Sowohl Yoga als auch kognitive Verhaltenstherapie führen bei älteren Erwachsenen mit Sorgen, Ängsten und Schlaflosigkeit zu klinisch relevanten Verbesserungen. Ein Nutzen lässt sich noch 6 Monate nach Beendigung der Therapie nachweisen, wie Forscher jetzt im AmericanJournal of Geriatric Psychiatry berichten [1].
Die Studie sei die erste, die langfristigen Auswirkungen beider Interventionen vergleiche, so die Autoren. Ergebnisse böten Ärzten und Patienten wirksame Möglichkeiten zur Verringerung von Sorgen und Ängsten.
„Angst kann für ältere Erwachsene ein wirklich großes Problem sein“, sagte die Studienleiterin Prof. Dr. Suzanne Danhauer, Professorin für Sozialwissenschaften und Gesundheitspolitik an der Wake Forest University School of Medicine, Winston-Salem, North Carolina, gegenüber Medscape.
„Also etwas zu finden, das sie tun können, das anhält ... und eine dauerhafte Auswirkung auf die Lebensqualität und die psychische Gesundheit hat, und beides sind nicht-pharmakologische Behandlungen“, sagte Danhauer: „Ich denke, für viele ältere Menschen ist das wirklich attraktiv.“
Forscher bestätigen langfristigen Nutzen
An der 2-stufigen, randomisierten Studie nahmen 500 Personen über 60 Jahre teil, die alle zu Hause lebten, also nicht in Alten- oder in Pflegeheimen. Sie erreichten auf dem Penn State Worry Questionnaire-Abbreviated (PSWQ-A) einen Wert von 26 oder mehr, was auf stärkere Ängste und Sorgen hindeutet.
Die Hälfte der Gruppe nahm an einer randomisierten, kontrollierten Studie (RCT) teil, in der kognitive Verhaltenstherapie (n=125) mit Yoga (n=125) verglichen wurde. Die andere Hälfte wurde einer Präferenzstudie zugewiesen, bei der sie zwischen der kognitiven Verhaltenstherapie (n=120) und Yoga (n=130) wählen konnten.
Teilnehmer absolvierten zwischen Mai 2017 und November 2018 jeweils 20 Yogasitzungen über 10 Wochen oder 10 wöchentliche Gespräche im Rahmen der kognitiven Verhaltenstherapie.
Zu den verwendeten Messinstrumenten gehörten der PSWQ-A, der Insomnia Severity Index (ISI), das Patient Reported Outcomes Measurement Information System (PROMIS) Short Form v1.0 – Anxiety 8a und der PROMIS-29 zur Bewertung von Depression, Müdigkeit, körperlicher Funktion, sozialer Teilhabe und Schmerzen.
Im Jahr 2020 veröffentlichten die Forscher bereits Ergebnisse nach 11 Wochen. Zu diesem Zeitpunkt fanden sie Verbesserungen in allen Bereichen gegenüber dem Ausgangswert. Die Werte für Angst und Sorgen waren in beiden Gruppen ähnlich, aber die kognitive Verhaltenstherapie führte zu einer deutlich stärkeren Verbesserung bei der Schlaflosigkeit.
Nach 37 Wochen, d.h. etwa 6 Monate nach Beendigung der Interventionen, stellten die Forscher in allen gemessenen Bereichen – mit Ausnahme der körperlichen Funktion – noch größere Verbesserungen gegenüber dem Ausgangswert fest.
Zu diesem Zeitpunkt gab es jedoch weder in der randomisierten, kontrollierten Studie noch in der Präferenzstudie signifikante Unterschiede zwischen beiden Interventionen. Auch zwischen den beiden Studiendesigns zeigten sich keine Unterschiede in den Ergebnissen.
„Es gab zwar einige kleine Unterschiede, aber im Großen und Ganzen haben wir beide Maßnahmen als wirksam eingestuft“, so Danhauer. „Dies gibt Ärzten die Möglichkeit, zu sagen: ‚Sie können beides ausprobieren, und es wird wahrscheinlich helfen.‘“
Statistisch signifikante, aber auch klinisch relevante Unterschiede
Die Forscher stellten außerdem fest, dass Verbesserungen nicht nur statistisch signifikant, sondern auch klinisch relevant für Sorgen, Ängste und Schlaflosigkeit waren.
Relevante Veränderungen wurden definiert als ein Rückgang von mindestens 5,5 Punkten auf der PSWQ-A für Sorgen, ein Rückgang von mindestens 3 Punkten auf der PROMIS-Angstskala für Ängste und ein Rückgang von mindestens 6 Punkten im ISI für Schlaflosigkeit.
Bei der langfristigen Nachbeobachtung wies die Mehrheit der Teilnehmer sowohl in der Gruppe mit kognitiver Verhaltenstherapie als auch in der Yoga-Gruppe der RCT signifikante Veränderungen auf bei Sorgen (85,7% bzw. 77,6%), Ängsten (82,1% bzw. 80,8%) und Schlaflosigkeit (52,8% bzw. 44,3%).
Die Mehrheit der Teilnehmer berichtete auch von bedeutsamen Verbesserungen bei allgemeinen Angstsymptomen, depressiven Symptomen und Müdigkeit, nicht aber bei der körperlichen Funktion oder bei Schmerzen.
„Das ist der Teil, der für mich besonders bemerkenswert ist. Die Verbesserungen waren nicht nur statistisch signifikant, sondern auch klinisch bedeutsam“, so Danhauer. „Wenn es um das Leben der Menschen geht, wollen sie Unterschiede, die sie fühlen und sehen können.“ P-Werte allein seien für Patienten nicht bedeutsam.
Was Ärzte ihren Patienten raten sollten
In einem begleitenden Editorial stimmt Prof. Dr. Carmen Andreescu, außerordentliche Professorin für Psychiatrie an der Universität von Pittsburgh, Pittsburgh, Pennsylvania, zu, dass die Ergebnisse Auswirkungen auf den Versorgungsalltag hätten [2].
„Ärzte können ihre Patienten über Interventionen informieren, die sich als vorteilhaft erweisen könnten, die Ergebnisse im Laufe der Zeit konsolidieren und vermeiden, dass die gut trainierte kognitive Sorgenschleife mit Sorgen über mögliche Nebenwirkungen befeuert wird“, schreibt Andreescu. Sie fügt hinzu, dass solche Maßnahmen „die Zugänglichkeit verbessern und das unmittelbare Leiden unserer Patienten lindern können“.
Der Beitrag ist im Original erschienen auf www.medscape.com und wurde von Michael van den Heuvel übersetzt und adaptiert.
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Credits:
Photographer: ©Sawitree Pamee
Lead Image: Dreamstime
Medscape Nachrichten © 2022 WebMD, LLC
Diesen Artikel so zitieren: Es geht auch ohne Pillen: Was Yoga und kognitive Verhaltenstherapie bei Angst oder Schlaflosigkeit im Alter bringen - Medscape - 12. Sep 2022.
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