Zusammenhang zwischen Hysterektomie und erhöhtem Risiko für Typ-2-Diabetes?

Sara Freeman

Interessenkonflikte

6. Oktober 2022

Stockholm – Nach den Ergebnissen einer großen französischen Kohortenstudie haben Frauen, die sich vor dem 40. bis 45. Lebensjahr einer Hysterektomie unterziehen müssen, ein erhöhtes Risiko für einen späteren Typ-2-Diabetes. Bei dem Vergleich von Frauen aller Altersgruppen mit und ohne Hysterektomie wurde ein um 20% höheres Risiko in dieser Frage ermittelt (p=0,0003). Dieses Risiko erhöhte sich sprunghaft auf 52%, wenn nur Frauen unter 45 Jahren berücksichtigt wurden (p<0,0001), und war immer noch um 38% erhöht, betrachtete man nur Frauen unter 40 (p=0,005).

 
Unsere Ergebnisse weisen die Hysterektomie eindeutig als Risikomarker für einen Diabetes aus. Dr. Fabrice Bonnet
 

Unsere Ergebnisse weisen die Hysterektomie eindeutig als Risikomarker für einen Diabetes aus“, sagte Dr. Fabrice Bonnet vom Centre Hospitalier Universitaire (CHU) im französischen Rennes auf der Jahrestagung 2022 der European Association for the Study of Diabetes (EASD) [1]. Wichtig daran ist, dass dieses Risiko offenbar „unabhängig von einer Hormontherapie, von reproduktiven Faktoren, körperlicher Aktivität und Ernährung erhöht ist“, fügte er hinzu.

Befunde angefochten

„Ich möchte die Ergebnisse ein wenig hinterfragen“, sagte Prof. Dr. Peter Nilsson von der Universität Lund, Schweden, während der Diskussion im Anschluss an die Präsentation. „Könnte es da nicht einen Bias geben? Wenn man sich einer solchen Operation unterzieht, gibt es mehrere postoperative Arztbesuche, und es besteht eine höhere Wahrscheinlichkeit, dass jemand Blutproben entnimmt und einen Diabetes feststellt. Dann würden auch postoperative Kontrollen nach z.B. Schilddrüsenoperationen ähnliche Ergebnisse liefern.“

Bonnet antwortete darauf: „Es handelt sich um eine epidemiologische Kohorte von Frauen, die über einen langen Zeitraum verfolgt wurden. Natürlich wurden wahrscheinlich mehr Bluttests durchgeführt als in der Normalbevölkerung, aber wir konnten keinen Zusammenhang zwischen einer anderen Art von Operation und einem Typ-2-Diabetes feststellen.“ Er erklärte zudem, dass sie zwar auch Schilddrüsenoperationen, aber keine anderen Arten von Abdominal-Operationen untersucht hätten.

Bewertung des Risikos für das Auftreten eines Diabetes

Die Hysterektomie ist ein häufiger Eingriff. In Deutschland werden jährlich etwa 80.000 Hysterektomien durchgeführt (2,12 bis 3,62 pro 1.000 Personenjahren). Vor 10 Jahren lag die Zahl noch über 100.000. Ähnliche Werte liegen für Frankreich vor. In den USA ist die relative Quote knapp doppelt so hoch. In den Entwicklungsländern steigt die Zahl an, gab Bonnet in einem Interview bekannt. „Wir kennen die Ursache dafür nicht genau, aber es könnte langfristige Folgen in Bezug auf den Stoffwechsel und die Häufigkeit von Diabetes haben“, sagte er.

Frühere Studien brachten die Hysterektomie mit einem erhöhten Hypertonie- und kardiovaskulären Risiko in Verbindung, aber auch zum Thema Diabetes liegen bereits Studien vor, die einen Zusammenhang aufzeigen. „Unser Ziel bestand darin, den Zusammenhang zwischen der Vorgeschichte einer Hysterektomie und dem Diabetesrisiko zu analysieren und insbesondere den Einfluss des Alters zu untersuchen“, so Bonnet.

Zu diesem Zweck wurden die Daten von über 83.000 Frauen ausgewertet, die an der französischen prospektiven Kohortenstudie E3N teilgenommen hatten. Diese große epidemiologische Studie ist der französische Arm der seit langem laufenden EPIC-Studie.

