Long-COVID bei Erwachsenen und Kindern; Auffrischungsimpfung mit Nasenspray; Geruchsverlust kann Jahre dauern

Ute Eppinger

Interessenkonflikte

8. August 2022

Im Medscape-Corona-Newsblog finden Sie regelmäßig die aktuellen Trends zu Neuinfektionen und Belegung von Intensivstationen sowie eine Auswahl von klinisch relevanten Kurzmeldungen zur Pandemie.

Corona-Newsblog, Update vom 8. August 2022

Heute Morgen gibt das Robert Koch-Institut (RKI), Berlin, 389,3 Infektionen pro 100.000 Einwohner als 7-Tage-Inzidenz an. Am 6. August lag der Wert noch bei 412,7. Unsere Themen heute:

  • Long-COVID: 1 von 8 Patienten entwickelt anhaltende Symptome

  • CDC-Daten zu Long-COVID bei Kindern und Jugendlichen

  • Mukosale Impfung im Mausmodell erreicht Schleimhautimmunität

  • Verlorener Geschmack- oder Geruchssinn: Erholung kann Monate dauern

Long-COVID: 1 von 8 Patienten entwickelt anhaltende Symptome

1 von 8 Erwachsenen die mit SARS-CoV-2 infiziert sind, leidet infolge der Infektion unter Langzeitsymptomen, so die Ergebnisse einer großen niederländischen Studie, die im Lancet veröffentlicht wurde. Nach Vergleich mit der Kontrollgruppe und Korrektur für vorbestehende Symptome fanden Prof. Dr. Judith Rosmalen, Unversität Groningen und Kollegen bei 12,7% - also 1 von 8 Erwachsenen – eine persistierende Symptomatik.

Die Forscher hatten Daten gesammelt, indem sie die Teilnehmer der bevölkerungsbasierten Lifelines COVID-19-Kohorte baten, regelmäßig digitale Fragebögen zu 23 Symptomen auszufüllen, die häufig mit Long-COVID in Verbindung gebracht werden. Der Fragebogen wurde zwischen März 2020 und August 2021 24 Mal an dieselben Personen verschickt. Das bedeutet, dass die Teilnehmer, die in dieser Zeit an COVID-19 erkrankten, mit der SARS-CoV-2-Alpha-Variante oder früheren Varianten infiziert waren.

Die Teilnehmer wurden als COVID-19-positiv erfasst, wenn sie entweder einen positiven Test oder eine ärztliche Diagnose von COVID-19 hatten. Von 76.422 Teilnehmern wurden 4.231 (5,5%) Teilnehmer, die COVID-19 hatten, mit 8.462 Kontrollpersonen verglichen, wobei Geschlecht, Alter und Zeitpunkt des Ausfüllens von Fragebögen, die eine COVID-19-Diagnose angaben, berücksichtigt wurden.

Die Forscher stellten fest, dass mehrere Symptome 3 bis 5 Monate nach einer COVID-19-Diagnose im Vergleich zu den Symptomen vor einer COVID-19-Diagnose und zur Kontrollgruppe neu oder stärker ausgeprägt waren: Das deutet darauf hin, dass diese Symptome als Kernsymptome von Long-COVID angesehen werden können.

Als Kernsymptome wurden Brustschmerzen, Atembeschwerden, Schmerzen beim Atmen, schmerzende Muskeln, Verlust des Tastsinns und/oder des Geruchsinns, Kribbeln in den Händen/Füßen, ein Klumpen im Hals, abwechselndes Hitze- und Kältegefühl, schwere Arme und/oder Beine und allgemeine Müdigkeit angegeben.

Der Schweregrad dieser Symptome stagnierte 3 Monate nach der Infektion und nahm nicht weiter ab. Andere Symptome, die 3 bis 5 Monate nach einer COVID-19-Diagnose nicht signifikant zunahmen, waren Kopfschmerzen, juckende Augen, Schwindel, Rückenschmerzen und Übelkeit.

„Diese Kernsymptome sind für die künftige Forschung von großer Bedeutung, da sie zur Unterscheidung zwischen einer Erkrankung nach COVID-19 und nicht COVID-19-bedingten Symptomen herangezogen werden können“, sagt Aranka Ballering, Erstautorin der Studie.

