelinfektion mit Vogelgrippe).

Geimpft werden sollten im Rahmen eines erhöhten beruflichen Risikos außerdem:

  • Personen mit erhöhter Gefährdung (z.B. medizinisches Personal),

  • Personen in Einrichtungen mit umfangreichem Publikumsverkehr,

Personen, die als mögliche Infektionsquelle für von ihnen betreute Risikopersonen fungieren können.

2.    Wann sollte geimpft werden?

In den vergangenen Jahren hat die Influenza-Welle in Deutschland meist nach der Jahreswende begonnen. Da es 10 bis 14 Tage dauert, bis der Impfschutz vollständig aufgebaut ist, sollte die Impfung im Oktober oder November erfolgen. Auch Impfungen im Dezember oder während der Grippewelle können noch sinnvoll sein.

3.    Darf die Influenza-Impfung zusammen mit der COVID-19-Impfung gegeben werden?

Ja. Gemäß Empfehlung der STIKO muss zwischen COVID-19-Impfungen und der Verabreichung anderer Totimpfstoffe kein Impfabstand von 14 Tagen mehr eingehalten werden. Die Impfungen können simultan, d.h. gleichzeitig, verabreicht werden. Die Injektion soll jeweils an unterschiedlichen Gliedmaßen erfolgen.

Die Influenza-Impfung sollte wie üblich im Spätherbst (Mitte Oktober bis Mitte Dezember) verabreicht werden. Unter der Voraussetzung, dass eine Indikation zur Impfung sowohl gegen Influenza als auch gegen COVID-19 besteht, ist die gleichzeitige Verabreichung der beiden Impfstoffe möglich.

Eine ausführliche Aufklärung der zu impfenden Person über die möglichen, vermehrten vorübergehenden lokalen und systemischen Impfreaktionen ist bei der gleichzeitigen Gabe von COVID-19-Impfstoffen und Influenza-Impfstoffen (inkl. Hochdosis-Impfstoffen) besonders wichtig

4.    Welche Nebenwirkungen sind nach der Influenza-Impfung zu erwarten

Der saisonale Influenza-Impfstoff ist in der Regel gut verträglich. Unabhängig von der Art des Impfstoffs treten gelegentlich vorübergehend Fieber, Frösteln oder Schwitzen, Müdigkeit, Kopf-, Muskel- oder Gliederschmerzen auf. In der Regel klingen diese Beschwerden innerhalb von 1 bis 2 Tagen folgenlos wieder ab.

Nach der Impfung mit dem Totimpfstoff kann es vorübergehend zu leichten Schmerzen, Rötung und Schwellung an der Impfstelle kommen. Der Lebendimpfstoff (LAIV, Nasenspray) aus abgeschwächten Influenzaviren kann darüber hinaus eine verstopfte oder laufende Nase auslösen.

5.    Warum wird für ältere Personen ein gesonderter Impfstoff empfohlen?

Mit zunehmendem Alter nimmt die Leistungsfähigkeit des Immunsystems ab, sodass Infektionen häufiger schwer verlaufen. Ältere Menschen haben außerdem ein erhöhtes Risiko, aufgrund einer Komplikation im Krankenhaus behandelt werden zu müssen. Die meisten Todesfälle durch Influenza betreffen diese Altersgruppe. Die reduzierte Immunantwort älterer Menschen führt zudem dazu, dass die Impfung weniger wirksam sein kann als bei jüngeren Erwachsenen.

Influenza-Hochdosis-Impfstoffe haben im Vergleich zu inaktivierten, quadrivalenten Influenza-Standard-Impfstoffen eine leicht aber signifikant bessere Wirksamkeit bei Senioren. Da Influenza eine häufige und potenziell schwer verlaufende Erkrankung ist, kann man selbst mit einer leicht besseren Wirksamkeit eine zusätzliche relevante Anzahl an Influenza-Fällen und schweren Verläufen verhindern.

Die STIKO empfiehlt deshalb für Personen ab 60 Jahren eine Influenza-Impfung mit einem Hochdosis-Impfstoff. Die Kosten werden von den Krankenkassen für alle Personen über 60 Jahre erstattet.

