Stärker Abnehmen ohne Abendessen: Intermittierendes eTRE-Fasten schneidet in Vergleichsstudie besser ab

Dr. Jürgen Sartorius

Interessenkonflikte

15. August 2022

Ist intermittierendes Fasten effektiver? Eine randomisierte Studie zeigt jetzt einen positiven Effekt auf Gewicht und diastolischen Blutdruck, wenn die Teilnehmenden nur innerhalb von 8 Stunden von 7 bis 15 Uhr essen durften. Sogar die Stimmung besserte sich gegenüber solchen, die entsprechend fasteten, das aber nicht tageszeitlich beschränkt. 

Allerdings dauerte die Studie nur 14 Wochen, schloss lediglich 90 Teilnehmende ein und zeigte keine klar positiven Ergebnisse zum Verlust von Fettmasse. Die Studienergebnisse wurden in JAMA Internal Medicineveröffentlicht [1].

„Während Menschen früher nur nach Jagd- oder Sammlerglück Nahrung zu sich nahmen, konsumiert heute ein großer Teil der Bevölkerung mehr als 14 Stunden lang Lebensmittel“, erläutert Prof. Dr. Stephan Martin, Direktor des Westdeutschen Diabetes- und Gesundheitszentrum (WDGZ) in Düsseldorf. „Daher ist der Ansatz einer Gewichtsregulation durch Einschränken der Essenzeiten interessant, auch wenn die wissenschaftliche Studienlage bislang dafür nicht sehr überzeugend war.“

Alle Teilnehmenden waren adipös mit einem mittleren Body-Mass-Index (BMI) von 39,6, aber mit einem mittleren Alter von 43 Jahren relativ jung, da nur solche ohne Diabetes oder andere schwere oder chronische gesundheitliche Beeinträchtigungen aufgenommen wurden. 80% von ihnen waren Frauen. 

Alle wurden zu einer hypokalorischen Diät von 500 kcal pro Tag unter ihrem jeweils errechneten Energieverbrauch angehalten sowie zu körperlicher Aktivität von 75 bis 150 Minuten pro Woche, je nach ihrer Gewohnheit und Belastbarkeit. Alle Teilnehmenden wurden klinisch und in persönlichen Gesprächen mit diätetisch geschultem Personal engmaschig betreut. 

Nur wenige der ursprünglichen Probanden erfüllten die Anforderungen 

Von ursprünglich über 600 Personen wurden nur 90 in 2 Arme randomisiert: 

  • 45 Personen verpflichteten sich, an 6 Tagen pro Woche nur zwischen 7 und 15 Uhr zu essen (early time restricted eating = eTRE),

  • die übrigen 45 Personen unterlagen als Kontrollgruppe keiner Zeitbeschränkung. 

Die Randomisierung erfolgte mit passenden Paarungen nach Geschlecht, Ethnie, BMI und diversen Stoffwechselwerten, um vergleichbare Gruppen zu erhalten. Die gesamten Daten wurden an der Weight Loss Medicine Clinic der Universität Alabama, USA erhoben. Die beiden primären Endpunkte waren Gewichts- und Fettverlust, sekundäre Endpunkte waren unter anderem Blutdruck, Glukose-, Insulin- und Plasmalipidwerte sowie subjektive Stimmungen.

„In der aktuellen Studie war der Unterschied in den beiden Armen mit fast 5 Stunden deutlich größer als bei einer anderen kürzlich publizierten Studie aus China“, bemerkt Martin. „Wohl deshalb zeigt sich hier eine signifikante höhere Gewichtsabnahme bei gleicher Kalorienaufnahme.“

Die Teilnehmer im eTRE-Arm hatten nach 14 Wochen im Mittel 6,3 kg (5,2 bis 7,4 kg im 95%-Konfidenzintervall [KI]) abgenommen, was einem signifikanten Unterschied von 2,3 kg gegenüber denen im Kontrollarm (4,0 kg; 2,9 bis 5,1 kg im 95%-KI) entsprach. Der Verlust an Fettmasse und das Verhältnis von Fettverlust zu Körpergewichtsverlust sank allerdings nicht signifikant mehr als in der Kontrollgruppe. Die Effekte im eTRE-Arm errechneten sich insgesamt zu einem Äquivalent von einer zusätzlichen Reduktion der Ernährung um 214 kcal pro Tag. 

„Diese Daten können als Beweis betrachtet werden, dass das intermittierende Fasten zu einer Gewichtsabnahme bei vergleichbarer Energieaufnahme führt“, meint Martin, denn andere Untersuchungenbestätigten, dass Übergewicht nicht unbedingt durch eine erhöhte Kalorienaufnahme verursacht werde. 

 
Diese Daten können als Beweis betrachtet werden, dass das intermittierende Fasten zu einer Gewichtsabnahme bei vergleichbarer Energieaufnahme führt. Prof. Dr. Stephan Martin  
 

Weiterhin sank der diastolische Blutdruck im eTRE-Arm um 4 mmHg deutlich tiefer als im Kontrollarm (-5 vs. -1 mmHg). Die Stimmung, die aus subjektiv empfundener Müdigkeit, Tatkraft und Niedergeschlagenheit der Teilnehmenden erfragt wurde, fiel im eTRE-Arm besser aus. 

Die anderen sekundären Endpunkte wie kardiometabolische Risikofaktoren, Schlafqualität und der systolische Blutdruck änderten sich durch die Beschränkung der Essenszeit auf 8 Stunden von 7 bis 15 Uhr nicht signifikant, lagen aber doch insgesamt tendenziell besser.

Die Autoren um Dr. Humaira Jamshed, University of Birmingham, Alabama, sehen ihre Studie als ersten, erfolgversprechenden Schritt zur Untermauerung der These, dass das intermittierende Fasten, also die tägliche Zeitbeschränkung der Nahrungsaufnahme einen zusätzlichen positiven Effekt auf das Abnehmen hat. Sie wollen dazu weitere Studien mit mehr Teilnehmenden und längeren Beobachtungsperioden auflegen. 

Möglicherweise hat der Insulinspiegel eine entscheidende Bedeutung

„Interessanterweise kommt es in der aktuellen Studie im eTRE-Arm zu einem signifikanten Abfall des basalen Insulinspiegels, während diese in der Kontrollgruppe sich deutlich weniger ändern“, verweist Martin auf ein weiteres Detail. „Das zeigt, dass vielmehr die endogene Insulinproduktion ein wichtiger Faktor der Gewichtsregulation ist, denn neben der Glukose-senkenden Wirkung blockiert Insulin die Lipolyse und fördert die Lipogenese.“

„Da nicht nur der Haushaltszucker die Insulinspiegel erhöht, sondern jegliche Form von Stärkeprodukten wie Kartoffeln, Brot, Nudeln und Reis, würde eine Kombination von Low Carb und intermittierendem Fasten möglicherweise eine noch stärkere Gewichtsabnahme erzeugen“, folgert Martin weiter. „In der Zeit als Jäger und Sammler gab es wahrscheinlich auch keine stärkehaltigen Sättigungsbeilagen.“  

 
Da nicht nur der Haushaltszucker die Insulinspiegel erhöht, … würde eine Kombination von Low Carb und intermittierendem Fasten möglicherweise eine noch stärkere Gewichtsabnahme erzeugen. Prof. Dr. Stephan Martin  
 

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