Hoffnung für Krebsvorsorge der Zukunft: Wie gut funktioniert der Bluttest für mehrere Krebsarten in der Praxis?

Roxanne Nelson

Interessenkonflikte

15. September 2022

Paris – Neue Ergebnisse einer großen prospektiven Studie geben eine bessere Vorstellung davon, wie ein Bluttest, der mehrere Krebsarten erkennen kann, in der Praxis funktioniert. „Während sich diese Technologie weiterentwickelt, müssen die Menschen weiterhin ihre Standard-Krebsvorsorgeuntersuchungen durchführen – aber dies ist ein Ausblick auf die Zukunft“, kommentierte Studienleiterin Dr. Deborah Schrag, Vorsitzende der medizinischen Abteilung des Memorial Sloan Kettering Cancer Center, New York City.

Für die PATHFINDER-Studie wurde der Galleri-Bluttest (entwickelt von Grail) bei 6.621 gesunden Personen über 50 Jahren mit oder ohne zusätzliche Krebsrisikofaktoren (wie Rauchen in der Vergangenheit oder genetisches Risiko) eingesetzt. Schrag stellte die Studienergebnisse auf der Jahrestagung 2022 der Europäischen Gesellschaft für Medizinische Onkologie (ESMO) vor [1].

Bei 92 Personen (1,4%) wurde ein positives Krebssignal festgestellt. Bei keiner der positiv getesteten Personen war zum Zeitpunkt des Tests bekannt, dass sie Krebs hatte. Bei 38% der positiv getesteten Personen wurde bei der anschließenden Untersuchung, die auch Scans und/oder Biopsien umfassen kann, Krebs festgestellt.

„Wenn der Test positiv war, wurden die Untersuchungen in der Regel in weniger als 3 Monaten durchgeführt“, sagte Schrag und fügte hinzu, dass „der Bluttest in der Regel den Ursprung des Tumors vorhersagte“.

Noch zu viele falsch-positive Ergebnisse

Dr. Anthony J. Olszanski, stellvertretender Vorsitzender für Forschung am Fox Chase Cancer Center in Philadelphia, Pennsylvania, merkte an, dass die Verwendung eines Bluttests zur „Entdeckung“ von Krebs schon lange ein Thema für Patienten ist. „Es ist nicht ungewöhnlich, dass onkologische Patienten fragen: ‚Warum hat mein Arzt meinen Krebs nicht früher durch einen Bluttest entdeckt?‘“

 
Obwohl es sich um eine wichtige Studie handelt, ist zu beachten, dass nur bei etwa 40% der Patienten mit einem positiven Testergebnis tatsächlich Krebs festgestellt wurde. Dr. Anthony J. Olszanski
 

Diese Studie legt nahe, dass die Entdeckung eines bösartigen Tumors, bevor er auf bildgebenden Verfahren oder aufgrund von Symptomen sichtbar wird, einen Schritt näher an die Realität heranrückt. „Obwohl es sich um eine wichtige Studie handelt, ist zu beachten, dass nur bei etwa 40% der Patienten mit einem positiven Testergebnis tatsächlich Krebs festgestellt wurde“, so Olszanski. „Umgekehrt litten etwa 60% der Patienten mit einem positiven Testergebnis wahrscheinlich unter erheblichen Ängsten, die auch dann noch bestehen, wenn weitere Tests keine Bösartigkeit ergeben haben.“

Erhebliche Kosten für das Gesundheitssystem

Ein weiterer wichtiger Punkt ist, dass solche Tests erhebliche Kosten für das Gesundheitswesen verursachen können. „Weniger als 2 von 100 Teilnehmern hatten ein positives Testergebnis, und diese Patienten unterzogen sich weiteren Tests, um das Ergebnis zu überprüfen“, fügte Olszanski hinzu. „Es bleibt auch unklar, ob die Früherkennung von Krebs zu besseren Ergebnissen führt.“

Ob der Test kosteneffektiv sein wird, sei noch nicht bekannt, betonte Schrag, da derzeit noch keine formelle Kostenanalyse vorliegt. „Diese Technologie ist noch nicht reif für ein bevölkerungsweites Screening. Aber wenn sich die Technologie verbessert, werden die Kosten sinken“, sagte sie.

 
Diese Technologie ist noch nicht reif für ein bevölkerungsweites Screening. Aber wenn sich die Technologie verbessert, werden die Kosten sinken. Dr. Deborah Schrag
 

Schrag fügte hinzu, dass es sich um ein neues Konzept handelt und die Studie zeigt, dass es möglich ist, Krebs mit einem Bluttest zu erkennen. „Die Studie wurde nicht konzipiert, um festzustellen, ob der Test die Krebssterblichkeit senken kann – was natürlich der Zweck des Screenings ist, aber dafür ist es noch zu früh“, sagte sie.

Einzelheiten zu den Ergebnissen

Der Galleri-Test verwendet zellfreie DNA (cfDNA) und maschinelles Lernen, um ein gemeinsames Krebssignal bei mehr als 50 Krebsarten zu erkennen und die Herkunft des Krebssignals vorherzusagen.

Insgesamt erkannte der Test ein Krebssignal bei 1,4% (n=92) der Teilnehmer mit auswertbaren Proben. Bei insgesamt 90 Teilnehmern wurde ein diagnostischer Test durchgeführt (33 echt positive und 57 falsch positive Ergebnisse). Von den Teilnehmern mit echtem positivem Ergebnis unterzogen sich 81,8% mehr als einem invasiven diagnostischen Test, ebenso wie 29,8 % der Teilnehmer mit falsch positivem Ergebnis.

Die Spezifität lag bei 99,1%, der positive prädiktive Wert (PPV) bei etwa 40%, und bei 73% der Teilnehmer mit wirklich positivem Ergebnis wurde die Diagnose in weniger als 3 Monaten gestellt.

Von den diagnostizierten Krebsarten waren 19 solide Tumore und 17 hämatologische Krebsarten. 7 Krebserkrankungen wurden bei Personen mit einer Krebsvorgeschichte diagnostiziert, 26 waren Krebsarten ohne Standard-Screening, und 14 wurden in einem frühen Stadium diagnostiziert.

„Das Spannende an diesem neuen Paradigma ist, dass es sich bei vielen dieser Fälle um Krebsarten handelt, für die es kein Standard-Screening gibt“, sagte Schrag.

Sie wies darauf hin, dass der Hersteller angesichts des großen Interesses an dieser Studie an der Verfeinerung des Tests arbeitet und diesen verbessert. Mit einer verfeinerten Version des Tests wurde eine Neuanalyse aller Proben durchgeführt.

„Wichtig ist, dass bei der neuen Analyse weniger Patienten mit positiven Signalen identifiziert wurden, nämlich statt 1,4% dann 0,9%“, sagte Schrag. „Die Spezifität verbesserte sich auf 99,5%, ebenso wie der positive prädiktive Wert – von 38% auf 43,1%. Außerdem müssen mehr Menschen untersucht werden, um einen Krebs zu finden – statt 189 nun 263.“

 
Das Spannende an diesem neuen Paradigma ist, dass es sich bei vielen dieser Fälle um Krebsarten handelt, für die es kein Standard-Screening gibt. Dr. Deborah Schrag
 

Obwohl einige Experten von dem Potenzial des Bluttests begeistert sind und ihn als „Gamechanger“ bezeichnen, sind andere besorgt, dass es noch keine klinischen Pfade gibt, um mit den Ergebnissen eines solchen Bluttests umzugehen.

Der Beitrag ist im Original erschienen auf www.medscape.com und wurde von Michael van den Heuvel übersetzt und adaptiert.

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