6.    Wie sieht das Nebenwirkungsprofil von Influenza-Hochdosis-Impfstoffen aus?

Der Hochdosis-Impfstoff hat im Vergleich zu Influenza-Standard-Impfstoffen eine höhere Reaktogenität, das heißt: Es können vermehrt lokale Nebenwirkungen an der Injektionsstelle (Schmerz, Rötung, Schwellung) auftreten. Darüber sollte der impfende Arzt/die impfende Ärztin aufklären. Die Beschwerden sind in der Regel selbstlimitierend, d.h. sie verschwinden nach einigen Tagen von selbst.

Die Sicherheit von Influenza-Hochdosis-Impfstoffen wurde in klinischen Studien intensiv geprüft. Es gab – wie für die Influenza-Standard-Impfstoffe – keine Sicherheitsbedenken.

7.    Sind mehrere Influenza-Impfungen innerhalb einer Saison sinnvoll?

Nein. Personen, die bereits geimpft sind, sollten innerhalb einer Influenza-Saison nicht ein 2. Mal geimpft werden. Das hat verschiedene Gründe:

  • Es gibt keine Daten zur sequenziellen Impfung („Mehrfachimpfungen“).

  • Influenza-Impfstoffe werden generell nicht als Booster entwickelt, deshalb sollte pro Saison nur eine Influenza-Impfung verabreicht werden.

  • Der Hochdosis-Impfstoff ist dem Influenza Standard-Impfstoff in Bezug auf die Wirksamkeit bei älteren Personen nur leicht überlegen.

  • Auch bei einem Influenza-Standard-Impfstoff ist von einem ausreichenden Impfschutz auszugehen.

8.    Wer darf nicht gegen Influenza geimpft werden?

Wer an einer fieberhaften Erkrankung (≥38,5 °C) oder schwereren akuten Infektion leidet, sollte zu diesem Zeitpunkt nicht geimpft werden. Die Impfung sollte aber so bald wie möglich nachgeholt werden.

Bei Personen mit einer schweren Allergie gegen Hühnereiweiß oder gegen einen anderen Bestandteil des Influenza-Impfstoffs sollte die Möglichkeit einer Impfung gegen Influenza mit dem behandelnden Arzt besprochen werden (weitere Infos finden sich auf der Seite des RKI).

Kinder und Jugendliche, die an einer klinischen Immundefizienz oder an schwerem Asthma leiden oder eine Salicylat-Therapie erhalten, dürfen nicht mit dem Influenza-Lebendimpfstoff (LAIV, Nasenspray) geimpft werden.

Für weitere Informationen und die genaue Zusammensetzung der Influenza-Impfstoffe ist die jeweilige Fachinformation zu beachten.

9.    Wie hoch ist die Wirksamkeit der Influenza-Impfung?

Die Wirksamkeit der Influenza-Impfung kann in jeder Saison sehr unterschiedlich sein und sich auch hinsichtlich der einzelnen Virustypen sowie -subtypen unterscheiden. Die Impfeffektivität hängt dabei von verschiedenen Faktoren ab. Hierzu gehören beispielsweise das Alter des Impflings, frühere Influenza-Infektionen oder -Impfungen oder auch die Art des verwendeten Impfstoffes.

Die Zusammensetzung des Impfstoffes wird jährlich an die voraussichtlich dominierenden Virusstämme angepasst. Wenn sich zirkulierende Viren oder die Anteile der einzelnen Virus(sub)typen im Verlauf der Saison ändern, kann sich die Schutzwirkung des Impfstoffs auch im Laufe einer Grippesaison verändern.

In europäischen und US-amerikanischen Studien lag die Wirksamkeit der Influenza-Impfung in Bezug auf die Verhinderung laborbestätigter, Influenza-bedingter Arztkonsultationen in den Saisons 2010/11 bis 2019/20 jeweils zwischen 20 und 60%. Bei einer mittleren Wirksamkeit von 41% bei älteren Erwachsenen bedeutet dies: Wenn im Laufe einer Influenzasaison von 100 ungeimpften älteren Erwachsenen 10 an Grippe erkranken, erkranken von 100 geimpften älteren Erwachsenen nur etwa 6.

Zudem wurde in zahlreichen Studien gezeigt, dass eine Influenza-Erkrankung bei geimpften Personen milder, also mit weniger Komplikationen verläuft als bei Ungeimpften.

