Hitzschlag – ein medizinischer Notfall: Tipps zum richtigen Verhalten und zur Prävention

Ute Eppinger

Interessenkonflikte

2. August 2022

Mit dem Klimawandel nimmt die Zahl der Hitzetage zu – und mit ihnen die Zahl der Kranken und Toten. Direkte Schäden durch Hitze und Sonne haben im Durchschnitt der vergangenen 20 Jahre zu jährlich 1.519 Krankenhausbehandlungen und 19 Todesfällen geführt, so das Statistische Bundesamt im April dieses Jahres.

Ein Hitzschlag gilt als schwerste hitzebedingte Erkrankung und wird definiert als eine Körpertemperatur von mehr als 40°C, die mit neurologischen Funktionsstörungen einhergeht. Der Hitzschlag ist ein medizinischer Notfall.

Das Rote Kreuz, der National Safety Council und das National Institute for Occupational Safety and Health geben Empfehlungen zur Prävention und Behandlung von Hitzschlag. 2019 hat die Wilderness Medical Society ihre Richtlinien für die Prävention und Behandlung von Hitzeerkrankungen aktualisiert. Die Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM) hat 2020 ihre S1-Empfehlungen „Hitzebedingte Gesundheitsstörungen in der hausärztlichen Praxis“ veröffentlicht.

Es gibt 2 Formen des Hitzeschlags:

  • Der Anstrengungshitzschlag (Exertional Heat Stroke, EHS) tritt im Allgemeinen bei jungen Menschen auf, die über einen längeren Zeitraum in einer heißen Umgebung anstrengende körperliche Aktivitäten ausüben.

  • Der klassische nicht-exertionelle Hitzschlag (NEHS) betrifft häufiger sitzende ältere Menschen, chronisch Kranke und sehr junge Menschen. Der klassische Hitzschlag tritt bei Hitzewellen in der Umgebung auf und ist häufiger in Gebieten anzutreffen, in denen es normalerweise nicht zu längeren Hitzeperioden kommt.

Beide Arten von Hitzschlag sind mit einer hohen Morbidität und Mortalität verbunden (die Angaben in der Literatur sind uneinheitlich und liegen zwischen 10 und 20%), insbesondere wenn die Kühlung verzögert wird. Prognosen deuten darauf hin, dass mit der Zunahme der globalen Erwärmung die Häufigkeit von Hitzschlägen und Todesfällen ebenfalls zunehmen wird.

Es sollte geprüft werden, ob bereits erhebliche Vorerkrankungen vorliegen. Zu beachten ist, dass Übergewicht mit einem erhöhten Risiko für Hitzeerkrankungen verbunden ist. Vor körperlicher Aktivität sollte für eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr gesorgt werden und für eine kontinuierliche Rehydrierung nach dem Prinzip „Trinken gegen den Durst“, um einen Verlust von mehr als 2% des Körpergewichts zu verhindern. Zur Beurteilung des Hitzerisikos sollte der WetBulb Globe Temperature-Index (WBGT) verwendet werden.

Das Temperaturkriterium ist relativ

Ein Hitzschlag ist definiert als eine Hyperthermie von mehr als 40°C, die mit einer veränderten Wahrnehmung einhergeht. Vor allem im Gesicht ist die Haut heiß, gerötet und trocken. Auch das Herz-Kreislauf-System ist gestört, was sich durch Tachykardie und Hypotonie äußern kann. Ein Hitzschlag kann dazu führen, dass das Gehirn Wasser einlagert und sich so lebensgefährliche Hirnödeme bilden, die mit Übelkeit, Erbrechen, Kopfschmerzen und Bewusstlosigkeit einhergehen. Je nach Schwere kann es zu Krampfanfällen und Multiorganversagen kommen.

Wenn ein Patient jedoch vor der Temperaturmessung abkühlen darf (wie z.B. beim Transport in einem kühlen Krankenwagen), kann die gemessene Temperatur unter 41°C liegen, so dass das Temperaturkriterium relativ ist. Anhidrose, d.h. fehlendes Schwitzen, wird als Merkmal eines Hitzeschlags genannt, aber einige Patienten mit Hitzeschlag zeigen starkes Schwitzen. Aufgrund der unterschiedlichen Erscheinungsformen ist ein hoher Verdachtsindex erforderlich, um Verzögerungen bei der Diagnose und Behandlung zu vermeiden.

