Weichgewebesarkome nach Brustkrebs-Bestrahlung; für wen ASS bei Darmkrebs? Biopsie bei Schilddrüsenkrebs zuverlässig

Dr. Susanne Heinzl

Interessenkonflikte

18. Oktober 2022

Im Onko-Blog dieser Woche geht es unter anderem um sekundäre Karzinome nach Mammakarzinom und die oft zu späte Diagnose eines invasiven lobulären Erkrankung. Beim Kolorektalkarzinom hat Acetylsalicylsäure nur einen Nutzen bei Personen, die bei der Diagnose nicht übergewichtig waren. Die Feinnadelbiopsie beim Schilddrüsenkarzinom wird schon Jahrzehnt eingesetzt, ist für die Diagnose aber immer noch wertvoll.

  • Mammakarzinom: Bestrahlung als Risikofaktor für Weichgewebesarkome

  • Mammakarzinom: lobuläre Erkrankungen oft nicht rechtzeitig erkannt

  • Kolonkarzinom: Übergewicht verringert Nutzen von Acetylsalicylsäure

  • Schilddrüsenkarzinom: Feinnadelbiopsie nach wie vor zuverlässig

  • Multiples Myelom: Zweite Revision des International Staging System

  • Krebsforschungsdaten-Zentrum: Mit KI zu therapierelevantem Wissen

Mammakarzinom: Bestrahlung als Risikofaktor für Weichgewebesarkome

Eine Bestrahlung erwies sich als der stärkste Risikofaktor für thorakale Weichgewebesarkome nach einer Brustkrebserkrankung: Das Risiko stieg um das 8,1-Fache bzw. 3,0-Fache in 2 großen US-amerikanischen Kohorten.

Ein erhöhtes Risiko für ein thorakales Angiosarkom wurde auch bei Patientinnen gesehen, die sich einer brusterhaltenden Operation unterzogen, Anthrazykline erhalten hatten und zum Zeitpunkt der Brustkrebsdiagnose an Bluthochdruck oder Diabetes litten, so die amerikanische Arbeitsgruppe in Lancet Oncology .

Die Ergebnisse dieser Studie belegen, dass modifizierbare Risikofaktoren bei der Behandlung des frühen Mammakarzinoms eine hohe Bedeutung haben, um sekundäre Krebserkrankungen und andere Nebenwirkungen zu minimieren und gleichzeitig das Ergebnis zu optimieren, heißt es im begleitenden Editorial.

Mammakarzinom: lobuläre Erkrankungen oft nicht rechtzeitig erkannt

Frauen, die an einem invasiven lobulären Mammakarzinom (ILC) leiden, werden häufiger in späteren Stadien diagnostiziert als Frauen mit dem öfter vorkommenden invasiven duktalen Mammakarzinom (IDC). Diese Ergebnisse einer retrospektiven Studie aus 3 klinischen Zentren in den USA wurden im Journal of the National Cancer Institute veröffentlicht. Außerdem ergab die Studie, dass es sich um 2 unterschiedliche Erkrankungen handelt, die auch eine unterschiedliche Behandlung benötigen.

Das Great Lakes Breast Cancer Consortium verglich das klinische Verhalten von ILC (n = 3.617) und IDC (n = 30.045) von 33.662 Patientinnen, die zwischen 1990 und 2017 in 3 großen klinischen Zentren behandelt worden waren.

Im Vergleich zu IDC wurden Patientinnen mit ILC häufiger in späteren Stadien und mit stärkerer Lymphknotenbeteiligung diagnostiziert. Östrogenrezeptor-positive ILCs waren geringgradiger (Grad 1 und 2: 90% bei ILC vs. 72% bei IDC), aber größer (T3 und 4: 14,3% bei ILC vs. 3,4% bei IDC). Patientinnen mit Östrogenrezeptor (ER)-positiver ILC unterzogen sich signifikant häufiger einer Mastektomie im Vergleich zu ER-positiver IDC (57% vs. 46%). Frauen mit ER-positiver ILC hatten ein signifikant schlechteres krankheitsfreies Überleben und Gesamtüberleben als Frauen mit ER-positiver IDC.

Kolonkarzinom: Übergewicht verringert Nutzen von Acetylsalicylsäure

Patienten mit Kolorektalkarzinom und Übergewicht bei der Diagnose profitieren nicht von einer Einnahme von Acetylsalicylsäure, während die Einnahme bei normalen Körpergewicht mit einer höheren Überlebenswahrscheinlichkeit assoziiert ist.

Die amerikanische Autorengruppe schlussfolgert in ihrer Publikation in JAMA Network Open , dass nach Bestätigung und weiterer Auswertung dieser Daten der BMI möglicherweise dazu verwendet werden kann, den Nutzen einer Einnahme von Acetylsalicylsäure nach der Diagnose einer Kolorektalkarzinoms besser abzuschätzen.

