Cannabidiol (CBD) hat sich bei einigen speziellen Epilepsie-Syndromen bei Kindern als effektiv erwiesen. Der Versuch, dies auf die fokale Epilepsie – und damit die häufigste Epilepsieform bei Erwachsenen – zu übertragen, ist allerdings vorerst gescheitert. In der STAR-1-Studie war ein CBD-Gel nicht in der Lage, die Zahl der Krampfanfälle bei therapieresistenter Epilepsie zu reduzieren – bis die Patienten in die Verlängerung gingen.
Die Ergebnisse der randomisierten, placebokontrollierten Doppelblind-Studie wurden in JAMA Network Open veröffentlicht. „Im primären Endpunkt bestand hinsichtlich der Häufigkeit der Anfälle kein signifikanter Unterschied zwischen den Interventionsgruppen mit 195 bzw. 390 mg Cannabidiol und der Placebogruppe“, berichtet das Studienteam um Dr. Terence J O’Brien vom Department of Neuroscience an der Central Clinical School der Monash University in Melbourne, Australien.
CBD-Präparat in den USA für Kinder zugelassen
Trotz der Entwicklung zahlreicher Medikamente können epileptische Anfälle bei rund einem Drittel der Patienten nicht verhindert werden. CBD ist ein Phyto-Cannabinoid aus dem weiblichen Hanf (Cannabis). Bei Kindern mit bestimmten Epilepsie-Syndromen konnte orales CBD die Anfallhäufigkeit senken. Seit 2018 ist ein entsprechendes Präpararat in den USA zugelassen (Epidiolex®/Greenwich Biosciences).
Von dem CBD-Gel erhoffte sich das Studienteam ähnliche Erfolge, jedoch ohne die gastrointestinalen Nebenwirkungen, die bei der oralen Form häufig auftraten.
Patienten mit Anfällen trotz mindestens 3 Medikamenten
An der STAR 1-Studie, in der die Sicherheit, Verträglichkeit und Wirksamkeit des CBD-Gels bei erwachsenen Patienten untersucht wurde, nahmen insgesamt 188 Personen teil. Sie waren zwischen 18 und 70 Jahren alt und litten an einer medikamentenresistenten fokalen Epilepsie teil. Sie wurden an 14 Epilepsie-Zentren in Australien und Neuseeland mit bis zu 3 Medikamenten behandelt und bei hatten trotzdem monatlich mindestens 3 fokale epileptische Anfälle.
Die Teilnehmenden wurden in 3 Behandlungsarme zufallsverteilt:
195 mg CBD-Gel (n=63)
390 mg CBD-Gel (n=62)
Placebo-Gel (n=63)
Keine Reduktion der Anfallshäufigkeit
Das Gel wurde jeweils 2-mal täglich auf dem Oberarm und der Schulter aufgetragen und dies über eine Behandlungsdauer von 12 Wochen. In dieser Zeit notierten die Teilnehmenden ihre Anfälle in einem Tagebuch.
Die Autoren um O’Brien berichten, dass in der Placebogruppe durchschnittlich 2,49 Anfälle pro 28 Tage aufgetreten seien. In den beiden Gruppen mit CBD-Gel waren es im gleichen Zeitraum nicht signifikant weniger: 2,51 Anfälle mit dem 195-mg-Gel und 2,59 Anfälle mit dem 390-mg-Gel.
Studie zeigt gute Verträglichkeit
Die Studiengruppe weist aber darauf hin, dass die Behandlung mit dem Gel sicher gewesen und von den Patienten gut vertragen worden sei. Nebenwirkungen traten bei 25,6% der mit CBD-Gel und 12,7% der mit Placebo-Gel behandelten Patienten auf; fast alle Nebenwirkungen waren leicht oder mittelschwer.
Warum sich durch das Auftragen des CBD-Präparats keine Reduktion der Anfallshäufigkeit einstellte, bleibt unklar. Eventuell sei die Wirkung ausgeblieben, weil die Studienteilnehmer das Medikament Clobazam nicht nehmen durften, spekulieren die Autoren. In anderen CBD-Studien sei dies erlaubt gewesen. Ebenso könnten die CBD-Dosis zu gering oder die Behandlungsdauer zu kurz gewesen sein.
Weniger Anfälle in der Verlängerungsstudie
Nach der 12-wöchigen Studienphase nutzten fast alle Teilnehmer die Möglichkeit, die CBD-Behandlung in einer Open-Label-Folgestudie (STAR 2) mit anfänglich 390 mg und einer stufenweisen Steigerung bis zu 780 mg fortzusetzen. Nach 6 Monaten dieser Verlängerungsstudie zeigte sich bei 115 von ihnen (61%) ein Rückgang der Anfälle um mindestens 50%.
„Zwar haben sich die aktiven Therapiegruppen während der verblindeten Phase nicht von der Placebogruppe unterschieden, aber langfristig nahm die Anfallshäufigkeit bei den mit CBD behandelten Patienten ab“, schreiben die Autoren. Deshalb seien weitere randomisiert-kontrollierte Studien angebracht, die höhere Dosierungen von transdermalem CBD bei Patienten mit fokaler Epilepsie untersuchten.
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Medscape Nachrichten © 2022
Diesen Artikel so zitieren: Cannabidiol-Gel gegen fokale Epilepsie: Nach Erfolg bei Kindern enttäuscht Studie mit Erwachsenen – dennoch weniger Anfälle? - Medscape - 1. Aug 2022.
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