Kühlschrank defekt und Impfstoff für 24.000 Euro verfallen: Keine Ersatz-Verordnung zu Lasten der GKV

Andrea Schannath (Virchowbund)

Interessenkonflikte

17. August 2022

Verfällt Impfstoff wegen Unterbrechung der Kühlkette im Praxiskühlschrank, kann die Praxis nicht einfach den Weg über die Ersatzverordnung gehen. So hat das Bundessozialgericht am 29.06.2022 (Az.: B 6 KA 14/21 R) entschieden.

So kam es zur Entscheidung

In einer kinderärztlichen Berufsausübungsgemeinschaft in Magdeburg wurden Vakzine für bis zu 12.000 Euro pro Woche verimpft. An einem Montag stellte eine Mitarbeiterin fest, dass die Kühlung des Impfstoff-Kühlschranks unzureichend war. Der Grund: Ein Relais im Regler des Kühlschrankverdichters klemmte.

Die betroffenen Impfstoffe ließ die Klägerin nach Empfehlung des Apothekers sowie des Impfstoffherstellers vernichten. In der Folgezeit beschaffte sie erneut Impfstoff, den sie zulasten der gesetzlichen Krankenkassen verordnete, größtenteils als Ersatz für den vernichteten Impfstoff im Wert von über 24.000 Euro – doch zu Unrecht, wie das Bundessozialgericht urteilte.

Das sagt das Gericht

Die Praxis muss für die Ersatzverordnung Regress leisten. Zwar könnten technische Fehler eines Medikamentenkühlschrankes nie vollständig ausgeschlossen werden. Das Risiko eines Schadenseintritts könne der Arzt als Betreiber seiner Praxis aber in weitem Umfang beeinflussen: Durch Auswahl, Wartung und Überwachung der Praxisausstattung könnte die Gefahr von Sachschäden so gering wie möglich gehalten werden.

Hinzu komme, dass der Arzt in gewissem Rahmen Einfluss auf die Menge des gelagerten Impfstoffs hat. In welchem Umfang der Arzt Vorsorge trifft (auch durch den Abschluss von Versicherungen), unterliegt seiner freien unternehmerischen Entscheidung und kann weder von den Prüfgremien noch von den Krankenkassen kontrolliert werden. Eine abweichende Beurteilung kann zwar geboten sein, wenn zum Beispiel ein Fall sog. höherer Gewalt (insbesondere bei Naturereignissen) vorliegt, gegen den regelmäßig keine planbaren Vorkehrungen möglich sind. Eine solche Konstellation liegt aber nach den Feststellungen des BSG nicht vor.

Fazit: Wenn also in einer Praxis wegen eines Kühlschrankdefekts teurer Impfstoff unbrauchbar wird, müssen die Ärzte selbst dafür haften. Eine Ersatzverordnung war daher unzulässig.

Der Artikel ist im Original erschienen auf Coliquio.de.

 

Kommentar

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