Nach einer neuen Untersuchung besteht ein enger Zusammenhang zwischen einer westlichen Ernährungsweise und einem Subtyp des Kolorektalkarzinoms, bei dem reichlich pks+ Escherichia coli (Polyketid-Synthase) angetroffen werden. Dies unterstützt die Thesen zu einem möglichen Zusammenhang zwischen Ernährung, Darmmikrobiom und Kolonkarzinom. Die Studie wurde in Gastroenterology publiziert [1].
Colibactin-produzierende pks+ E. coli wurden kürzlich als Verursacher von DNA-Mutationen in Dickdarmzellen identifiziert, erklärte Studienleiter Dr. Shuji Ogino, Pathologe am Brigham and Women's Hospital in Boston gegenüber Medscape.
„Wir konnten anhand der Daten einen positiven Zusammenhang zwischen der westlichen Ernährungsweise und diesen Bakterien beim Kolonkarzinom herstellen. Unsere Studie stützt somit die Hypothese, dass die westliche Ernährungsweise über diese Bakterien das Kolonkarzinom verursachen kann“, sagte Ogino.
Wechselspiel zwischen Ernährung und pathogenen Bakterien
Die westliche Ernährungsweise mit viel rotem und verarbeitetem Fleisch, Zucker und raffiniertem Getreide bei zugleich wenig Gemüse und Hülsenfrüchten führt nachweislich zu systemischen und intestinalen Entzündungen.
„Angesichts der möglichen Wechselwirkung zwischen der Ernährung und pathogenen Bakterien ist es besonders interessant, den Einfluss einer westlichen Ernährungsweise auf pks+ E. coli im Darmtumorgewebe zu untersuchen“, schreiben die Forschenden.
134.775 erwachsene Teilnehmer der Health Professionals Follow-up Study und der Nurses' Health Study wurden alle 4 Jahre dazu befragt, wie häufig sie welche Nahrungsmittel zu sich nahmen, woraus die Forschenden einen Western-Diet-Score errechneten.
Von insgesamt 1.175 Kolonkarzinomen wurden in 111 Tumoren pks+ E. coli nachgewiesen, während die übrigen 1.064 Tumoren negativ für dieses Bakterium waren.
Die Ergebnisse belegten, dass der Zusammenhang zwischen einer westlichen Ernährung und der Häufigkeit von Kolonkarzinomen je nach Gehalt an pks+ E. coli variierte und bei Tumoren mit höherem pks+-E. coli-Anteil auch stärker war.
Die multivariablen Hazard Ratios bei Personen mit den höchsten (im Vergleich zu den niedrigsten) Werten für westliche Ernährung betrugen:
3,45 für Tumore mit hohem pks+-E. coli-Gehalt,
1,22 für solche mit niedrigeren Werten und
1,10 für Kolonkarzinome ohne Nachweis von pks+ E. coli.
„Unsere Befunde liefern die Evidenz für die Rolle des Darmmikrobioms als pathogenem Bildenglied zwischen Ernährung und Darmkrebs“, schreiben die Autor*innen.
Obwohl sicherlich weitere Studien erforderlich sind, sieht Ogino bereits potenzielle klinische Auswirkungen der Ergebnisse. „Personen, die sich westlich ernähren, haben ein erhöhtes Darmkrebsrisiko. Diese Hochrisikogruppen müssen aufgrund ihrer Ernährungsweise wohl eingehender untersucht werden als Personen mit geringerem Risiko. Höchstwahrscheinlich benötigen sie eine individuell angepasste Krebsvorsorge“, sagte Ogino.
Die Studie unterstreiche zudem die Bedeutung einer Ernährungsumstellung für die Krebsprävention.
Unterstützung für aktuelle Ernährungsempfehlungen
Dr. Aasma Shaukat, Gastroenterologin und Hepatologin an der NYU Langone Health in New York, sagte, dass diese Untersuchung „unser Verständnis über die Rolle der Ernährung für das Darmkrebsrisiko befördert“.
„Dieses Ergebnis hat zwar keinen Einfluss auf die Empfehlungen zur Vorsorgeuntersuchung, aber es unterstützt weiterhin die Empfehlung, zur Darmkrebsprävention neben anderen Änderungen des Lebensstils auch den Verzehr von rotem Fleisch und raffiniertem Zucker weitgehend einzuschränken“, sagte Shaukat gegenüber Medscape.
Die Ernährungsberaterin Amanda Bode vom Cleveland Clinic Center for Human Nutrition brachte eine nicht ärztliche Perspektive ein und bemerkte, dass es keine Überraschung sei, dass sich in dieser Studie diese Faktoren der westlichen Ernährung als entzündungsfördernd, DNA-schädigend und darmkrebsfördernd erwiesen hätten. „Es gibt zahlreiche Evidenzen aus anderen Studien, dass genau dieses Ernährungsmuster mit rotem Fleisch, raffiniertem Getreide und Zucker das Darmkrebsrisiko erhöht“, erläuterte Bode gegenüber Medscape.
„Für mich als Onkologie-Diätassistentin untermauert diese Arbeit die Empfehlungen, die ich meinen Patient*innen zur Vorbeugung eines Kolonkarzinoms bzw. zum Überleben bei einer solchen Tumorerkrankung gebe“, fügte sie hinzu. „Neben den Empfehlungen, möglichst wenig verarbeitetes Fleisch, raffiniertes Getreide und Zucker zu essen, können Diätassistent*innen dabei helfen, Probleme mit dem Darmmikrobiom zu erkennen und die Ernährung auf die individuellen Präferenzen der betroffenen Person abzustimmen“, sagte sie.
So kann z.B. eine Diätassistentin dabei helfen, häufig verzehrte Lebensmittel, die bekanntermaßen mit einem höheren Darmkrebsrisiko verbunden sind, zu identifizieren und durch Lebensmittel zu ersetzen, welche die nützlichen Darmbakterien fördern, erklärt sie. „Eine Verbesserung des gesamten Ernährungsmusters scheint das Krankheitsrisiko stärker zu beeinflussen als die Konzentration auf ein einzelnes Lebensmittel“, fügte Bode abschließend hinzu.
Dieser Artikel wurde von Markus Vieten aus www.medscape.com übersetzt und adaptiert.
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Diesen Artikel so zitieren: Western-Diet, Mikrobiom und Karzinom: Studie belegt enge Korrelation zwischen Ernährung und Risiko für bestimmten Darmkrebs - Medscape - 8. Aug 2022.
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