Paris – Die zusätzliche Gabe des PD1-Inhibitors Pembrolizumab zu einer Standard-Radiochemotherapie (CRT) verbesserte bei Patienten mit inoperablem, lokal fortgeschrittenem Kopf-Hals-Tumor (LA HNSCC) das ereignisfreie Überleben (EFS) im Vergleich zu alleiniger CRT nicht signifikant (HR: 0,83; p = 0,042; eine Überlegenheit war definiert als p = 0,0242).

Dr. Jean-Pascal Machiels
Nach 24 Monaten lebten mit Pembrolizumab 63,2% der Patienten ohne neues Ereignis, ohne Pembrolizumab 56,2%. Das mediane EFS in der Intention-to-treat-Population ist in der Kombi-Gruppe nicht erreicht, in der Vergleichsgruppe betrug es 46,6 Monate. Diese Ergebnisse der Phase-3-Studie KEYNOTE-412 präsentierte Prof. Dr. Jean-Pascal Machiels, Cliniques Universitaires Saint-Luc in Brüssel, im 2. Präsidentensymposium beim ESMO-Kongress 2022 am 11. September [1].
„Pembrolizumab plus CRT war mit einem günstigen Trend in der Wirkung auf das EFS assoziiert“, so Machiels. Subgruppenanalysen ergaben, dass die PD-L1-Expression ein informativer Biomarker für die Auswahl der geeigneten Patienten sein könnte. Für die Kombination ergaben sich keine neuen, bislang nicht bekannten Nebenwirkungen. Aufgrund dieser Ergebnisse „bleibt das LA HNSCC eine Herausforderung in der Therapie“, so die Schlussfolgerung von Machiels.
Diskutant Prof. Dr. James Larkin, Institute of Cancer Research, London, merkte an, dass auch in der ansonsten negativen Javelin-100-Studie mit dem PD-L1-Inhibitor Avelumab ein günstiger Effekt bei hoher PD-L1-Expression gesehen worden ist. Seiner Meinung nach könnte auch die Abfolge der Therapien eine Rolle für die Wirkung spielen, in der aktuellen Studie waren Pembrolizumab und CRT gleichzeitig gegeben worden. In der positiven PACIFIC-Studie mit Durvalumab beim NSCLC war der PD1-Hemmer erst nach der CRT gegeben worden. Man müsse besser verstehen, wie man die Checkpoint-Hemmung in Timing, Dosis und Fraktionierung mit der CRT abstimme, so Larkin.
Wenig Fortschritte in der Therapie
Standard in der Therapie des nicht resezierbaren LA HNSCC ist die CRT mit hochdosiertem Cisplatin. Allerdings bleiben damit weniger als 50% der Patienten ohne Rezidiv in den folgenden 3 Jahren und die 5-Jahres-Überlebensrate liegt bei etwa 50%.
Der PD1-Inhibitor hatte in der Erstlinientherapie bei Patienten mit rezidiviertem oder metastasiertem HNSCC mit einer PD-L1-Expression ≥ 1 allein oder in Kombination mit Chemotherapie das Überleben verbessert (KEYNOTE-048).
KEYNOTE-412-Studie
In der randomisierten, doppelblinden Phase-3-Studie KEYNOTE-412 wurden daher Wirksamkeit und Verträglichkeit von Pembrolizumab plus CRT versus Placebo plus CRT bei Patienten mit neu diagnostiziertem LA HNSCC untersucht, die Kandidaten für eine hochdosierte Cisplatin-basierte CRT waren.
804 Patienten erhielten 3 Zyklen Pembrolizumab plus CRT und anschließend 14 Zyklen Pembrolizumab als Erhaltungstherapie (n = 402) oder 3 Zyklen Placebo plus CRT und anschließend 14 Zyklen Placebo (n = 402). Sie wurden insgesamt mit maximal 17 Zyklen oder bis zum Auftreten einer Progression oder von intolerablen Nebenwirkungen behandelt. Primärer Endpunkt war das Ereignis-freie Überleben (EFS), zu den sekundären Endpunkten gehörten das Gesamtüberleben und die Verträglichkeit.
Die demographischen Parameter der beiden Gruppen waren gut vergleichbar. Rund 85% wiesen eine PD-L1-Expression ≥ 1, rund 36% ≥ 20 auf. 86% hatten geraucht, 76% gaben Alkoholkonsum an. Die gesamte Therapie durchliegen 60,3% in der Pembrolizumab- und 63,2% in der Vergleichsgruppe.
Der primäre Endpunkt wurde in der ITT-Population nicht erreicht. Nach einem medianen Follow-Up von 47,7 Wochen war das EFS in der Pembrolizumab-Gruppe noch nicht erreicht, in der Vergleichsgruppe betrug es 46,6 Monate. In der Pembrolizumab-Gruppe waren bei 42,5% Patienten EFS-Ereignisse aufgetreten, in der Placebo-Gruppe bei 47,8% (HR 0,83, p = 0,042). Die 24-Monats-EFS-Rate mit Pembrolizumab betrug 63,2%, mit Placebo 56,2%, die 36-Monats-EFS-Rate 57,4% bzw. 52,1%.
Das Gesamtüberleben unterschied sich mit 32,1% in der Pembrolizumab- und mit 35,6% in der CRT-Gruppe ebenfalls nicht.
In einer vordefinierten Subgruppenanalyse ergab sich mit Pembrolizumab ein Vorteil im EFS und OS für Patienten mit PD-L1 CPS ≥ 1 bzw. ≥ 20. Vor allem bei Patienten mit PD-L1 CPS ≥ 20 war der Nutzen von Pembrolizumab deutlich mit 2-Jahres-EFS-Raten von 71,2% gegenüber 62,6% unter Placebo (HR 0,73) und 3-Jahres-OS-Raten von 79,1% gegenüber 73,0% (HR 0,67).
Zu den häufigsten Nebenwirkungen zählten Stomatitis, Strahlenschäden der Haut, Übelkeit und Anämie. Ein Behandlungsabbruch wegen Nebenwirkungen war bei 41% der Patienten im Pembrolizumab-Arm gegenüber 33% der Patienten im Placebo-Arm erforderlich.
Immunvermittelte Nebenwirkungen vom Schweregrad ≥ 3wurden bei 8,3 % der Patienten im Studienarm und 2,3 % der Patienten im Kontrollarm beobachtet.
Credits:
Lead Image: Dreamstime
Medscape Nachrichten © 2022 WebMD, LLC
Diesen Artikel so zitieren: Enttäuschung bei Kopf-Hals-Tumoren: Pembrolizumab als Add-On zur Standardtherapie verbessert das ereignisfreie Überleben nicht - Medscape - 16. Sep 2022.
Kommentar