In einem begleitenden Kommentar stellen Prof. Dr. Christopher Brightling und Dr. Rachael Evans vom Institute for Lung Health der Universität Leicester fest: „Dies ist ein großer Fortschritt gegenüber früheren Schätzungen der COVID-Prävalenz bei Langzeitinfektionen, da die Studie eine angepasste nicht infizierte Gruppe einschließt und die Symptome vor der COVID-19-Infektion berücksichtigt.“ Das von Ballering und Kollegen beobachtete Symptommuster ähnelte früheren Berichten, wobei Müdigkeit und Kurzatmigkeit zu den häufigsten Symptomen gehörten-

Aber interessanterweise traten andere Symptome wie Brustschmerzen bei Personen mit langer COVID-Infektion häufiger auf als bei nicht infizierten Kontrollpersonen. „Die derzeitigen Erkenntnisse stützen die Ansicht, dass Long-COVID häufig vorkommt und mindestens 2 Jahre dauern kann, obwohl nur eine Minderheit eine schwere, schwächende Erkrankung aufweist“, schreiben Brightling und Evans.

Eine „beeindruckende Studie“ nennt Prof. Dr. Christian Karagiannidis die niederländische Arbeit. „Bei 1 von 8 Patienten persistieren die Symptome über einen langen Zeitraum. Dies ist hochrelevant für Patienten, das Gesundheitssystem und die Arbeitswelt. Hier müssen wir viel investieren“, twittert der Leiter des DIVI-Intensivregisters.

CDC-Daten zu Long-COVID bei Kindern und Jugendlichen

Die absolute Inzidenz für Post-COVID-Symptome bei Kindern und Jugendlichen ist zwar selten, aber die relative Häufigkeit von Lungenembolie, Myokarditis, Kardiomyopathie und Venenthrombose ist 2-fach erhöht und es besteht ein 20-30% erhöhtes Risiko für Typ-1-Diabetes und Erkrankungen der Niere. Das zeigen neue Daten der US Centers for Disease Control and Prevention (CDC).

Zwischen dem 1. März 2020 und dem 31. Januar 2022 wurden insgesamt 781.419 Patienten im Alter von 0 und 17 Jahren mit COVID-19 und 2.344.257 Patienten im Alter von 0-17 Jahren ohne COVID-19 identifiziert. Das Durchschnittsalter der Patienten mit und ohne COVID-19 lag bei 12 Jahren und 50% in beiden Gruppen waren weiblich. 72,2% der Patienten mit COVID-19 waren in Medicaid Managed Care eingeschrieben, verglichen mit 70,6% der Patienten ohne COVID-19-Infektion.

Im Vergleich zu Patienten im Alter von 0 bis 17 Jahren ohne vorangegangene COVID-19-Erkrankung wiesen diejenigen mit vorangegangener COVID-19-Erkrankung höhere Raten für akute Lungenembolien (HR: 2,01), Myokarditis und Kardiomyopathie (HR:1,99), venöse thromboembolische Ereignisse (HR: 1,87), akutes und nicht spezifiziertes Nierenversagen (HR: 1,32) und Typ-1-Diabetes (HR: 1,23) auf.

Die Autoren um Dr. Lyudmyla Kompaniyets vom CDC-COVID-19-Emergency-Response-Team schreiben, dass COVID-19-Präventionsstrategien, einschließlich der Impfung aller in Frage kommenden Personen im Alter von mindestens 6 Monaten, „von entscheidender Bedeutung für die Verhinderung von SARS-CoV-2-Infektionen und Folgeerkrankungen sowie für die Verringerung der Auswirkungen auf die öffentliche Gesundheit von Symptomen und Erkrankungen nach der COVID-Infektion bei Personen im Alter von 0 bis 17 Jahren“ sind.

Mukosale Impfung im Mausmodell erreicht Schleimhautimmunität

Derzeitige Impfstoffe gegen SARS-CoV-2, insbesondere solche auf mRNA-Basis, können eine robuste humorale und zelluläre Immunität induzieren und schwere Erkrankungen verhindern. Der Schutz vor einer Infektion und einer asymptomatischen bis milden Übertragung infolge einer Exposition gegenüber SARS-CoV-2 durch eine mRNA-Impfung ist jedoch begrenzt.

