Selbst bei PCI-Hochrisiko-Patienten: Routine-Untersuchung nach 12 Monaten bringt keinen Nutzen

Susan Jeffrey

Interessenkonflikte

2. September 2022

Ergebnisse einer randomisierten Studie zeigen, dass die aktive Überwachung mit Funktionstests keinen Vorteil gegenüber der Standard-Behandlung von Hochrisikopatienten mit vorheriger perkutaner Koronarintervention (PCI) bringt. Details wurden am 28. August auf dem Kongress der European Society of Cardiology (ESC) vorgestellt und im NEJM veröffentlicht [1,2].

Nach 2 Jahren gab es keinen Unterschied zwischen Patienten mit routinemäßigem Funktionstest nach 1 Jahr und Patienten mit Standard-Versorgung, so das zentrale Ergebnis der POST-PCI-Studie (Pragmatic Trial Comparing Symptom-Oriented versus Routine Stress Testing in High-Risk Patients Undergoing Percutaneous Coronary Intervention).

„Unsere Studie unterstützt die aktive Überwachung von Hochrisikopatienten mit routinemäßigen Funktionstests als Nachsorgestrategie nach einer PCI also nicht“, sagte Erstautor Dr. Duk-Woo Park von der Division of Cardiology, Asan Medical Center, University of Ulsan College of Medicine, Seoul, Südkorea, gegenüber Medscape.

Die Forscher weisen darauf hin, dass ihre Ergebnisse in Zusammenhang mit früheren Ergebnissen der ISCHEMIA-Studie zu sehen seien. Diese habe bei Patienten mit stabiler koronarer Herzkrankheit und mittelschwerer bis schwerer Ischämie bei Stresstests keinen Unterschied in Bezug auf Todesfälle oder ischämische Ereignisse bei einem initialen invasiven gegenüber einem initialen konservativen Ansatz gezeigt.

 
Unsere Studie unterstützt die aktive Überwachung von Hochrisikopatienten mit routinemäßigen Funktionstests als Nachsorgestrategie nach einer PCI also nicht. Dr. Duk-Woo Park
 

„Sowohl die ISCHEMIA- als auch die POST-PCI-Studie zeigen die Vorteile des Konzepts ‚weniger ist mehr‘. Das heißt, wenn invasivere Strategien oder Tests weniger häufig durchgeführt werden, führt dies zu besseren Ergebnissen für Patienten“, schreiben die Autoren. „Obwohl die Charakteristika der Patienten in diesen Studien recht unterschiedlich waren, führten sowohl ein invasiverer Ansatz (in der ISCHEMIA-Studie) als auch ein aggressiverer Follow-up-Ansatz (in der POST-PCI-Studie) nicht zu einem zusätzlichen Effekt gegenüber einer konservativen Strategie auf Grundlage einer leitliniengerechten medizinischen Therapie.“

„Überzeugende neue Evidenz“

In einem begleitenden Editorial schreibt Dr. Jacqueline E. Tamis-Holland von der Icahn School of Medicine at Mount Sinai, Mount Sinai Morningside Hospital, New York [3]: „Zusammengenommen unterstreichen diese Studien den fehlenden Nutzen von Routine-Stresstests bei asymptomatischen Patienten.“

Tamis-Holland weist darauf hin, dass viele der Todesfälle in dieser Studie vor dem Stresstest nach einem Jahr aufgetreten seien, möglicherweise in Zusammenhang mit einer Stentthrombose, und daher durch einen Routinetest nach einem Jahr nicht verhindert worden wären. Insgesamt seien die Ereignisraten „recht niedrig“ gewesen; sie spiegelten höchstwahrscheinlich die Einhaltung der Leitlinienempfehlungen in der Studie wider. So erhielten beispielsweise 99% der Patienten Statine und bei 74% der Interventionen wurde eine intravaskuläre Bildgebung für die PCI-Eingriffe verwendet: „ein viel höherer Anteil als in den meisten Zentren in den Vereinigten Staaten“, so Tamis-Holland.

„Die POST-PCI-Studie liefert überzeugende neue Beweise für eine künftige Klasse-III-Empfehlung für routinemäßige Überwachungstests nach einer PCI“, sagt Tamis-Holland. „Bis dahin müssen wir davon absehen, mit unseren Patienten nach der PCI einen Überwachungsstresstest durchzuführen, wenn keine anderen klinischen Anzeichen oder Symptome vorliegen, die auf ein Stentversagen hindeuten.“

Prof. Dr. B. Hadley Wilson, stellvertretender Vorsitzender des Sanger Heart & Vascular Institute/Atrium Health, Professor für Medizin an der University of North Carolina School of Medicine und Vizepräsident des American College of Cardiology, sagte zu den Ergebnissen, dass man jahrzehntelang davon ausgegangen sei, dass Patienten nach einer Hochrisiko-PCI genauer beobachtet werden sollten. „Es stellte sich jedoch heraus, dass es keinen Unterschied in den Ergebnissen zwischen den Gruppen gab“, sagte er gegenüber Medscape.