Computertomografien können hilfreich sein, um bei Patienten mit verändertem Geisteszustand eine ZNS-Verletzung auszuschließen. Röntgenaufnahmen des Brustkorbs können Atelektasen, Lungenentzündungen, Lungeninfarkte oder Lungenödeme zeigen. Bei der Elektrokardiografie sind Sinustachykardie mit 130 bis 140 Schlägen pro Minute sowie unspezifische und ischämische ST-T-Wellen-Anomalien häufig. Darüber hinaus kann eine Reihe von Störungen der Erregungsleitung (z. B. Rechtsschenkelblock, verlängertes QT-Intervall) festgestellt werden.

Eintauchen in Eiswasser

Das Eintauchen in Eiswasser oder eine gleichwertige Methode hat den Vorteil, dass die Körperkerntemperatur schnell gesenkt wird. Aufgrund seiner hohen Wärmeleitfähigkeit kann Eiswasser die Körperkerntemperatur in etwa 20 bis 40 Minuten auf unter 39°C senken.

Zu den Nachteilen des Eintauchens in Eiswasser gehört, dass es für wache Patienten äußerst unangenehm sein kann. Außerdem kann es theoretisch zu einer subkutanen Vasokonstriktion führen, die die Wärmeübertragung durch Konduktion verhindert. Eiswasser verstärkt auch das Zittern, was wiederum die interne Wärmeproduktion erhöht. Weitere Kritikpunkte sind die Schwierigkeiten bei der Überwachung und Wiederbelebung von Patienten während der Anwendung dieser Methode.

Der Wärmeverlust durch Verdunstung ist zwar vielleicht weniger wirksam als das Eintauchen, bereitet aber weniger praktische Schwierigkeiten. Ein Wärmeverlust durch Verdunstung kann erreicht werden, indem alle Kleidungsstücke des Patienten entfernt werden und der Körper des Patienten intermittierend mit lauwarmem Wasser besprüht wird, während ein starkes Gebläse über den Körper bläst, so dass die Wärme verdunstet.

Für die schwersten Fälle wurde ein kardiopulmonaler Bypass vorgeschlagen. Dies erfordert jedoch hochqualifiziertes Personal und hochentwickelte Geräte.

Behandlung eines Hitzschlags vor Ort und im Krankenhaus

Für die Behandlung eines Hitzschlags vor Ort sollte die Rektaltemperatur als genaueste Messung der Kernhyperthermie im Vergleich zur axillaren, oralen oder auralen Thermometrie verwendet werden. Passive Kühlmaßnahmen sollten eingesetzt werden, um die thermische Belastung zu minimieren und den Wärmeverlust zu maximieren. Dehydrierung sollte minimiert und intravenöse Flüssigkeiten zur Rehydrierung verwendet werden.

Das Eintauchen in kaltes Wasser ist die optimale Kühlmethode bei einem Hitzschlag. Verdunstungs- oder Konvektionskühlung sollten als zusätzliche Methoden in Betracht gezogen werden, wenn ein Eintauchen in kaltes Wasser nicht möglich ist. Fiebersenkende Mittel sollten nicht verwendet werden.

Bei einem anstrengungsinduzierten Hitzschlag sollte im Krankenhaus ein Kaltwasserbad in Betracht gezogen werden. Bei einem klassischen Hitzschlag kann eine Verdunstungs- und Konvektionskühlung erwogen werden, allerdings sind die Kühlungsraten bei dieser Methode geringer als bei der konduktiven Kühlung. Eine Verdunstungskühlung ist bei einem Hitzschlag unter Anstrengung nicht angezeigt. Der Patient sollte auf eine Zieltemperatur von mindestens 39°C gekühlt werden. Kalte intravenöse Flüssigkeiten sollten zur zusätzlichen Kühlung bei Hitzschlag gegeben werden.

