Magenkrebs: Laparoskopie vs OP; Pankreaskrebs: Olaparib nützlich, Multiples Myelom: Inzidenz steigt, Sterblichkeit sinkt

Dr. Susanne Heinzl

Interessenkonflikte

26. Juli 2022

Im Onko-Blog dieser Woche geht es unter anderem um das Verfahren zur Gastrektomie bei Patienten mit Magenkrebs – die Laparotomie ist im Effekt der offenen Operation nicht unterlegen, aber besser verträglich. Olaparib zeigt bei Patienten mit Pankreaskarzinom einen klinischen Nutzen, wirkt aber bei metastasiertem Kolorektalkarzinom nicht. Eine photodynamische Therapie mit topischem Hypericin verringert Läsionen bei Patienten mit früher Mycosis fungoides. Implantate zur Brustvergrößerung sind mit einer höheren Inzidenz von anaplastischen großzelligen Lymphomen der Brust assoziiert.

  • Magenkrebs: Laparoskopie der offenen OP nicht unterlegen

  • Pankreaskarzinom: Olaparib-Erhaltungstherapie hat klinischen Nutzen

  • Metastasiertes Kolorektalkarzinom: Phase-3-Studie LYNK-003 wegen Unwirksamkeit von Olaparib gestoppt

  • Mycosis fungoides: Photodynamische Therapie mit topischem Hypericin verringert Läsionen

  • Multiples Myelom: Inzidenz nimmt weltweit zu, Sterblichkeit sinkt

  • ALCL: Brustimplantat-assoziiertes anaplastisches großzelliges Lymphom häufiger als gedacht

Magenkrebs: Laparoskopie der offenen OP nicht unterlegen

Das 5-Jahres-Überleben (OS) und das rezidivfreie Überleben (RFS) unterschieden sich bei Patienten mit lokal fortgeschrittenem Magenkrebs nicht, wenn sie sich einer laparoskopischen oder einen offenen Gastrektomie unterzogen hatten. Spätkomplikationen waren jedoch nach einer Laparoskopie signifikant seltener als nach einen offenen Operation, so die 5-Jahres-Follow-Up-Ergebnisse der Korean Laparoendoscopic Gastrointestinal Surgery Study 02 (KLASS-02), publiziert in JAMA Surgery .

In die multizentrische randomisierte Studie waren 1.050 Patienten mit lokal fortgeschrittenem Magenkarzinom aufgenommen worden. Eine R0-Resektion wurde bei 492 Patienten mit laparoskopischer Gastrektomie, bei 482 Patienten mit einem offenen Eingriff erreicht.

Das 5-Jahres-OS und das -RFS unterschieden sich bei laparoskopischer und offener Gastrektomie mit 88,9% vs. 88,7% bzw. 79,5 % vs. 81,1% nicht signifikant. Die Spätkomplikationsrate war mit 6,5% nach Laparoskopie signifikant niedriger als nach offener Operation mit 11,0%. Die häufigste Komplikation in beiden Gruppen war ein Darmverschluss (2,6% vs. 5,0 %).Die 5-Jahres-Ergebnisse der KLASS-02-Studie bestätigen die 3-Jahres-Ergebnisse.

Die Autoren schlussfolgern, dass die Laparoskopie bei Patienten mit lokalem fortgeschrittenem Magenkarzinom wegen der geringeren Rate an Spätkomplikationen empfohlen werden kann.

Pankreaskarzinom: Olaparib-Erhaltungstherapie hat klinischen Nutzen

Finale Daten zum Überleben aus der Phase-3-Studie POLO ergaben, dass eine Erhaltungstherapie mit Olaparib im Vergleich zu Placebo bei Patienten mit Pankreaskarzinom mit BRCA-Mutation in der Keimbahn den primären Endpunkt, das Gesamtüberleben, nicht verlängert.

Da jedoch in verschiedenen wichtigen sekundären Endpunkten Vorteile für Olaparib beobachtet wurden, lautet das Fazit der internationalen Arbeitsgruppe im Journal of Clinical Oncology : „Mit einem allgemein gut verträglichen Sicherheitsprofil brachte die aktive Erhaltungstherapie mit Olaparib den Patienten einen klinisch bedeutsamen Nutzen, einschließlich einer längeren Zeit ohne Chemotherapie und eines dauerhaften Ansprechens bei einer Untergruppe von Patienten.“

In der Phase-3-Doppelblindstudie POLO war erstmals eine Erhaltungstherapie mit dem PARP-Inhibitor Olaparib bei Patienten mit metastasiertem Pankreaskarzinom und Keimbahnmutationen im BRCA-Gen geprüft worden. Die Studienteilnehmer, deren Erkrankung unter einer Platin-haltigen Induktionschemotherapie nicht fortgeschritten war, erhielten entweder den PARP-Inhibitor (300 mg 2-mal täglich) (n = 92) oder Placebo (n = 62) bis zur Krankheitsprogression.

