MEINUNG

Die 2000-Dollar-Creme: Lokale Anwendung eines JAK-Inhibitors ist endlich eine effektive Therapie gegen Vitiligo – aber …

PD Dr. Martin Hartmann

Interessenkonflikte

13. Oktober 2022

Wegen hoher Nachfrage von Patienten und Kollegen erklärt PD Dr. Martin Hartmann hier die neue, aber sehr teure Therapieoption mit einem lokalen JAK-Inhibitor

Transkript des Videos von PD Dr. Martin Hartmann, Heidelberg

Schönen guten Tag,

hier ist Martin Hartmann aus der Hautklinik der Universität Heidelberg.

Es geht heute um die lokale Behandlung der Vitiligo, der Weißfleckenkrankheit. Ich hatte vom Jahreskongress der amerikanischen Dermatologen über 52-Wochen-Daten zu Ruxolitinib-Creme bei Vitiligo berichtet. Dazu gab es zahlreiche Nachfragen, deshalb wollte ich nochmal umfassender über diese Therapieform informieren.

Die Vitiligo tritt bei knapp 1% der deutschen Bevölkerung auf, entweder segmental oder nicht segmental verteilt. Sie ist besonders stigmatisierend im Gesicht und an den Händen, das hat dann auch psychische Auswirkungen.

Nach den Leitlinien stehen als Therapieformen bislang UV-Therapie, Steroide oder andere antientzündlich wirkende Therapien zur Verfügung. Sie können helfen, der Erfolg ist mit eher unter 50% aber limitiert.

Lokale Anwendung von JAK-Inhibitoren

Bei Einsatz der JAK-Inhibitoren wurde bekannt, dass diese auch die Vitiligo beeinflussen. Das galt zunächst für die orale Gabe. Weil hierbei Nebenwirkungen auftreten, versuchte man parallel die lokale Anwendung von JAK-Inhibitoren.

Ruxolitinib ist in der EU als orales Präparat zugelassen, aber nicht zur Behandlung der Vitiligo. Die Creme mit dem JAK-1/2-Inhibitor hat von der FDA im September 2021 die Zulassung zur Therapie der atopischen Dermatitis bekommen und im Juli 2022 die Zulassung zur Behandlung der nicht segmentalen Vitiligo.

Das Präparat ist für alle Patienten interessant, die unter einer Vitiligo leiden.

Studienprogramm TRuE

Es gibt eine große Studie über 52 Wochen, die TRuE-Studie, die in der ersten Hälfte placebokontrolliert durchgeführt worden ist. Eingeschlossen waren Patienten im Alter ab 12 Jahren und einer nichtsegmentalen Vitiligo, die insgesamt weniger als 10% der Körperoberfläche befallen hatte.

Behandelt wurden vor allem Hände und Gesicht, die stigmatisierenden Bereiche, die ersten 24 Wochen placebokontrolliert, dann offen. Endpunkt war die Reduktion beim F-Vasi, das ist ein Gesichts-Vasi. Dabei wird die Reduktion der depigmentierten Bereiche errechnet.

In der Auswertung über 52 Wochen zeigte sich eine deutliche Steigerung gegenüber Placebo, deswegen wurde die Studie nach 24 Wochen über 52 Wochen durchgeführt.

Interessant war auch, dass die Wirkung bis zum Ende der Beobachtungszeit nach 52 Wochen weiter zugenommen hat. Es ist also noch nicht abzusehen, wann das Plateau erreicht ist. Man kann eventuell davon ausgehen, aber es gibt dazu keine Daten, dass nach Absetzen der Therapie der Therapieerfolg noch eine Weile anhält.

Die Nebenwirkungen sind gering mit Juckreiz an der Haut und akneiformen Veränderungen, die wohl nicht auf die Grundlage zurück zu führen sind. Da bleibt noch abzuwarten, was letztendlich dahintersteckt.

Pferdefuß hohe Kosten

Wir haben also eine effektive Therapie gegen die Vitiligo. Wo ist der Pferdefuß? Der Pferdefuß ist der Preis. Die Firma Incyte, die das Präparat entwickelt hat, spricht nicht so gerne über den Preis. Laut Internet liegt der Preis in den USA bei 2.000 US-$ pro 60-g-Tube. Mit einer 60-g-Tube kommt man nicht so weit.

Bei zweimal täglicher Anwendung an Händen und Gesicht reicht die Tube mit 60 g ca. 2 bis 4 Wochen. Das bedeutet dann Kosten von 24.000 US-$ im Jahr.

Im Gegensatz zur Baricitinib-Therapie, einem oralen JAK-Inhibitor zur Behandlung der Alopecia areata, gibt es keinen grundsätzlichen Ausschluss der Kostenerstattung, wenn das Präparat zugelassen ist.

Es bleibt spannend abzuwarten, wie die Preisentwicklung in Deutschland sein wird. Eine Zulassung durch die EU-Kommission wird Ende des Jahres erwartet.

Wir haben also ein Medikament, momentan wird es eher nicht von den Ärzten verschrieben, weil es noch importiert werden muss. Es ist extrem teuer. Man sollte noch zuwarten, bis die offenen Punkte geklärt sind.

Das war es aus Heidelberg. Vielen Dank fürs Zuhören.
 

Kommentar

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