Tipps vom Steuerberater: So gelingt die Praxisübergabe, ohne in die Steuerfalle zu tappen

Frank Steuer

Interessenkonflikte

12. Oktober 2022

Die Praxisnachfolge wird für viele Inhaber zum Ende des Berufslebens zu einer großen Herausforderung. Ungeliebt, aber wichtig: anfallende Steuern, die im Übergabeprozess einen gewichtigen Anteil für einen erfolgreichen Abschluss haben. Der Steuerberater Frank Steuer erläutert, worauf es ankommt. Er ist Fachberater im Gesundheitswesen und Fachberater für Unternehmensnachfolge in der sbu-Steuerberatung GmbH.

Frank Steuer

Eine überleitende Tätigkeit in einer Freiberufler-Personengesellschaft wird immer schwieriger. Denn sie ist mit der Gefahr einer gewerbesteuerlichen Infizierung verbunden. Die Folge: eine Belastung der Praxis beziehungsweise der Gesellschafter durch Gewerbesteuer, soweit der Hebesatz über 400% der entsprechenden Gemeinde liegt. Besonders gravierend ist in diesem Fall, dass auch die Tätigkeitsvergütung, die der in der Praxis tätige Inhaber für seine eigene Leistung erhält, letztendlich mit Gewerbesteuer belegt wird.

Diese Gefahr besteht insbesondere bei größeren Praxen mit mehreren angestellten Ärztinnen und Ärzten, deren Tätigkeit nicht mehr durch die Gesellschafterärzte geleitet und überwacht werden kann. Gleiches gilt für die Aufgabenteilung im Gesellschafterkreis, wenn einer der Gesellschafter medizinische Tätigkeiten nur noch marginal ausübt, wie eine aktuelle Entscheidung des Finanzgerichtes Rheinland-Pfalz vom 16. September 2021 verdeutlicht ( coliquio berichtete).

Übergang gestalten, ohne in die Steuerfalle zu tappen

Weiterhin ist zu beachten, dass ein Teilverkauf von Praxisanteilen beziehungsweise einer Einzelpraxis auch bei Medizinerinnen und Medizinern, die das 55. Lebensjahr überschritten haben, die steuerlichen Vergünstigungen nicht zur Anwendung kommen. Das bedeutet, dass auf einen entsprechenden Teilverkauf somit die volle Einkommensteuerbelastung zum Tragen kommt.

Die steuerlichen Vergünstigungen erfordern, dass die abgebende Person danach die Tätigkeit in der Einzelpraxis beziehungsweise in der Berufsausübungsgemeinschaft oder der MVZ GbR vollständig einstellt. Ein Problem, denn genau dies wird in der Regel von allen Beteiligten in den meisten Fällen gerade nicht gewünscht. In der Praxis hat sich vielmehr bewahrheitet, dass eine überleitende Tätigkeit geschätzt wird und die Übernahme so deutlich erfolgreicher verläuft.

Um diese, meist durch das Steuerrecht begründete, Herausforderung zu meistern, ist eine strategische Vorgehensweise bei der Vorbereitung der Praxisnachfolge unumgänglich.

Gründung einer MVZ GmbH: Auch steuerlich eine gute Wahl

Aus unserer Sicht empfehlenswert ist daher die Gründung einer MVZ GmbH. Der oder die Gründer des medizinischen Versorgungszentrums (MVZ) beenden mit der Gründung und der Übertragung der Praxis bzw. der Praxisanteile an das MVZ ihre freiberufliche Tätigkeit. Sie bleiben dabei weiterhin Gesellschafter des MVZ. In der MVZ GmbH werden die abgebenden Medizinerinnen und Mediziner dann im Rahmen eines steuerlich anzuerkennenden Beschäftigungsverhältnisses tätig. Dies ist nur möglich, weil das MVZ und die Gesellschafter jeweils getrennte Personen des Gesellschaftsrechts sind.

Im Idealfall winken steuerliche Vergünstigungen

Liegen die Voraussetzungen der steuerlichen Vergünstigungen vor, dann kann die Übertragung erfolgen. Konkret heißt das: Der Veräußerungs- bzw. Einbringungsgewinn der praxisabgebenden Partei wird in solchen Fällen nur mit 56% des Durchschnittssteuersatzes des betreffenden Abgabejahres belastet. Dieser Steuersatz liegt zwischen 14% und 25%.

Die MVZ GmbH selbst hat in Höhe des Einbringungswertes Anschaffungskosten. Diese kann sie in der Regel über die Nutzungsdauer vollständig abschreiben. Da die Steuerbelastung durch Körperschaftssteuer und Gewerbesteuer bei der MVZ GmbH in Deutschland durchschnittlich zwischen 29 und 31% liegt, ist der Steuervorteil aus der gewonnenen Abschreibung höher als die Steuerbelastung, die bei der Aufdeckung der stillen Reserven durch die Einbringung der Praxis zum Verkehrswert entsteht. 2 Punkte gilt es dabei zu beachten:

  • Vorteilhaft ist, dass ein steuerlicher Vorteil in Höhe der Steuerminderung bei der MVZ GmbH in Höhe des Abschreibungsvolumens entsteht. Dieser wird über die Nutzungsdauer der angeschafften Vermögensgegenstände verteilt. Die Nutzungsdauer beträgt dabei durchschnittlich 6 bis 8 Jahre.