Nasale Impfstoffe könnten aufgrund ihrer Fähigkeit, eine Immunität der Schleimhaut zu erreichen, die zirkulierende Immunität, die mit intramuskulär verabreichten Impfstoffen erreicht wird, ergänzen und wahrscheinlich verstärken.

In der Studie von Dr. Jinyi Tang vom Carter Immunology Center der University of Virginia in Charlottesville und Kollegen wurden die Parameter der zirkulierenden Antikörper, die Immunität der B- und T-Lymphozyten im Blut und der Immunstatus in der bronchoalveolären Lavage (BAL) von Probanden untersucht, um die Schleimhäute der unteren Atemwege und die gewebsresidenten B- und T-Lymphozyten, die für den Schutz entscheidend sind, spezifisch zu charakterisieren.

Im ersten Teil der Studie wurden die Daten von 19 Geimpften, 10 Rekonvaleszenten und 5 ungeimpften Personen verglichen. Das Durchschnittsalter der Teilnehmer lag bei 70 Jahren und war in beiden Gruppen ähnlich.

Die geimpfte Gruppe hatte zwar vergleichbare zirkulierende neutralisierende Antikörper gegen die D614G-, Delta- und Omikron-Varianten, wies aber in der BAL deutlich niedrigere neutralisierende Titer gegen alle Varianten auf als die Gruppe der Rekonvaleszenten.

Darüber hinaus wies die geimpfte Gruppe wesentlich weniger CD4-T-, CD8-T- und Spike-spezifische Gedächtnis-B-Zellen im BAL-Gewebe auf als die Gruppe, die mit COVID-19 infiziert worden war.

Anhand eines Maus-Immunisierungsmodells konnten Tang und Kollegen dann zeigen, dass eine systemische mRNA-Impfung allein nur schwache neutralisierende Antikörperreaktionen auf den Schleimhäuten der Atemwege auslöste, insbesondere gegen das SARS-CoV-2 Omikron BA.1.1 in Mäusen. Wurde hingegen das mRNA-Vakzin mit der Gabe eines intranasalen Vakzins kombiniert, erhöhte das die Neutralisationstiter deutlich.

„Insgesamt stützt unsere Studie die Behauptung, dass die aktuellen COVID-19-Impfstoffe hochwirksam gegen schwere Krankheitsverläufe sind, wahrscheinlich durch die Rekrutierung zirkulierender B- und T-Zell-Antworten, während einer erneuten Infektion aber nur einen begrenzten Schutz gegen eine Durchbruchsinfektion bieten, insbesondere bei der Omikron-Sublinie.

Daher ist eine mukosale Auffrischungsimpfung erforderlich, um eine robuste sterilisierende Immunität im Respirationstrakt gegen SARS-CoV-2 aufzubauen, einschließlich der Infektion durch die Omikron-Sublinie und künftige VOCs“, schreiben die Autoren.

Verlorener Geschmack- oder Geruchssinn: Erholung kann Monate dauern

Die Ergebnisse einer italienischen Kohortenstudie zeigen, dass die Erholung von Geruch- oder Geschmacksverlust infolge einer COVID-19-Infektion einige Monate dauern kann.

Dr. Paolo Boscolo-Rizzo von der Section of Otorhinolaryngology, Department of Neurosciences der Universität Padua und Kollegen befragten 168 Patienten, die zwischen 19. und 22. März 2020 am Allgemeinkrankenhaus in Treviso positiv auf SARS-CoV-2 getestet wurden, über 2 Jahre immer wieder nach Geruch- oder Geschmacksverlust (Sinonasal-Outcome-Test-Score > 0). Die Teilnehmer waren zwischen 20 und 89 Jahre alt, 53,6% waren Frauen.

Nach 4 Wochen wiesen noch 64 (38,1%) Störungen des Geruchs- und Geschmackssinns auf, nach 8 Wochen 29 (17,3%), nach 6 Monaten noch 27 (16,1%) und nach 2 Jahren noch 14 (8,3%).

Von den 119 Patienten, die innerhalb von 4 Wochen Störungen des Geschmacks- oder Geruchssinns erlitten hatten, berichteten 105 (88,2%) nach 2 Jahren keine Symptome mehr zu haben. 11 (9,2%) berichteten, dass sich die Symptomatik gebessert habe und 3 (2,5%) berichteten, die Symptome seien unverändert oder schlimmer geworden waren.

 

Kommentar

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