Im Medscape-Corona-Newsblog finden Sie regelmäßig die aktuellen Trends zu Neuinfektionen und Belegung von Intensivstationen sowie eine Auswahl von klinisch relevanten Kurzmeldungen zur Pandemie.
Corona-Newsblog, Update vom 12. September 2022
Heute Morgen gibt das Robert Koch-Institut (RKI), Berlin, auf seinem Dashboard 216,2 Infektionen pro 100.000 Einwohner als 7-Tage-Inzidenz an. Am 11. September lag der Wert noch bei 221,1.
Unsere Themen heute:
Epidemiologische Lage in Deutschland: Mehr grippale Infekte – weniger COVID-19
Endlich verabschiedet: Mit dieser Corona-Strategie geht Deutschland in den Herbst
Niedergelassene zum BA.1-Vakzin: „Es hakt überall“
Omikron: Hospitalisierungsrate unter Ungeimpften 10-mal höher als unter Geimpften
AOK-Analyse: Während Omikron erneut sinkende Fallzahlen in Krankenhäusern
Long-COVID nach mildem COVID-19: Herzentzündungen als mögliche Ursache
Epidemiologische Lage in Deutschland: Mehr grippale Infekte – weniger COVID-19
„Die Zahl der akuten Atemwegserkrankungen (ARE) in der Bevölkerung in Deutschland ist basierend auf der Online-Befragung GrippeWeb, entsprechend der Jahreszeit, im Vergleich zur Vorwoche gestiegen“, schreibt das RKI im aktuellen Wochenbericht. Die Zahlen entsprächen dem Niveau der Jahre vor COVID-19. Kleinkinder sind besonders betroffen. Wenig überraschend beherrschen Rhino- und Parainfluenzaviren das Geschehen.
„Die bundesweite 7-Tage-Inzidenz der gemeldeten Fälle mit einem labordiagnostischen Nachweis von SARS-CoV-2 ist in Meldewoche (MW) 35, nach dem Rückgang der Vorwoche, im Vergleich zur MW 34 erneut um knapp 12% gesunken“, schreibt das Institut. Auch habe die Zahl der Ausbrüche von COVID-19 in medizinischen Behandlungseinrichtungen sowie Alten- und Pflegeheimen im Vergleich zur Vorwoche weiter abgenommen. Rückläufig sei ebenfalls die Zahl der COVID-19-Todesfälle.
BA.5 dominiert weiter das Geschehen (KW 34/2022: 96% der Sequenzierungen) und hat andere Varianten fast vollständig verdrängt. BA.2 und BA.4 spielen keine nennenswerte Rolle mehr.
Endlich verabschiedet: Mit dieser Corona-Strategie geht Deutschland in den Herbst
Nach langen Debatten und nach teils kontroversen Diskussionen hat der Bundestag mehreren Änderungen zum Infektionsschutzgesetz zugestimmt. Ziel der Regierung ist, vulnerable Gruppen besser vor einer Infektion zu schützen als in den vergangenen Jahren. „Wir wissen nicht, wie sich die Pandemie im Herbst entwickelt. Aber wir werden diesmal gut vorbereitet sein und die Lage im Griff haben“, so Bundesgesundheitsminister Prof. Dr. Karl Lauterbach.
Ab Oktober gilt bundesweit im Fernverkehr, in Arztpraxen, bei Therapeuten und bei sonstigen Heilberuflern eine Maskenpflicht. In Flugzeugen fällt die Maskenpflicht dagegen weg. Dies gilt für Inlandsflüge oder für Fernflüge von bzw. nach Deutschland.
Masken- und Testpflichten greifen in Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen. Ausnahmen von der Test- oder Nachweispflicht greifen für Patienten in den jeweiligen Einrichtungen. Ausgenommen sind auch Kinder unter 6 Jahren oder Patienten, die aus medizinischen Gründen keine Maske tragen können sowie gehörlose und schwerhörige Menschen.
