Optimale Hormontherapie bei Brustkrebs; Onkologika schädigen Augen; ASS und Ovarial-CA; EHA-Leitlinie für Thrombozytopenie

Dr. Susanne Heinzl

Interessenkonflikte

2. August 2022

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Im Onko-Blog dieser Woche geht es unter anderem um die Auswirkungen einer adjuvanten endokrinen Therapie beim Mammakarzinom nach 20 Jahren und um die Assoziation von ASS-Einnahme und dem Risiko eines Ovarialkarzinoms. Die EHA hat neue Leitlinien zur antithrombotischen Therapie von Thrombozytopenie bei Krebs publiziert. Eine aktuelle Übersichtsarbeit fasst Kenntnisse zur okulären Nebenwirkungen einer Therapie von Urogenitalkarzinomen zusammen.

  • Mammakarzinom: 20 Jahre Follow-Up nach adjuvanter Therapie mit Goserelin und Tamoxifen

  • Ovarialkarzinom: Häufige ASS-Einnahme mit geringerem Risiko assoziiert

  • Thrombozytopenie bei Krebs: EHA-Leitlinie zur antithrombotischen Therapie

  • Urogenitalkarzinome: Therapie-Nebenwirkungen an den Augen

  • Multiples Myelom: Online-Patienteninformationen oft qualitativ minderwertig

  • Krebs bei Kindern: Elektronische Erfassung von Patient Reported Outcomes im klinischen Alltag machbar

 

Mammakarzinom: 20 Jahre Follow-Up nach adjuvanter Therapie mit Goserelin und Tamoxifen

Prämenopausale Frauen mit Hormonrezeptor-positivem Mammakarzinom haben einen langfristigen Nutzen von einer 2-jährigen adjuvanten endokrinen Therapie mit Goserelin oder Tamoxifen. Wie eine schwedisch-amerikanische Arbeitsgruppe im Journal of Clinical Oncology weiter berichtet, profitierten Frauen, die nach ihrer Gen-Signatur einer Hochrisiko-Gruppe zuzuordnen waren, vor allem von Goserelin, während die Niedrigrisiko-Gruppe besser auf Tamoxifen ansprach.

Die Arbeitsgruppe hatte die Daten der Stockholmer Studie STO-5 nach einem Follow-Up von 20 Jahren erneut analysiert. Zwischen 1990 und 1997 waren 924 prämenopausale Frauen randomisiert 2 Jahre lang mit Goserelin, Tamoxifen, Goserelin plus Tamoxifen oder keiner endokrinen Therapie behandelt worden. Im Jahr 2020 wurden das Genexpressionsprofil und der Primärtumor immunhistochemisch analysiert.

Bei 584 Patientinnen verbesserten Goserelin, Tamoxifen und die Kombination signifikant das langfristige Fernrezidiv-freie Intervall (DRFI) im Vergleich zur Kontrollgruppe (Hazard Ratio: 0,49; 0,57 bzw. 0,63). Genomische Niedrigrisikopatientinnen (n = 305) profitierten signifikant von Tamoxifen (HR: 0,24) und genomische Hochrisikopatientinnen (n = 158) von Goserelin (HR: 0,24).

Die kombinierte Therapie mit Tamoxifen plus Goserelin zeigte keinen Vorteil gegenüber der jeweiligen Monotherapie.

Ovarialkarzinom: Häufige ASS-Einnahme mit geringerem Risiko assoziiert

Die häufige Einnahme von Acetylsalicylsäure (ASS) ist bei Frauen auch bei Vorliegen von Risikofaktoren mit einem geringeren Risiko für ein Ovarialkarzinom assoziiert. Eine Analyse von Dr. Lauren Hurwitz vom amerikanischen National Cancer Institute und Kollegen im Journal of Clinical Oncology ergab, dass das relative Risiko für ein Ovarialkarzinom bei häufiger ASS-Einnahme um 13% geringer war als ohne ASS.

Die amerikanische Arbeitsgruppe untersuchte anhand der Daten von 9 Kohortenstudien des Ovarian Cancer Consortiums (n = 2.600) und 8 Fall-Kontroll-Studien (n = 5.726) den Zusammenhang zwischen häufiger ASS-Einnahme und dem Risiko für ein Ovarialkarzinom insgesamt sowie bei Untergruppen mit weiteren Risikofaktoren.

