Vitamin C bei Darmkrebs nutzlos; Weniger Alkohol – niedrigeres Krebsrisiko? MGUS häufiger bei 9/11-Helfern

Dr. Susanne Heinzl

Interessenkonflikte

30. August 2022

Im Onko-Blog dieser Woche geht es unter anderem um den Effekt fertilitätserhaltender Maßnahmen auf die Progression eines Mammakarzinoms sowie um die Wirkung von hochdosiertem Vitamin C auf eine Erstlinien-Chemotherapie bei metastasiertem Kolorektalkarzinom. Wer regelmäßig Alkohol konsumiert, kann möglicherweise sein Krebsrisiko senken, wenn er weniger oder gar nichts mehr trinkt.

  • Mammakarzinom: Fertilitätserhaltende Maßnahmen erhöhen Rezidiv- und Sterberisiko nicht

  • Kolorektalkarzinom: Hochdosiertes Vitamin C ohne Effekt auf Erstlinien-Chemotherapie

  • MGUS: Häufiger bei Helfern nach dem 9/11-Anschlag am World Trade Center

  • CUP-Syndrom: Molekulare Analyse kann Therapie verbessern

  • Krebserkrankungen: Reduktion des Alkoholkonsums mit Risikosenkung assoziiert

Mammakarzinom: Fertilitätserhaltende Maßnahmen erhöhen Rezidiv- und Sterberisiko nicht

Fertilitätserhaltende Maßnahmen mit und ohne Hormonstimulation sind bei Frauen mit Mammakarzinom nicht mit einem erhöhten Risiko für ein Rezidiv oder mit der krankheitsspezifischen Letalität assoziiert, so das Ergebnis einer schwedischen Kohortenstudie, publiziert in JAMA Oncology . Nach Aussage der Autoren liefern diese Ergebnisse „dringend benötigte zusätzliche Beweise für die Sicherheit von fertilitätserhaltenden Verfahren bei Frauen mit Mammakarzinom, die die derzeitige Praxis zugunsten junger Frauen mit Mammakarzinom beeinflussen können, die ihre Fruchtbarkeit erhalten möchten.“

Zu den fertilitätserhaltenden Maßnahmen zählen z.B. die Kryokonservierung befruchteter/unbefruchteter Eizellen oder Eierstockgewebe, die operative Transposition der Eierstöcke und die Therapie mit GnRH-Agonisten, wobei diese Methoden einzeln oder kombiniert angewendet werden können. Die hierbei teilweise erforderliche kontrollierte ovarielle Stimulation führt zu supraphysiologischen Spiegeln von zirkulierendem Östradiol, die theoretisch das Tumorwachstum stimulieren und das Risiko einer Progression bei Frauen mit hormonsensitivem Mammakarzinom erhöhen können.

In der schwedischen Kohortenstudie wurden hormonelle und nicht-hormonelle Verfahren mit Hilfe der Daten von 425 Frauen, die sich einer fertilitätserhaltenden Maßnahme unterzogen hatten, und 825 entsprechenden Vergleichspersonen analysiert.

Nach Adjustierung verschiedener Variablen waren die krankheitsspezifische Sterblichkeit sowie die Rezidivrate bei Frauen der Kontrollgruppe ähnlich wie bei den Frauen mit hormonellen und nicht hormonellen Maßnahmen.

Kolorektalkarzinom: Hochdosiertes Vitamin C ohne Effekt auf Erstlinien-Chemotherapie

Hochdosiertes Vitamin zusätzlich zur Erstlinienbehandlung mit FOLFOX ± Bevacizumab gegeben verlängert bei Patienten mit metastasiertem Kolorektalkarzinom das progressionsfreie Überleben (PFS) nicht. Dies ergab die offene multizentrische Phase-3-Studie VITALITY, wie eine chinesische Arbeitsgruppe in Clinical Cancer Research berichtet. Nur in der Subgruppe mit RAS-Mutation war das PFS bei Zugabe von Vitamin C länger.