10.    Können geimpfte Personen andere anstecken?

Bei den in Deutschland verwendeten Influenza-Impfstoffen handelt es sich um Totimpfstoffe. Durch die Impfung mit einem Totimpfstoff wird weder die Krankheit hervorgerufen, noch können Impfviren an Dritte weitergegeben werden.

Eine Ausnahme bildet der für Kinder und Jugendliche zugelassene Lebendimpfstoff (LAIV, Nasenspray), der abgeschwächte Viren enthält. Hierbei sind entsprechend der Hinweise in der Fachinformation gewisse Vorsichtsmaßnahmen zu berücksichtigen.

Unabhängig von der Art des Impfstoffes kann es auch bei geimpften Personen zu einer Infektion mit Influenzaviren kommen. Häufig verlaufen solche Infektionen bei Geimpften mit milderen Krankheitssymptomen oder völlig unbemerkt. In diesen Fällen können Influenza-Viren ausgeschieden und auf Kontaktpersonen übertragen werden.

11.    Warum wird die saisonale Influenza-Impfung für Schwangere empfohlen?

Schwangere haben bei einer Influenza-Infektion ein erhöhtes Risiko für schwere Krankheitsverläufe. Das zeigen Daten und Erfahrungen aus saisonalen Influenza-Wellen sowie aus vergangenen Influenza-Pandemien. Daher empfiehlt die Ständige Impfkommission (STIKO) seit 2010 die saisonale Influenza-Impfung für alle Frauen, die während der Influenza-Saison im Winter schwanger sind.

Das erhöhte Komplikationsrisiko von Schwangeren hängt mit verschiedenen physiologischen und immunologischen Veränderungen zusammen, die während einer Schwangerschaft im Körper ablaufen. Diese Veränderungen können schwangere Frauen für virale Erreger wie das Influenza-Virus empfänglicher machen und schwere Krankheitsverläufe begünstigen.

Da es sich bei den in Deutschland zugelassenen Influenza-Impfstoffen für Erwachsene um Totimpfstoffe handelt, ist eine Impfung generell in jedem Stadium der Schwangerschaft unbedenklich. Für gesunde Schwangere empfiehlt die STIKO die Impfung dennoch erst ab dem 2. Schwangerschaftsdrittel.

12.    Warum wird in anderen Ländern die Impfung gesunder Kinder empfohlen und nicht in Deutschland?

Einige wenige EU-Länder empfehlen die Influenza-Impfung von gesunden Kindern (z.B. Finnland, Großbritannien, Litauen, Malta, Slowenien, Slowakei). Es bestehen jedoch Unterschiede bei den empfohlenen Altersgruppen: Je nach Land ist die Influenza-Impfung für Kinder z.B. von 6 Monaten bis 2, 3, 5 oder 12 Jahren empfohlen bzw. von 2 Jahren bis zu 11 Jahren (siehe Veröffentlichung des European Centre for Disease Prevention and Control [ECDC] 2018). Kein EU-Land empfiehlt die Influenza-Impfung für alle Kinder und Jugendlichen.

Zur Verhinderung von Influenza-Erkrankungen durch Impfung gibt es verschiedene Strategien. Die Strategie, die auch in Deutschland praktiziert wird, ist die Impfung von Risikogruppen.

Andere Strategien wären die Impfung der gesamten Bevölkerung oder die gezielte Impfung von Kindern, wodurch – bei entsprechend hohen Impfquoten – auch ältere Altersgruppen indirekt geschützt würden, weil Kinder oftmals die Infektionsquelle sind bzw. die Virus-Zirkulation in der Bevölkerung insgesamt reduziert werden kann (Gemeinschaftsschutz). So empfehlen beispielsweise die US-amerikanischen Centers for Disease Control and Prevention (CDC) allen Kindern ab 6 Monaten eine jährliche Influenza-Impfung, solange keine Kontraindikationen gegen eine Impfung vorliegen.

Die STIKO behält das Thema im Blick und bewertet fortlaufend die entsprechende Literatur.

Weitere Informationen zur Stammanpassung der Grippeimpfstoffe 2022/23 und zu den derzeit verfügbaren saisonalen Influenza-Impfstoffe für die unterschiedlichen Altersindikationen finden Sie auf der Internetseite des Paul-Ehrlich-Instituts.

Dieser Artikel ist im Original erschienen auf Coliquio.de.
 

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