Insgesamt war die häufige Einnahme von ASS mit einer 10%igen Verringerung des Ovarialkarzinoms in den Kohortenstudien (HR: 0,90)und einem 16% verringerten Risiko in den Fall-Kontroll-Studien (OR: 0,84) verbunden.

Der Effekt war in allen Untergruppen konsistent außer bei Frauen mit Endometriose. Möglicherweise war aber hierfür die Fallzahl zu klein. Bei Frauen mit 2 oder mehr Risikofaktoren für ein Ovarialkarzinom war das relative Risiko durch ASS-Einnahme um 19% geringer.

Die Autoren schlussfolgern, dass eine mögliche Chemoprävention mit ASS vor allem auf Frauen mit höherem Risiko abzielen sollte, um das Nutzen-Risiko-Verhältnis zu maximieren.

Thrombozytopenie bei Krebs: EHA-Leitlinie zur antithrombotischen Therapie

Die European Hematology Association hat in Kooperation mit der European Society of Cardiology einen Leitfaden für die klinische Praxis erarbeitet, der Klinikern bei der Behandlung von Krebspatienten mit Thrombozytopenie helfen soll. Er ist in HemaSphere publiziert.

Die Leitlinien fokussieren sich auf erwachsene thrombozytopenische Patienten mit aktiver Krebserkrankung und einer eindeutigen Indikation für eine Antikoagulation, auf Einzelgabe oder duale Therapie mit Thrombozyten-Funktionshemmern, Kombinationstherapien und Reperfusionstherapie.

Das Szenario ist sehr komplex. Die Thrombozytopenie kann bei Krebspatienten aufgrund der Erkrankung selbst oder als Therapiefolge entstehen. Sie schränkt den Einsatz einer bei Krebs häufig eingesetzten antithrombotischen Therapie ein.

Krebs ist bei Thrombozytopenie ein unabhängiger Risikofaktor für Thrombosen, weil eine leichte bis mittelschwere Thrombozytopenie nicht vor einer Thrombose schützt. Darüber hinaus besteht bei Krebspatienten ein erhöhtes Risiko für Blutungen im Zusammenhang mit Antithrombotika, die durch Thrombozytopenie und erworbene hämostatische Defekte weiter kompliziert werden. Einige Krebsbehandlungen sind mit einem erhöhten Thromboserisiko verbunden und können Wechselwirkungen hervorrufen, die die Wirksamkeit oder Sicherheit von Antithrombotika beeinträchtigen.

Die erarbeiteten Empfehlungen sollen den Kliniken in diesem komplexem Szenario Handlungsanweisungen liefern.

Urogenitalkarzinome: Therapie-Nebenwirkungen an den Augen

Eine frei zugängliche Übersichtsarbeit in Cureus befasst sich mit potenziellen okulären Nebenwirkungen von Therapien, die zur Behandlung von Prostata-, Blasen-, Nierenzell-, Hoden-, Nebennierenrindenkarzinom und Phäochromozytom eingesetzt werden.

Nebenwirkungen einer antineoplastischen Therapie äußern sich an den Augen mit vielfältigen Symptomen. Beispiele sind Syndrom des trockenen Auges, Kanalstenose und Verstopfung des Tränennasengangs, Makulaödem, Konjunktivitis, vermindertes Sehvermögen, Flimmerskotome, Optikusneuropathie, Farbsehschwäche, Gesichtsfeldausfälle oder periorbitales Ödem.

Die Vielfalt der Nebenwirkungen unterstreicht die Komplexität der Anatomie, der Physiologie und des Metabolismus des Auges. Wie die griechische Autorengruppe schreibt, sind die meisten Nebenwirkungen am Auge leicht und vorübergehend, einige können jedoch auch schwerwiegend, stark beeinträchtigend und irreversibel sein. Die Autoren raten, dass Ärzte sich der Komplikationen bewusst sein sollten, die das Sehvermögen bedrohen könnten.

Augenärzte müssen mit den Nebenwirkungen einer wachsenden Zahl von Regimen vertraut sein. Kombinationen von Antitumortherapien können es zudem schwierig machen, einem bestimmten Medikament eine Nebenwirkung zuzuschreiben. Die Kenntnis des Mechanismus, der einer okulären Nebenwirkung zugrunde liegt, ist manchmal entscheidend für die richtige Behandlung.