Die Autoren schlussfolgern deshalb, dass der Effekt von hochdosiertem Vitamin C zusätzlich zur Chemotherapie bei Patienten mit RAS-mutiertem metastasiertem Kolorektalkarzinom in großen Studien weiter untersucht werden sollte.

442 Patienten mit metastasiertem Kolorektalkarzinom waren mit FOLFOX mit bzw. ohne Bevacizumab behandelt worden. Randomisiert erhielten 221 Patienten zusätzlich hochdosiert Vitamin C (1,5 g/kg täglich i.v. über 3 Stunden an Tag 1 bis 3).

Das progressionsfreie Überleben (PFS) war mit median 8,6 Monaten in der Vitamin-C-Gruppe ähnlich wie in der Kontrollgruppe mit 8,3 Monaten. Auch die objektive Ansprechrate (44,3% vs. 42,1%) und das Gesamtüberleben (20,7 vs. 19,7 Monate) der Verum- und der Kontrollgruppe waren vergleichbar.

In vordefinierten Untergruppenanalysen hatten Patienten mit RAS-Mutation ein signifikant längeres PFS (9,2 vs. 7,8 Monate; p = 0,01) bei zusätzlicher Gabe von Vitamin C.

Behandlungsbedingte Nebenwirkungen vom Schweregrad von mindestens 3 traten bei 33,5% bzw. 30,3% der Patienten in der Verum- bzw. Kontrollgruppe auf.

MGUS: Häufiger bei Helfern nach dem 9/11-Anschlag am World Trade Center

Ein erhöhtes Risiko für eine monoklonale Gammopathie unklarer Signifikanz (MGUS), die als Vorläufer z.B. eines multiplen Myeloms gilt, wurde bei Feuerwehrleuten festgestellt, die am 9. September 2001 beim World Trade Center im Einsatz waren. Dies deutet auf einen Zusammenhang zwischen Umweltbelastungen und Vorstufen des Myeloms hin. Die Autoren schlagen in Blood Cancer Journal vor, alle Personen, die bei den Terroranschlägen im Einsatz waren, auf eine Gammopathie zu screenen, um sie frühzeitig bei Übergang in fortgeschrittene Stadien therapieren und ihr Leben damit verlängern zu können.

Unter männlichen Rettungs-/Bergungsarbeitern im Alter von 50–79 Jahren war das altersstandardisierte Gesamtrisiko für MGUS über zweifach erhöht (RR: 2,08) im Vergleich zur Normalbevölkerung. Besonders stark erhöht war das Risiko für den Leichtketten-Subtyp (RR: 3,54).

CUP-Syndrom: Molekulare Analyse kann Therapie verbessern

Beim CUP-Syndrom (Cancer of Unknown Primary) könnte ein erheblicher Teil der Betroffenen von einer umfangreichen molekularen Analyse und darauf basierenden zielgerichteten Therapien profitieren, so das Ergebnis einer Studie aus dem DKFZ/NCT/DKTK MASTER-Programm, die in Nature Communications veröffentlicht worden ist. Alle CUP-Patienten sollten sich in einem spezialisierten Krebszentrum vorstellen, um die Möglichkeiten einer breiten molekularen Analyse und einer zielgerichteten Therapie abzuklären, heißt es in einer Pressemitteilung.

Das CUP-Syndrom macht etwa 2 bis 4% aller Krebserkrankungen aus – in Deutschland sind pro Jahr etwa 10.000 Menschen betroffen. Im Körper werden Metastasen gefunden, obwohl kein Ursprungstumor entdeckt werden kann. Weil es sich um eine metastasierte und damit fortgeschrittene und meist aggressiv wachsende Krebserkrankung handelt, haben Patienten in der Regel eine schlechte Prognose.

Die Zahl möglicher genetischer Variationen, die bei der Tumorentstehung und für die Therapie der Erkrankung eine Rolle spielen können, ist im Vergleich mit anderen Krebsarten besonders groß.