Sie hatte in einer Analyse die Daten von 656 Patienten ausgewertet, die von 2010 bis 2018 am MD Anderson Center der University of Texas behandelt worden waren. 38,3% wiesen einen normalen BMI auf, 36,3% waren übergewichtig und 25,4% hatten Adipositas. Eine regelmäßige Einnahme von Acetylsalicylsäure gaben 19,9%, 26,1% bzw. 31,1% an.

Patienten mit Adipositas bzw. mit Übergewicht hatten ein höheres Sterberisiko als Patienten mit einem normalen BMI (Hazard Ratio: 1,45 bzw. 1,26). Acetylsalicylsäure-Einnahme war nur bei Personen mit normalen BMI mit einer Überlebensvorteil assoziiert (HR: 0,59) ,während es bei Übergewichtigen (HR 1,05) und Adipösen (HR: 0,79) keinen Effekt zeigt.

Schilddrüsenkarzinom: Feinnadelbiopsie nach wie vor zuverlässig

Die Genauigkeit der seit den 1970er Jahren zur Diagnose eines Schilddrüsenkarzinoms eingesetzte Feinnadelbiopsie hat sich im Lauf der Zeit nicht verändert. Entwicklungen in Technik, Vorbereitung und Interpretation haben die Ergebnisse nicht gravierend beeinflusst. Nach wie vor ist die Feinnadelbiopsie ein zuverlässiger Test für die Diagnose eine Schilddrüsenkarzinoms, so die Schlussfolgerung der Autoren eines Reviews mit Metaanalyse in JAMA Surgery .

Die amerikanische Arbeitsgruppe analysierte die Daten von 16.597 Patienten aus 36 Studien. Die Sensitivität der Feinnadelbiospie betrug 85,6%, die Spezifität 71,4%, die positive Likelihood-Ratio lag bei 3,0 und die negative Likelihood-Ratio bei 0,2. Es zeigte sich keine Assoziation zwischen dem Zeitpunkt der Biopsie und der Genauigkeit.

Im begleitenden Editorial weisen die Verfasser darauf hin, dass die Fortschritte in der letzten Jahrzehnte es ermöglicht haben, dass dieses Verfahren breiter eingesetzt werden kann. Eine wesentliche Änderung habe sich aber durch die zusätzliche molekulare Charakterisierung ergeben. Dies belege, wie wichtig schrittweiser Fortschritt sei.

Multiples Myelom: Zweite Revision des International Staging System

Das Europäische Myelom-Netzwerk hat die zweite Revision des International Staging System (R2-ISS) zum Überleben von Patienten mit multiplem Myelom im Journal of Clinical Oncology publiziert. Im Vergleich zum bisherigen R-ISS enthält das R2-ISS ein verbessertes und einfaches Staging-System, das eine bessere Stratifizierung von Patienten mit neu diagnostiziertem multiplem Myelom und intermediärem Risiko ermöglicht.

Hierzu hatte die Arbeitsgruppe im Harmony-Projekt Daten von 10.843 Patienten mit neu diagnostiziertem multiplem Myelom analysiert. In das R2-ISS geht nun ein Zugewinn von 1q (bis zu 3 Kopien) bzw. eine Amplifikation (≥ 4 Kopien) ein.

Krebsforschungsdaten-Zentrum: Mit KI zu therapierelevantem Wissen

Im September 2022 ist das Verbundprojekt onkoFDZ (Krebsforschungsdaten-Zentrum) gestartet, das versorgungsnahe Daten der Patienten verknüpfen soll. Die Projektleitung liegt beim Zentrum für Evidenzbasierte Gesundheitsversorgung (ZEGV) der Hochschulmedizin Dresden zusammen mit der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Tumorzentren e.V. (ADT), so eine Pressemitteilung.

Die Nutzung der Daten aus klinischen Krebsregistern als Grundlage für die Abbildung der Routineversorgung wird seit langem angestrebt –von klinisch tätigen Ärzten, von Forschenden, von der Politik und von gesundheitspolitischen Initiativen wie der Dekade gegen Krebs oder dem Nationalen Krebsplan.

Ziel von onkoFDZ ist es vor allem, neues Wissen für therapierelevante Fragestellungen zu generieren, für die klinische Studien derzeit nicht zur Verfügung stehen bzw. nicht praktikabel durchführbar sind. Anhand der Daten aus klinischen Krebsregistern sowie anhand anderer versorgungsnaher Daten soll KI-gestützt eine hochwertige, klinisch relevante Evidenz in der Onkologie entstehen. onkoFDZ wird vom Bundesministerium für Gesundheit mit 2,7 Millionen Euro über 3 Jahre gefördert.

Fanden Sie diesen Artikel interessant? Hier ist der Link zu unseren kostenlosen Newsletter-Angeboten – damit Sie keine unserer Nachrichten aus der Medizin verpassen.

 

Kommentar

3090D553-9492-4563-8681-AD288FA52ACE
Wir bitten darum, Diskussionen höflich und sachlich zu halten. Beiträge werden vor der Veröffentlichung nicht überprüft, jedoch werden Kommentare, die unsere Community-Regeln verletzen, gelöscht.

wird bearbeitet....