Um in die Analyse aufgenommen zu werden, durften die Frauen zu Beginn der Studie keinen Diabetes haben und die Gebärmutter und/oder die Eierstöcke mussten aufgrund einer benignen gynäkologischen Indikation entfernt worden sein. Schließlich mussten die Operationen vor einer Diabetesdiagnose durchgeführt worden sein. Die Diagnose Diabetes wurde anhand der Antworten der Frauen auf Selbstauskunftsfragebögen und der Verschreibung von Antidiabetika ermittelt.

Insgesamt wurde bei 2.672 Frauen während des 16-jährigen Nachbeobachtungszeitraums ein Diabetes diagnostiziert. Die Hazard Ratio (HR) für das Diabetesrisiko bei Frauen mit und ohne Hysterektomie betrug 1,30 (95% Konfidenzintervall [KI] 1,17–1,43; p<0,0001), wobei das Alter berücksichtigt und nach Geburtsjahrgängen stratifiziert wurde. Der Zusammenhang blieb auch bestehen, wenn andere Faktoren wie Raucherstatus, körperliche Aktivität, Diabetes in der Vorgeschichte, Gewicht und Einhaltung einer Mittelmeerkost berücksichtigt wurden (HR 1,27; 95%-KI 1,02–1,05; p=0,02).

Am Ende war selbst nach der Adjustierung an Faktoren wie das Alter bei Eintritt der Menarche, den Menopausen-Status, das Alter, in dem die Menopause erreicht wurde, die Verwendung von oralen Kontrazeptiva und Hormontherapien sowie der Anzahl der Schwangerschaften das Risiko für einen Typ-2-Diabetes bei denjenigen, die sich einer Hysterektomie unterzogen hatten, immer noch offensichtlich (HR 1,20; 95%-KI 1,09–1,33; p=0,0003).

Erhöhtes Risiko bei Oophorektomie

„Frauen, die sich sowohl einer Hysterektomie als auch einer beidseitigen Eierstockentfernung unterzogen hatten, wiesen im Vergleich zu Frauen, bei denen nur die Gebärmutter oder nur die Eierstöcke entfernt worden waren, die höchsten Diabetesraten auf“, so Bonnet (HR 1,26; 95%-KI 1,11–1,42; p=0,0003).

 
Die Identifizierung von Frauen mit erhöhtem Risiko könnte mit einem Präventionsprogramm verbunden werden. Dr. Fabrice Bonnet
 

„Dies deutet darauf hin, dass der Erhalt der Eierstockfunktion von Bedeutung ist“, fügte er hinzu. „Man sollte also versuchen, die Eierstöcke zu schonen und nur die Hysterektomie durchführen“, riet er anderen Operierenden.

„Die Identifizierung von Frauen mit erhöhtem Risiko könnte mit einem Präventionsprogramm verbunden werden“, schlug er vor. „Wir machen das bereits bei Frauen mit einem Schwangerschaftsdiabetes“, aber bei Frauen nach einer Hysterektomie sei bisher darauf noch nicht geachtet worden.

Kein erhöhtes Endometriose-Risiko

Während eine Hysterektomie also das Risiko für einen Diabetes zu erhöhen scheint, ist dies bei der Endometriose nicht der Fall. In einer separaten Analyse von Daten aus der E3N-Kohorte wurde trotz eines Zusammenhangs zwischen Endometriose und anderen kardiometabolischen Risikofaktoren kein Effekt festgestellt.

Die Hazard Ratio für das Auftreten eines Typ-2-Diabetes beim Vergleich von Frauen mit und ohne Endometriose lag in einem vollständig adjustierten statistischen Modell bei 10,06 (95%-KI 0,87–1,29). Das Risiko für einen Diabetes war zwar erhöht, wenn eine Frau an Endometriose erkrankt war und gleichzeitig eine Hysterektomie hatte, doch war dieser Unterschied nicht signifikant (HR 1,22; 95%-KI 0,96–1,54).

Dieser Artikel wurde von Markus Vieten aus www.medscape.com übersetzt und adaptiert.

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