Uterustransplantation offenbar sicher und effektiv – aber ist sie in Deutschland überhaupt zulässig?

Dr. Nicola Siegmund-Schultze

Interessenkonflikte

25. Juli 2022

Die Uterustransplantation kann eine Möglichkeit sein, Frauen mit uteriner Unfruchtbarkeit den Wunsch nach dem eigenen Kind zu erfüllen. An spezialisierten Zentren ist die Transplantation den Daten einer prospektiven Studie zufolge effektiv und sicher.

Gründe für die Funktionsunfähigkeit oder das Fehlen des Uterus sind Hysterektomie, zum Beispiel wegen eines Zervixkarzinoms oder wegen unstillbarer Blutungen. Ein weiterer Grund ist das Mayer-Rokitansky-Küster-Hauser-Syndrom, bei dem weder eine normale Vagina noch die Gebärmutter ausgebildet werden. Ein Kinderwunsch kann Patientinnen nur mit Hilfe einer Leihmutter erfüllt werden, die in vielen Ländern, darunter Deutschland, verboten ist.

Die Gebärmuttertransplantation ist für hoch selektierte Patientinnen, die geeignete Spenderinnnen haben, eine mögliche Option. Dabei werden nach Uterustransplantation 1 oder 2 befruchtete Eizellen implantiert (Embryonentransfer [ET]). Die Eizellen werden von der Organempfängerin gewonnen. Ist die Familienplanung abgeschlossen, wird die körperfremde Gebärmutter entfernt, da sie eine Immunsuppression erfordert.

Seit circa 20 Jahren wird das Verfahren erprobt. Führend ist das Zentrum um Dr. Mats Brännström aus Göteborg, wo 2014 weltweit das erste Kind nach Transplantation eines lebend gespendeten Uterus geboren wurde. Nun ist eine erste klinische Studie in Fertility and Sterility publiziert worden [1].

In die unizentrische, prospektive Beobachtungsstudie an der Universitätsklinik Göteborg wurden Patientinnen aufgenommen:

  • denen ein Uterus von einer lebenden Spenderin transplantiert wurde, meist die Mutter, und

  • denen der transplantierte Uterus nach erfülltem Kinderwunsch wie geplant wieder entfernt wurde, oder ungeplant aus medizinischen Gründen.

Die Hauptergebnisse

9 Frauen im Alter zwischen 27 und 34 Jahren erhielten ein Uterustransplantat.

  • 7 Transplantationen waren erfolgreich, unter anderem erkennbar an der Menstruation der Frauen.

  • Bei 2 Frauen war die Transplantation nicht erfolgreich: bei der einen Frau wegen einer Thrombose in den Uterusgefäßen, bei der anderen wegen unzureichender Blutzirkulation gefolgt von einer unbehandelbaren Infektion im Uterus.

Bei 7 Frauen erfolgte eine In-vitro-Fertilisation, 4 Frauen wurden pro Fertilisation 2 Embryonen transferiert. 6 Frauen bekamen gesunde Kinder, davon 3 Frauen 2 Kinder. Die Entbindung erfolgte per Kaiserschnitt. Die Rate der Lebendgeburten pro ET betrug 32,6%, die Kinder waren gesund.

Nach 4 Jahren Beobachtungszeit war die Lebensqualität aller Spenderinnen und Empfängerinnen gut und mindestens vergleichbar hoch wie die der altersentsprechenden weiblichen Bevölkerung.

Klinische Bedeutung

Für einige wenige Frauen, die an uteriner Infertilität leiden und die geeignete Spenderinnen haben, ist die Gebärmuttertransplantation eine mögliche Option. Die Rate der Lebendgeburten pro Embryonentransfer liegt bei 33%, damit ist die Effektivität belegt. An hochspezialisierten und interdisziplinär arbeitenden Zentren gilt die Gebärmuttertransplantation als sicher.

In Deutschland ist die Frauenklinik der Universität Tübingen das erste deutsche Gebärmutter-Transplantationszentrum. Dort sind seit 2016 4 gesunde Kinder nach Gebärmuttertransplantation zur Welt gekommen. Federführend ist Prof. Dr. Sara Brucker, Gründungsmitglied der International Society of Uterus Transplantation.

Rechtsunsicherheit: Lebendspenden nach Transplantationsgesetz zulässig?

Uterustransplantationen sind umstritten. Sie sind weder lebensrettend noch lebensverlängernd wie andere transplantierte solide Organe, sondern erhöhen die Lebensqualität von Frauen, die keine eigenen Kinder bekommen können und einen starken Kinderwunsch haben.

Das geltende Transplantationsgesetz (TPG) biete „grundsätzlich einen verlässlichen Rechtsrahmen“ für Gebärmuttertransplantationen, hieß es 2020 in einer Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage (BT-Drucksache 19/16623). Dies gelte sowohl bei Lebendspende als auch bei postmortaler Spende eines Uterus.

Die Einschätzung überraschte Juristen. Denn nach § 8 TPG seien Lebendspenden nur zulässig mit dem Ziel, das Leben des Empfängers zu erhalten oder eine schwerwiegende Krankheit zumindest zu lindern. Weder die uterine Infertilität noch der unerfüllte Kinderwunsch entsprächen diesen Anforderungen, so dass die Gebärmuttertransplantation nach Lebendspende derzeit in Deutschland unzulässig sei. Es bestehe Rechtsunsicherheit und damit Handlungsbedarf des Gesetzgebers. 

Dieser Artikel ist im Original erschienen auf Univadis.de.
 

Kommentar

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