Das mediane Gesamtüberleben betrug 19,0 vs. 19,2 Monate (p = 0,3487). Die Kaplan-Meier-Überlebenskurven teilten sich nach etwa 24 Monaten und das 3-Jahres-Überleben wurde mit 33,9% bzw. 17,8% errechnet.

Die mediane Zeit bis zur ersten weiteren Krebsbehandlung oder bis zum Tod (Hazard Ratio: 0,44; p < 0,0001), bis zur zweiten Krebsbehandlung oder bis zum Tod (HR 0,61, p = 0,0111) oder bis zum Therapieabbruch oder Tod (HR: 0,43; p < 0,0001) waren jeweils in der Olaparib-Gruppe signifikant besser.

Metastasiertes Kolorektalkarzinom: Phase-3-Studie LYNK-003 wegen Unwirksamkeit von Olaparib gestoppt

Aufgrund einer Empfehlung des Data Monitoring Committee (DMC) stoppt MSD Merck Sharp und Dohme laut einer Pressemitteilung die Phase-3-Studie LYNK-003 wegen Unwirksamkeit von Olaparib ohne oder mit Bevacizumab in der Behandlung von Patienten mit nicht resezierbarem oder metastasiertem Kolorektalkarzinom ohne Progression nach First-Line-Therapie.

In der offenen randomisierten Phase-3-Studie (NCT04456699) hatten 309 Patienten mit inoperablem oder metastasiertem Kolorektalkarzinom Olaparib allein oder in Kombination mit Bevacizumab im Vergleich zu Bevacizumab in Kombination mit einer Fluoropyrimidin- basierten Chemotherapie erhalten.

Bei einer vorab festgelegten Interimsanalyse des primären Endpunkts progressionsfreies Überleben konnte keine bessere Wirksamkeit von Olaparib als Monotherapie und in Kombination mit Bevacizumab im Vergleich zur Kontrollgruppe gesehen werden, das DMC empfahl deshalb den Abbruch der Studie.

Mycosis fungoides: Photodynamische Therapie mit topischem Hypericin verringert Läsionen

Patienten mit einem kutanen T-Zell-Syndrom vom Typ der Mycosis fungoides im Frühstadium profitieren von einer photodynamischen Therapie (PDT) mit topischem Hypericin (Salbe mit 0,25%), so das Ergebnis der randomisierten Phase-3-Studie FLASH, das ein amerikanische Arbeitsgruppe in JAMA Dermatology veröffentlicht hat.

Die Mycosis fungoides ist ein seltenes Non-Hodgkin-Lymphom, das sich in frühen Stadien mit Flecken oder Plaques an der Haut zeigt. Hypericin ist ein wesentlicher Bestandteil von Johanniskraut (Hypericum-Arten). Es wirkt tumorizid und wird durch Licht aktiviert.

In der multizentrischen, doppelblinden, Placebo-kontrollierten Phase-3-Studie FLASH wurden 169 Patienten mit Mycosis fungoides in Zyklus 1 randomisiert über 6 Wochen 2-mal wöchentlich mit Hypericin-PDT oder Placebo an 3 Indexläsionen behandelt. In Zyklus 2 erhielten alle Patienten Hypericin-PDT über 6 Wochen und im optionalen Zyklus 3 wurden Index- und zusätzliche Läsionen 6 Wochen lang mit Hypericin-PDT behandelt.

Primärer Endpunkt war die Ansprechrate der Indexläsion (ILRR), die als Verbesserung von mindestens 50% im modified Composite Assessment of Index Lesion Severity (mCAILS) Score definiert war.

Nach 6-wöchiger Behandlung (Zyklus 1) war die Hypericin-PDT wirksamer als Placebo mit einer ILRR von 16% vs. 4% (p = 0,04). Die ILRR stieg bei Patienten, die 2 Zyklen Hypericin-PDT erhielten, auf 40% (p  < 0,001 vs. Zyklus 1 Hypericin) und auf 49% nach 3 Zyklen (p < 0,001 vs Zyklus 1 Hypericin).

Die häufigsten behandlungsbedingten Nebenwirkungen waren leichte lokale Hautreaktionen (13,5% bis 17,3% in den Zyklen 1–3 vs. 10,5% unter Placebo in Zyklus 1) sowie Reaktionen an der Applikationsstelle.

Multiples Myelom: Inzidenz nimmt weltweit zu, Sterblichkeit sinkt

Die Inzidenz des Multiplen Myeloms nimmt weltweit zu, insbesondere bei Männern, bei Menschen im Alter über 50 Jahren sowie bei Personen aus Ländern mit hohem Einkommen. Die Sterblichkeit sinkt weltweit, vor allem bei Frauen. Eine internationale Arbeitsgruppe hat Daten zum Multiplen Myelom aus verschiedenen Datenbanken analysiert und die Ergebnisse nun in Lancet Haematology publiziert.