Von der Maskenpflicht kann befreit werden, wer frisch genesen oder vor maximal 3 Monaten eine abschließende Corona-Impfung erhalten hat. Ländervertreter entscheiden selbst über diese recht umstrittene Option.
Optionale Schutzmaßnahmen liegen ebenfalls in ihrer Hand. Beispielsweise können Länder Maskenpflichten auf den ÖPNV, auf Schulen oder generell auf öffentlich zugängliche Innenräume ausdehnen. Erweiterte Testpflichten oder zusätzliche Hygienekonzepte sind ebenfalls denkbar.
Niedergelassene zum BA.1-Vakzin: „Es hakt überall“
Auf Ärzte kommt jetzt die Aufgabe zu, Vakzine gegen BA.1 zu verimpfen. Und prompt treten Probleme auf: „Noch bevor die neue Impfkampagne überhaupt begonnen hat, hakt es überall“, sagt Dr. Andreas Gassen, Vorstandsvorsitzender der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV). Praxen hätten sich auf Lauterbachs Aussage verlassen, dass es von Beginn an genügend Dosen des neuen Impfstoffs von BioNTech/Pfizer geben werde.
Gassen: „Dieser Eindruck wurde auch uns durch das Bundesgesundheitsministerium (BMG) vermittelt, verbunden mit der Aussage, dass die Ärztinnen und Ärzte bereits für die kommende Woche bis zu 240 Dosen des neuen Vakzins je Praxis bestellen könnten.“ Jedoch sei offenbar nur ein Teil der in Lauterbachs Schreiben vom 29. August genannten Menge ausgeliefert worden.
Das Bundesministerium für Gesundheit hatte 10 Millionen Dosen des neuen Impfstoffs von Biontech/Pfizer und 4 Millionen Dosen des Moderna-Vakzins für die Wochen 36 beziehungsweise 37 angekündigt. Laut Handelsblatt haben Niedergelassene bislang 225.000 Ampullen des Vakzins von Biontech/Pfizer (1,35 Millionen Dosen) und 55.000 Ampullen des Moderna-Impfstoffs (275.000 Dosen) vorbestellt. Welche Mengen tatsächlich an die Praxen gehen, ist unbekannt.
Bei der 1. Lieferung gab es zudem Diskrepanzen zwischen Produktbezeichnung auf Faltschachteln und Vials mit den Fachinformationen.
Omikron: Hospitalisierungsrate unter Ungeimpften 10-mal höher als unter Geimpften
In Zusammenhang mit neuen Impfstoffen stellt sich oft die Frage, wie gut nicht angepasste Vakzine gegen Omikron schützen. Neue Daten kommen aus den USA: Vom 1. Januar 2021 bis zum 30. April 2022 haben Forscher Patienten ab 18 Jahren mit einer im Labor bestätigten SARS-CoV-2-Infektion aus mehr als 250 Krankenhäusern identifiziert. Geimpfte und ungeimpfte Patientenmerkmale wurden in einer repräsentativen Stichprobe verglichen. Insgesamt flossen Daten zu 192.509 Krankenhausaufenthalten in die Studie ein.
Die monatlichen COVID-19-assoziierten Hospitalisierungsraten lagen bei ungeimpften Personen 3,5- bis 17,7-mal höher als bei geimpften, unabhängig von einer Auffrischungsdosis. Von Januar bis April 2022, als die Omikron-Variante in den USA vorherrschte, waren die Hospitalisierungsraten bei ungeimpften Personen 10,5-mal höher und bei geimpften Personen ohne Auffrischungsdosis 2,5-mal höher als bei Personen, die eine Auffrischungsdosis erhalten hatten.
Geimpfte Krankenhauspatienten mit COVID-19 waren älter als ungeimpfte (mittleres Alter: 70 Jahre versus 58 Jahre). Sie hatten häufiger 3 oder mehr Grunderkrankungen (1.926 [77,8%] gegenüber 4.124 [51,6%] Patienten).
