Seit August gilt die unbeschränkte Pflicht zur Masern-Impfung: Worauf Ärzte und Chefs nun achten müssen – eine Anleitung

Christian Beneker

Interessenkonflikte

3. August 2022

Seit dem 1. August 2022 gilt die unbeschränkte Impfpflicht bei Masern. So will es das „Gesetz für den Schutz vor Masern und zur Stärkung der Impfprävention“. Es soll vor allem Kinder besser vor der Krankheit schützen, gilt aber auch für Beschäftigte in den einschlägigen Einrichtungen. Wir fassen für Sie die wichtigsten Bestimmungen zusammen.

Das sind die gesetzlichen Vorgaben und die Zielgruppen

Das Gesetz sieht vor, „dass alle Kinder ab dem vollendeten ersten Lebensjahr beim Eintritt in den Kindergarten, die Kindertagespflege oder in die Schule die von der Ständigen Impfkommission empfohlenen Masern-Impfungen vorweisen“ müssen, teilt das Bundesgesundheitsministerium (BMG) mit.

Die Pflicht gilt auch für Beschäftigte in Kindertagesstätten und Schulen, in Arztpraxen und Krankenhäusern und in Flüchtlingsunterkünften.

Kinder, die nicht geimpft sind, können vom Besuch der Kita ausgeschlossen werden. Auch Erwachsenen, die in den jeweiligen Einrichtungen arbeiten und keine Impfung nachweisen, drohen die Gesundheitsämter mit erheblichen Konsequenzen, im Zweifel mit Bußgeld und Beschäftigungsverbot.

Das Masernschutzgesetz gilt bereits seit dem 1. März 2020. Die Nachweispflicht betrifft alle Personen, die nach 1970 geboren wurden und die bereits bei den betroffenen Einrichtungen beschäftigt waren. „Für Kinder, die bereits am 1. März 2020 einen Kindergarten oder Schule besucht haben, sowie für Beschäftigte in Gemeinschafts- und Gesundheitseinrichtungen galt bis einschließlich 31. Juli 2022 eine Nachweisfrist“, so das BMG. „Personen, für die kein ausreichender Nachweis über den Masernschutz vorgelegt wird, dürfen in den betroffenen Einrichtungen nicht arbeiten bzw. betreut werden.“

Viele Arbeitnehmer müssen geimpft sein

Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter folgender Einrichtungen sind laut BMG von der Pflicht betroffen:

  1. Krankenhäuser,

  2. Einrichtungen für ambulantes Operieren,

  3. Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtungen, in denen eine den Krankenhäusern vergleichbare medizinische Versorgung erfolgt,

  4. Dialyseeinrichtungen,

  5. Tageskliniken,

  6. Entbindungseinrichtungen,

  7. Behandlungs- oder Versorgungseinrichtungen, die mit einer der in den Nummern 1 bis 6 genannten Einrichtungen vergleichbar sind,

  8. Arztpraxen (auch Homöopathen), Zahnarztpraxen,

  9. Praxen sonstiger humanmedizinischer Heilberufe,

  10. Einrichtungen des öffentlichen Gesundheitsdienstes, in denen medizinische Untersuchungen, Präventionsmaßnahmen oder ambulante Behandlungen durchgeführt werden,

  11. ambulante Pflegedienste, die ambulante Intensivpflege in Einrichtungen, Wohngruppen oder sonstigen gemeinschaftlichen Wohnformen erbringen und

  12. Rettungsdienste.

Worauf müssen niedergelassene Ärztinnen und Ärzte nun achten?

Medizinisches Personal, das seit dem 1. März 2020 eingestellt wurde, muss einen ausreichenden Impfschutz gemäß den STIKO-Empfehlungen beziehungsweise eine Immunität gegen Masern nachweisen, etwa durch den Impfausweis oder ein ärztliches Attest. Für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die bereits vor dem 1. März 2020 in der Praxis beschäftigt sind, galt die Übergangsfrist für den Nachweis bis zum 31. Juli 2022.