Benzodiazepine zur Sedierung

Bei Patienten mit Hitzschlag spielen Benzodiazepine eine wichtige Rolle bei der Sedierung, der Kontrolle von Krämpfen und der Kontrolle von Schüttelfrost. Barbiturate (z.B. Phenobarbital) können zur Kontrolle von Krämpfen eingesetzt werden, wenn Benzodiazepine nicht wirksam sind. Dantrolen sollte nicht zur Behandlung von Hitzschlag-Patienten verwendet werden.

Hypotonie wird zunächst mit Kühlung und intravenöser kristalloider Flüssigkeit behandelt. Bei Hypotonie, die auf Flüssigkeitszufuhr nicht anspricht, können Vasopressoren erforderlich sein. Die Behandlung der Rhabdomyolyse umfasst die Infusion großer Mengen intravenöser Flüssigkeit (bis zu 10 Liter können erforderlich sein), die Alkalisierung des Urins und die Infusion von Mannitol.

Was tun bei Kompartmentsyndrom?

Der Verdacht auf ein Kompartmentsyndrom muss bei allen Patienten bestehen, die eine Rhabdomyolyse, ein Muskelödem und Druckempfindlichkeit aufweisen. Bei Verdacht auf ein Kompartmentsyndrom muss der intramuskuläre Kompartmentdruck gemessen und eine Fasziotomie durchgeführt werden, wenn der intramuskuläre Druck 50 mmHg überschreitet.

Eine Fasziotomie sollte auch in Betracht gezogen werden, wenn der intramuskuläre Druck 30 bis 50 mmHg beträgt, insbesondere wenn er innerhalb von 6 Stunden keine Tendenz zur Senkung zeigt, und bei Patienten, die hypotensiv sind. Die Patienten können die orale Ernährung wieder aufnehmen, wenn der mentale Status, das Schlucken und die Funktion des Magen-Darm-Trakts normal sind.

In der Anfangsphase der Therapie sollte bei Patienten, die sich nicht ausreichend abkühlen, eine neuromuskuläre Blockade mit Muskellähmung erwogen werden. Depolarisierende Mittel (z.B. Succinylcholin) und Inhalationsanästhetika sollten wegen des Risikos einer malignen Hyperthermie vermieden werden. Die Patienten können ihre Tätigkeit wieder aufnehmen, wenn sich ihre Temperatur stabilisiert hat.

Eine ambulante Langzeittherapie kann erforderlich sein, wenn sich ein chronisches Nierenversagen entwickelt und wenn irreversible Schäden am ZNS, an den Lungen, am Herzen und an der Leber auftreten.

Prävention eines Hitzschlags

Ein Hitzschlag ist eine vermeidbare Krankheit, und Aufklärung ist das wichtigste Mittel zur Prävention. Das Erkennen von Risikofaktoren und die Änderung des Verhaltens (z.B. Einschränkung des Alkohol- und Drogenkonsums, Vermeidung von Medikamenten und Drogen, die die Wärmeableitung beeinträchtigen) und der körperlichen Aktivität können ebenfalls einen Hitzschlag verhindern.

Bei sportlicher Aktivität bietet eine Kühlung während des Trainings einen ähnlichen Nutzen wie die Vorkühlung. Beide Methoden verbessern die sportliche Leistung mit und ohne physiologische Veränderungen. In einer 2015 durchgeführten Studie wurde gezeigt, dass die Kühlung des Nackenbereichs während des Trainings die wiederholte Sprintleistung in heißer Umgebung verbessern kann, ohne hormonelle oder physiologische Reaktionen zu verändern.

Fanden Sie diesen Artikel interessant? Hier ist der Link zu unseren kostenlosen Newsletter-Angeboten – damit Sie keine unserer Nachrichten aus der Medizin verpassen.
 

Kommentar

3090D553-9492-4563-8681-AD288FA52ACE
Wir bitten darum, Diskussionen höflich und sachlich zu halten. Beiträge werden vor der Veröffentlichung nicht überprüft, jedoch werden Kommentare, die unsere Community-Regeln verletzen, gelöscht.

wird bearbeitet....