„Die Ergebnisse der Studie legen nahe, dass Ärzte und Vertreter des öffentlichen Gesundheitswesens die Impfung mit allen empfohlenen Dosen bei den in Frage kommenden Personen weiterhin fördern sollten“, so das Fazit der Autoren.
AOK-Analyse: Während Omikron erneut sinkende Fallzahlen in Krankenhäusern
Während der Omikron-Welle sind die Fallzahlen in Krankenhäusern ähnlich stark gesunken wie zu früheren Wellen: minus 18% gegenüber dem Vergleichszeitraum 2019 vor COVID-19. Das zeigt eine Auswertung des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO).
Zwischen Januar und Mai 2022 gab es im Vergleich zu Januar bis Mai 2019 etwa 14% weniger Herzinfarkt- und 13% weniger Schlaganfall-Therapien. Bei Brustkrebs-OPs waren es minus 7%, bei Darmkrebs-OPs sogar minus 20%. Etwas geringer fiel der Rückgang bei planbaren OPs aus: etwa minus 8% bei Implantationen von Hüftprothesen.
„Die Fallzahl-Rückgänge in der jüngsten Pandemiewelle haben zwar ein vergleichbares Ausmaß wie die in den Wellen davor, aber andere Gründe“, sagt WIdO-Geschäftsführer Jürgen Klauber. „Sie dürften in erster Linie auf Personalausfälle infolge der zahlreichen Omikron-Infektionen zurückzuführen sein, während zu Beginn der Pandemie gezielte Absagen geplanter Operationen erfolgten, um die stationäre Versorgung aufrechtzuerhalten.“
Long-COVID nach mildem COVID-19: Herzentzündungen als mögliche Ursache
Kardiale Symptome gelten als mögliche späte Komplikationen einer Infektion mit SARS-CoV-2 bei mildem COVID-19, doch die zugrunde liegende Pathophysiologie ist unklar. Um Details herauszufinden, haben Wissenschaftler der Universität Frankfurt bei Personen mit COVID-19 ohne vorherige Herzerkrankung und ohne nennenswerte Begleiterkrankungen Herzuntersuchungen durchgeführt.
Sie erfassten Biomarker für Herzschäden im Blut und führten kardiale MRTs durch. Baseline-Messungen bei 346 Personen mit COVID-19 (52% Frauen) wurden im Median 109 Tage nach der Infektion durchgeführt. Zu dem Zeitpunkt klagten 73% der Teilnehmer über kardiale Symptome. Dazu gehörten eine Belastungsdyspnoe (62%), Herzklopfen (28%), atypische Brustschmerzen (27%) und Synkopen (3%).
Symptomatische Personen hatten im Vergleich zu asymptomatischen Personen höhere Herzfrequenzen und höhere Kontrastmittelanreicherungen im MRT, was auf eine entzündliche Herzbeteiligung hinweist. Strukturelle Herzerkrankungen oder hohe Werte von Biomarkern für Herzschäden waren bei symptomatischen Personen jedoch selten.
Bei der Nachbeobachtung (329 Tage nach der Infektion) hatten 57% der Teilnehmer anhaltende kardiale Symptome. Das diffuse Myokardödem war bei Teilnehmern mit anhaltenden Beschwerden ausgeprägter als bei Patienten, bei denen sich die Symptome zum Follow-up verbessert hatten.
„Eine anhaltende entzündliche Herzbeteiligung kann zumindest teilweise die anhaltenden Herzsymptome bei zuvor gesunden Personen mit einer leichten COVID-19-Ersterkrankung erklären“, schreiben die Autoren als Resümee.
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Credits:
Photographer: © Sergiomonti
Lead Image: Dreamstime
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Diesen Artikel so zitieren: Diese Corona-Regeln gelten ab Herbst; Kritik an Logistik bei BA.1-Vakzinen; Long-COVID durch Herzentzündung? - Medscape - 12. Sep 2022.
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