Die STIKO empfiehlt eine erste Impfung gegen Masern als Masern-Mumps-Röteln-Kombinationsimpfung (MMR) bei Kindern im Alter von 11 bis 14 Monaten. Eine weitere Impfung sollte laut STIKO im Alter von 15 bis 23 Monaten folgen.

Die betroffenen Erwachsene sollten laut STIKO geimpft dann werden, wenn sie nach 1970 geboren wurden und noch nie oder erst einmal in der Kindheit gegen Masern geimpft wurden. Dasselbe gilt für Erwachsene, deren Impfstatus unklar ist.

Bei Unklarheiten über den Impfstatus kann eine Titer-Bestimmung Auskunft liefern. In diesem Zusammenhang ist die Bestimmung des Impftiters für Masern allerdings keine Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung, sondern muss vom Patienten privat bezahlt werden. Deshalb empfiehlt die STIKO die Impfung, die eine Kassenleistung ist.

Den vollständigen Impfschutz müssen alle nach 1970 geborenen Personen, die in der Praxis tätig sind, auch dann nachweisen, wenn sie keinen direkten Kontakt zu Patienten haben.

Gibt es Ausnahmen von der Impfpflicht?

Ausnahmen aus religiösen Gründen gibt es nicht.

Werden keine Nachweise vorgelegt, kann die Person in der Praxis oder einer anderen in Frage kommenden Einrichtung nicht arbeiten. „Das Gesundheitsamt muss dann auch nicht informiert werden“, so das BMG.

Wer aufgrund einer medizinischen Kontraindikation nicht geimpft werden kann und dies mit einem ärztlichen Attest nachweist, ist von der Impfpflicht befreit.

Jeder Arzt ist – unter Wahrung der berufsrechtlichen Voraussetzungen – unabhängig von seinem Fachgebiet zur Durchführung von allen von der STIKO empfohlenen Schutzimpfungen berechtigt. So können beispielsweise Frauenärzte nicht nur die Patientin, sondern auch deren Partner impfen und Pädiater auch die Eltern der Kinder und Jugendlichen.

Neben dem Gesundheitsamt darf jeder Arzt – also nicht nur der die Impfung durchführende Arzt – Schutzimpfungen in einen Impfausweis oder einer Impfbescheinigung nachtragen. Voraussetzung ist, dass der Patient die Impfung nachweist.

Und wer sich weigert …

Verantwortlich für die Einhaltung der Impfpflicht bei Praxis- und Krankenhauspersonal ist laut Gesetz grundsätzlich die Praxisleitung beziehungsweise die Leitung des Krankenhauses.

Mitarbeiterinnen oder Mitarbeiter, die sich nicht fristgerecht haben impfen lassen, müssen von der Praxis- oder Krankenhausleitung dem zuständigen Gesundheitsamt gemeldet werden – inklusive der vollständigen Personendaten und Kontaktdaten. „Die oberste Landesgesundheitsbehörde oder die von ihr bestimmte Stelle kann auch anordnen, dass der Nachweis beim Gesundheitsamt oder eine anderen staatlichen Stelle vorgelegt werden muss“, so das BMG.

Das Gesundheitsamt kann die Nichtgeimpften zu einer Beratung laden.

Sollte es bezweifeln, dass vorgelegte Impfnachweise echt und korrekt sind, kann es anordnen, die betroffene Person medizinisch zu untersuchen.

„Unabhängig davon kann das Gesundheitsamt jeweils im Einzelfall entsprechend der bestehenden Risiken entscheiden, ob nach Ablauf einer angemessenen Frist Tätigkeits- oder Betretungsverbote ausgesprochen werden (…) oder ob alternativ Geldbußen und Zwangsgelder ausgesprochen werden“, so das BMG. Die Geldbuße sei aber ein „Kann-Regelung“.

Sollte aber eine Praxis oder ein Krankenhaus nicht geimpfte Mitarbeiterinnen oder Mitarbeiter beschäftigen oder das Gesundheitsamt nicht über sie informiert haben, kann dies die Dienstherren bis zu 2.500 Euro Geldbuße kosten. Im Zweifel kann auch ein Zwangsgeld verhängt werden. Über dessen Höhe macht das BMG keine Angaben.

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