„Ich denke, dass es sich um eine gute Studie handelt – gut durchgeführt, gute Zahlen –, welche zeigt, dass routinemäßige funktionelle Stresstests auf jährlicher Basis selbst für Hochrisiko-PCI-Patienten weder effektiv noch kosteneffektiv oder vorteilhaft sind“, sagte er. „Ich denke, dies wird dazu beitragen, die Versorgung so zu gestalten, dass Patienten einfach mit der besten Therapie weiterbehandelt werden und nur, falls ihre Symptome wieder auftreten, für eine weitere Untersuchung in Betracht gezogen werden, entweder per Stresstests oder per Angiographie.“

Merkmale von Hochrisiko-Patienten

Aktuelle Leitlinien würden keine routinemäßigen Stresstests nach einer Revaskularisation empfehlen, schreiben die Autoren in ihrer Veröffentlichung. „Eine Überwachung mit bildgebenden Stresstests kann jedoch bei Hochrisikopatienten 6 Monate nach einer Revaskularisation erwogen werden (Klasse-IIb-Empfehlung), und routinemäßige bildgebende Stresstests können 1 Jahr nach einer PCI und mehr als 5 Jahre nach einer koronararteriellen Bypass-Operation in Betracht gezogen werden (Klasse-IIb-Empfehlung)“, schreiben sie. 

In der klinischen Praxis, so Park, sei die Strategie zur Nachsorge für Patienten, die sich einer PCI oder einer koronararteriellen Bypass-OP unterzogen hätten, jedoch noch unklar. Er fügte hinzu, dass dies insbesondere bei Hochrisiko-PCI-Patienten mit risikoreichen anatomischen oder klinischen Merkmalen problematischer sein könnte. „Daher haben wir die POST-PCI-Studie durchgeführt, in der wir die Nachsorgestrategie für Routine-Stresstests mit der Nachsorgestrategie für die Standardversorgung bei Hochrisiko-PCI-Patienten verglichen haben.“

Routinemäßiger Funktionstest versus alleinige Standardbehandlung

Die Forscher wiesen 1.706 Patienten mit anatomischen oder klinischen Hochrisikomerkmalen, die sich einer PCI unterzogen hatten, nach dem Zufallsprinzip einer Nachfolgestrategie mit routinemäßigen Funktionstests, einschließlich nuklearmedizinischer Stresstests, Belastungselektrokardiographien oder Stressechokardiographien, nach 1 Jahr oder der alleinigen Standardbehandlung zu.

Zu den anatomischen Hochrisikomerkmalen gehörten eine Erkrankung der linken Hauptschlagader oder der Bifurkation, restenotische oder lange, diffuse Läsionen oder eine Bypass-Erkrankung. Zu den klinischen Hochrisikomerkmalen zählten Diabetes mellitus, chronische Nierenerkrankung oder ein enzympositives akutes Koronarsyndrom.

Das Durchschnittsalter der Patienten betrug 64,7 Jahre; 21,0% hatten eine Erkrankung der linken Hauptschlagader, 43,5% eine Erkrankung an einer Bifurkation, bei 69,8% waren mehrere Gefäße betroffen, 70,1% hatten diffuse lange Läsionen, 38,7% Diabetes und 96,4% waren mit medikamentenbeschichteten Stents behandelt worden.

Kein Unterschied beim primären Endpunkt

Nach 2 Jahren war bei 46 von 849 Patienten (Kaplan-Meier-Schätzung 5,5%) in der Funktionsprüfungsgruppe und bei 51 von 857 (Kaplan-Meier-Schätzung 6,0%) in der Standardbehandlungsgruppe ein Primärereignis aufgetreten (Hazard Ratio: 0,90; 95%-KI 0,61 bis 1,35; p = 0,62). Bei den Komponenten des primären Endpunkts gab es keine Unterschiede zwischen den Gruppen.

Zu den sekundären Endpunkten gehörten eine invasive Koronarangiographie oder eine erneute Revaskularisierung. Nach 2 Jahren hatten sich 12,3% der Patienten in der Funktionstestgruppe und 9,3% in der Standardbehandlungsgruppe einer invasiven Koronarangiografie unterzogen (Differenz 2,99 Prozentpunkte; 95%-KI -0,01 bis 5,99 Prozentpunkte), und bei 8,1% bzw. 5,8% der Patienten wurde eine erneute Revaskularisierung vorgenommen (Differenz 2,23 Prozentpunkte; 95%-KI -0,22 bis 4,68 Prozentpunkte).

Positive Ergebnisse bei Stresstests seien bei nuklearmedizinischer Diagnostik häufiger gewesen als bei Belastungs-EKGs oder der Stressechokardiographien, stellten die Autoren fest. Eine anschließende Koronarangiographie bzw. eine erneute Revaskularisation war bei Patienten mit positiven Ergebnissen bei der nuklearen Bildgebung und dem Belastungs-EKG häufiger als bei Patienten mit nicht übereinstimmenden Ergebnissen zwischen nuklearer Bildgebung und Belastungs-EKG.

Der Beitrag ist im Original erschienen auf Medscape.com und wurde von Michael van den Heuvel übersetzt bzw. adaptiert.

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