In der aktuellen Studie wurden bei 70 Patienten die bislang umfangreichsten molekularen Analysen durchgeführt. Die Analyse beinhaltete eine Sequenzierung des vollständigen Tumorgenoms oder -exoms, der Tumor-RNA (Transkriptom), bestimmter chemischer Veränderungen der DNA (Methylom) sowie die Suche nach erblichen Krebsrisikofaktoren.

Bei 80% der Patienten konnte ein molekulares Tumorboard auf dieser Basis eine Empfehlung für eine gezielte, auf den spezifischen genetischen Veränderungen beruhende Therapie machen. 35% dieser Patienten wurden nach der Empfehlung behandelt und wiesen eine deutlich verbesserte Kontrolle der Erkrankung im Vergleich zur Vortherapie auf.

Krebserkrankungen: Reduktion des Alkoholkonsums mit Risikosenkung assoziiert

Eine Erhöhung des Alkoholkonsums geht mit einem höheren Risiko für alkoholbedingte Krebserkrankungen einher, bei einer Reduktion sinkt das Risiko. Dies ergab eine große koreanische Kohortenstudie, deren Ergebnisse in JAMA Network Open erschienen sind. Das Fazit der Autoren lautete: „Die Ergebnisse dieser Studie legen nahe, dass ein Verzicht auf Alkohol oder eine Reduktion des Alkoholkonsums zur Vorbeugung von Krebs verstärkt werden sollte.“

Die bevölkerungsbezogene Kohortenstudie hatte die Daten von über 4,5 Mio. Teilnehmern analysiert, die sich 2009 und 2011 einem nationalen Gesundheitsscreening unterzogen und Fragen zum Alkoholkonsum beantwortet hatten. Danach wurden sie in Nichttrinker, leichte (< 15g/Tag), mäßige (15-29,9 g/Tag und starke (≥ 30 g/Tag) Konsumenten eingeteilt. Je nach Veränderung zwischen 2009 und 2011 wurden sie folgenden Gruppen zugeordnet: Nichttrinker, Dauerkonsumenten, stärkere Konsumenten, Verzichter und Reduzierer.

Eine Erhöhung des Alkoholkonsums war dosisabhängig mit einem höheren Risiko für eine alkoholbedingte Krebserkrankung assoziiert.

Personen mit einem geringen Alkoholkonsum, die mit dem Trinken aufhörten, hatten ein geringeres Risiko für alkoholbedingte Krebserkrankungen im Vergleich zu denen, die ihren Alkoholkonsum nicht änderten.

Bemerkenswert war, dass Personen mit mäßigem oder starkem Alkoholkonsum, die mit dem Trinken aufhörten, eine höhere Krebsinzidenz aufwiesen als Personen, die Alkohol weiter konsumierten. Dieser Effekt verschwand jedoch bei anhaltendem Alkoholverzicht.

Bei starkem Alkoholkonsum war eine Reduktion mit verringertem Risiko verbunden, und zwar unabhängig davon, ob der Alkoholkonsum nur reduziert oder ganz eingestellt wurde.

Die Autoren des begleitenden Editorials sehen es als Einschränkung der Studie an, dass der Alkoholkonsum nur 2mal im Abstand von lediglich 2 Jahren erhoben worden ist und dass Daten zum Alkoholkonsum in früheren Jahren fehlen. Außerdem konnten die Autoren den ALDH2-Genstatus bei den Teilnehmern nicht beurteilen. Weil das ALDH2*2-Allel in der ostasiatischen Bevölkerung häufiger vorkommt und sowohl mit dem Krebsrisiko als auch mit dem Alkoholkonsum in Verbindung gebracht wird, sind die Editorialisten der Meinung, dass „Studien zur Bewertung des sich ändernden Alkoholkonsums in anderen  Bevölkerungen und ethnischen Gruppen erforderlich sind“.

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Kommentar

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