Multiples Myelom: Online-Patienteninformationen oft qualitativ minderwertig

Patienten, die im Internet nach Informationen zum Multiplen Myelom (MM) suchen, werden bei Google, Bing und Yahoo häufig zu Seiten mit fragwürdigen Inhalten geleitet. Viele Informationen sind veraltet und die inhaltliche Qualität ist eher schlecht. 16% der Webseiten enthalten falsche oder missverständliche Informationen. Dies berichtet eine Heidelberger Arbeitsgruppe in Current Oncology , nachdem sie die Qualität von 300 Webseiten und 50 You-Tube-Videos überprüft hat.

Die Heidelberger Arbeitsgruppe analysierte die Qualität der im Netz verfügbaren Informationen mit Hilfe verschiedener Scores wie dem Health on the Net (HON) Foundation Certificate/Score und dem Score des Journal of the American Medical Association (JAMA). Die Lesbarkeit wurde z.B. mit dem DISCERN-Score und dem Flesch Reading Ease Score sowie dem Flesch Kincade Grade Level beurteilt. Die Heidelberger hatten so bereits die Qualität von Publikationen zur monoklonalen Gammopathie unklarer Signifikanz (MGUS) überprüft, wie Medscape berichtet hatte.

Nach Aussortierung von Dubletten blieben von 300 mit den 3 Suchmaschinen gefundenen Webseiten 63 übrig. Die mittlere Zeit seit der letzten Aktualisierung betrug 9 Monate. Sie wiesen eine schlechte allgemeine Qualität mit einem medianen JAMA-Score 2 von 4 auf. Nur bei 18% lag ein gültiges HON-Zertifikat vor. Die Anwender-orientierte Qualität war mittelgut bis schlecht mit einem medianen Summen-DISCERN-Score von 41 (von 80) Punkten.

Die allgemeine Lesbarkeit war schwierig. Das inhaltliche Niveau war gering mit im Median 24 von 73 Punkten. 16% enthielten irreführende oder falsche Informationen.

Bei Videos betrug die mittlere Zeit seit dem Upload 18 Monate. Gemessen am HON-Score zeigten etwa 80% der Videos eine mittlere allgemeine Qualität. Die Anwender- orientierte Qualität war mittelgut bis schlecht und das inhaltliche Niveau sehr gering (Median 8 Punkte).

Die Autoren empfehlen bei der Erstellung von Webinhalten zu medizinischen Inhalten Qualitätsaspekte stärker zu berücksichtigen und die Inhalte regelmäßig zu überprüfen.

Krebs bei Kindern: Elektronische Erfassung von Patient Reported Outcomes im klinischen Alltag machbar

Die elektronische gestützte Erfassung von Patient Reported Outcomes wird von Kindern und ihren Angehörigen im stationären und ambulanten Bereich sehr gut akzeptiert und hilft frühzeitig toxische Wirkungen zu erkennen und entsprechende Maßnahmen einzuleiten. Dies ergab eine monozentrische Kohortenstudie mit Kindern und Jugendlichen an der Medizinischen Universität Innsbruck, deren Ergebnisse in JAMA Network Open erschienen sind.

Die Kinder in Innsbruck erhielten eine Chemotherapie und mussten mindestens 30 Tage aktiv an der Studie teilnehmen. Die Arbeitsgruppe konnte 4.410 tägliche PRO-Berichte aus 7.082 Therapietagen von 40 Kindern (35 Kinder im Alter von 5-18 Jahren und 5 Betreuer von Kindern im Alter von1-4 Jahren) auswerten. Die mediane Nachbeobachtungszeit betrug 145,5 Tage.

Im Mittel schlossen die Studie während der häuslichen Pflege 57,5% und während des Klinikaufenthalts 65,0% der Teilnehmer ab.

Sie meldeten an 657 Tagen (14,9%) schwere Symptome, die meisten betrafen eingeschränkte körperliche Funktionen, gefolgt von Schmerzen, Schlafstörungen, Übelkeit und Appetitlosigkeit. Unter den verschiedenen Symptomen erwiesen sich Schmerzen als hilfreichster Marker, so waren sie mit einer Odds-Ratio von 3,65 mit Mukositis assoziiert.

Obwohl es sich um eine monozentrische Studie mit einer relativ geringen Teilnehmerzahl handelte, sind die Autoren der Ansicht, dass die Ergebnisse zeigen, dass auch bei Kindern PROs erfasst und die Erfassung in den klinischen Alltag integriert werden kann.

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Kommentar

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