  • Nachteilig ist, dass die Steuerbelastung auf dem Praxisverkauf bei der übernehmenden Partei im Folgejahr fällig wird. Hier kann eine Finanzierungsfrage auftreten, wie die Steuerbelastung mit der Einkommensteuer auf den Veräußerungsgewinn aufgebracht wird.

2 Wege, wie eine Praxisübernahme finanziert werden kann

Die MVZ GmbH wird über die verdienten Abschreibungen in Form des Cashflows liquide Überschüsse erzielen. Diese können dann zur Rückführung von Gesellschafterdarlehen, die im Rahmen der Einbringung regelmäßig gewährt werden, verwendet werden. Mit diesen liquiden Mitteln lässt sich dann die Steuerbelastung des Praxisabgebers finanzieren.

Natürlich besteht auch die Möglichkeit, bei entsprechender Bonität, dass die MVZ GmbH den Kaufpreis für die Praxis durch ein Kreditinstitut finanzieren lässt. Damit steht dem Praxisabgeber oder der Praxisabgeberin der Kaufpreis und damit die Liquidität für die Steuerzahlung direkt zur Verfügung.

MVZ-Gründung vor dem 55. Lebensjahr muss individuell geprüft werden

Auch bei Ärzten/Zahnärzten, die vor Erreichen der Altersgrenze von 55 Jahren schon über die Gründung einer MVZ GmbH zur Vorbereitung der Praxisnachfolge nachdenken, besteht die Möglichkeit, die Praxis steuerneutral in eine MVZ GmbH zu übertragen. Hierbei sind aber weitere steuerlich beachtliche Punkte zu berücksichtigen, die es im Einzelfall zu prüfen gilt.

Längst nicht trivial: Die Frage der Zulassung

Bei der Praxiseinbringung ist in allen Fällen von Bedeutung, dass die funktional wesentlichen Betriebsgrundlagen auf die übernehmende MVZ GmbH übertragen werden. Funktional wesentliche Betriebsgrundlagen sind Wirtschaftsgüter, die für den Betrieb der Praxis unabdingbar sind.

Nach der jüngsten Entscheidung des Bundessozialgerichtes (BSG) vom 26. Januar 2022 wird künftig nur noch die Vertragsarztvariante, bei der der Arzt seine Zulassung zurückbehält und nicht auf die MVZ GmbH überträgt, in den überwiegenden Fällen umsetzbar sein. Damit sind auch steuerliche Implikationen verbunden. Es stellt sich steuerlich die Frage, ob die Vertragsarztzulassung eine solche wesentliche Betriebsgrundlage darstellt, die nach der Rechtsprechung des BSG nun nicht mehr auf die GmbH aus zulassungsrechtlicher Sicht erfolgen darf.

Hierüber gibt es aktuell steuerrechtlich noch keine abschließende Klärung. Auch in der steuerlichen Literatur wird diese Frage heftig diskutiert. Die Auffassung der sbu Beteiligungs- und Steuerberatungsgesellschaft mbH ist: Es liegt keine wesentliche Betriebsgrundlage vor, weil die Zulassung nicht über die Voraussetzungen eines Wirtschaftsgutes verfügt.

Bestenfalls sichert man diese steuerliche Unsicherheit aber durch das Einholen einer auch bei der Finanzverwaltung kostenpflichtigen verbindlichen Auskunft ab. Die Finanzverwaltung ist dann bei späteren Betriebsprüfungen an diese verbindliche Auskunft gebunden. Die verbindliche Auskunft ist sehr formell und sollte nur durch fachkundige Berater gegenüber der Finanzverwaltung gestellt werden, weil sie ansonsten ohne rechtliche Prüfung von der Finanzverwaltung regelmäßig abgelehnt wird.

Übertragung der Praxisimmobilie sollte gut geplant werden

Besonders problematisch sind auch Praxisimmobilien, deren Übertragung auf die GmbH erneut Grunderwerbssteuer auslösen. Dies kann im Rahmen einer Gestaltung mit einem Vorlauf von mindestens 3 Jahren durch die Übertragung zum Buchwert auf eine neuerrichtete Immobilien GmbH & Co. KG vermieden werden. Die Trennung vom Praxisvermögen ist auch deshalb sinnvoll, weil in den meisten Fällen die praxisabgebende Partei die Immobilie auch zur Altersabsicherung zurückbehalten und weiterhin an die MVZ GmbH vermieten kann.

Dieser Artikel ist im Original erschienen auf Coliquio.de.

Kommentar

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