Das Multiple Myelom ist eine klonale Plasmazellneubildung, die durch eine unkontrollierte Proliferation mutierter Plasmazellen im Knochenmark gekennzeichnet ist, welche zu spezifischen Endorganschäden führt.

Im Jahr 2020 war es die dritthäufigste maligne hämatologische Erkrankung weltweit nach Non-Hodgkin-Lymphom und Leukämie. Die nun publizierte aktuelle Analyse zeigte, dass weltweit die altersstandardisierte Rate (ASR) der Inzidenz des Multiplen Myeloms im Jahr 2020 1,78 pro 100.000 Menschen und die Sterblichkeit 1,14 betrug.

Erhöhte Inzidenz und Sterblichkeit waren mit einem höheren Index der menschlichen Entwicklung (HDI), einem höheren Bruttoinlandsprodukt, vermehrter körperlicher Inaktivität, Übergewicht und Adipositas sowie Diabetes mellitus assoziiert. Die Inzidenzen waren in Australien und Neuseeland (ASR 4,86), Nordamerika (ASR 4,74) und Nordeuropa (3,82) am höchsten.

Deutschland wies den höchsten Anstieg der Inzidenz bei Männern über 50 Jahren mit einer durchschnittlichen jährlichen prozentualen Veränderung (AAPC) von 6,71 auf, gefolgt von Dänemark (3,93) und Südkorea (3,25). Bei Frauen ab 50 Jahren meldeten die Färöer (21,01), Dänemark (4,70) und Israel (2,57) die größten Zunahmen.

Diese Studie liefert nach Aussage der Autoren weltweit die aktuellsten Trends zu Inzidenz und Mortalität des Multiplen Myeloms nach Alter, Geschlecht, Land und Region und deren Assoziation mit allgemeinen Lebensstilfaktoren und metabolischen Risikofaktoren.

Die Autoren des begleitenden Editorials weisen darauf hin, dass sich zumindest ein Teil der starken Unterschiede in den Zahlen durch eine Untererfassung und Unterdiagnose des Multiplen Myeloms in Ländern mit niedrigem bis mittleren Einkommen erklären lässt.

ALCL: Brustimplantat-assoziiertes anaplastisches großzelliges Lymphom häufiger als gedacht

Ein anaplastisches großzelliges Lymphom (BIA-ALCL) trat nach Analyse der Daten aus Krebsdatenbanken wesentlich häufiger auf, als zuvor berichtet. Wie eine amerikanische Arbeitsgruppe in einem Research Letter in JAMA Oncology berichtet, ist die steigende Zahl an ALCL mit dem zunehmenden Einsatz von stark texturierten, also angerauten Brustimplantaten zur Brustvergrößerung assoziiert.

Das ALCL tritt insgesamt selten auf, es macht etwa 3% aller Lymphome der Brust aus. Schon länger wird eine Assoziation mit Brustimplantaten berichtet.

In einer Kohortenstudie mit Daten aus der Surveillance, Epidemiology, and End Results (SEER) Datenbank untersuchte die Arbeitsgruppe die Inzidenz eines ALCL der Brust zwischen 1. Januar 2000 und 31. Dezember 2018.

Die altersadjustierte Inzidenz betrug in diesem Zeitraum 8,1/100 Mio. Personen pro Jahr mit einem kumulativen Lebenszeitrisiko von 7,5/100 Mio. Personen bis zum Alter von 79 Jahren.

Die altersadjustierte jährliche Inzidenzrate stieg im Lauf der Zeit pro 100 Mio. Personen pro Jahr von 3,2 im Jahr 2000 bis 2005 und 4,4 im Jahr 2006 bis 2011 auf 14,5 in den Jahren 2012 bis 2018 (p  < 0,001). Die Schätzung für die Jahre 2012 bis 2018 von 14,5 bis 19,6 Fällen/100 Mio. Personen pro Jahr ist höher als eine frühere Schätzung der amerikanischen Food and Drug Administration (FDA) von 3/100 Mio. Personen pro Jahr.

Die Zunahme der altersadjustierten Inzidenz in den letzten Jahren stimmt mit Beobachtungen in den Niederlanden, Australien und Neuseeland überein. Die Autoren gehen davon aus, dass die steigende Inzidenz des ALCL mit dem vermehrten Einsatz von stark texturierten Implantaten zusammenhängt. Sie schreiben: „Diese Trends sind besorgniserregend, weil die Verwendung von texturierten Implantaten zu Brustvergrößerung zwischen 2011 und 2015 von 2,3% auf 13,0% mehr als fünffach gestiegen ist, trotz einer Sicherheitsmitteilung der FDA im Jahr 2011.“

Aktuelle Daten aus Deutschland finden sich auf der Seite des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte.

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