EMA: 11 Zulassungsempfehlungen, eine Indikationserweiterung für Affenpocken-Vakzin, Neues zu COVID-Vakzinen und Therapie

Nadine Eckert

Interessenkonflikte

22. Juli 2022

Der Ausschuss für Humanarzneimittel (CHMP) der EMA hat auf seiner Sitzung im Juli 2022 insgesamt 11 Arzneimittel zur Zulassung empfohlen, darunter mehrere Krebsmedikamente und Therapieoptionen für seltene Erkrankungen. Ein Positivvotum erhielte außerdem die Erweiterung der Zulassung des Pockenimpfstoff Imvanex® auf den Schutz von Erwachsenen vor Affenpocken.

Imvanex ist in der EU seit 2013 zur Vorbeugung einer Infektion mit Pocken zugelassen. Es ist ein Lebendimpfstoff mit einer modifizierten Form des Vaccinia-Virus Ankara, welches mit dem Pockenvirus verwandt ist.

Tierstudien: Pockenimpfstoff schützt auch vor Affenpocken

Die Empfehlung basiert auf den Daten einer Reihe von Tierstudien, in denen mit Imvanex geimpfte Primaten vor einer Infektion mit Affenpocken geschützt waren. Der Ausschuss geht davon aus, dass sich die Wirksamkeit bei Menschen aus diesen Studien ableiten lässt.

Um die Effektivität des Impfstoffs zu bestätigen, wird der Hersteller des Vakzins den derzeitigen Ausbruch der Affenpocken in Europa mit einer Beobachtungsstudie begleiten. Das Sicherheitsprofil des Impfstoffs ist dem CHMP zufolge günstig, mit leichten bis mittelschweren Nebenwirkungen. Der Nutzen sei größer als die Risiken, so das Fazit der Experten.

Über die Prävention einer Infektion mit Affenpocken hinaus empfiehlt der CHMP Imvanex auch zum Schutz vor Infektionen mit dem Vaccinia-Virus zuzulassen, welches zu vergleichbaren, aber milderen Symptomen führt wie Affenpocken.

Neue Therapieoptionen für seltene Erkrankungen

Grünes Licht gab der CHMP für das RNAi-Therapeutikum Amvuttra® (Vutrisiran). Es dient der Behandlung von Erwachsenen mit erblicher Transthyretin-assoziierter Amyloidose (hATTR). Diese seltene, lebensbedrohliche Stoffwechselstörung führt zu Nervenschädigungen im gesamten Körper

Eine Zulassungsempfehlung unter Ausnahmebedingungen gab es für Nulibry® (Fosdenopterin). Das cyclische Pyranopterinmonophosphat (cPMP) wurde zur Behandlung der Molybdän-Cofaktor-Defizienz Typ A entwickelt. Dabei handelt es sich um eine extrem seltene, autosomal-rezessive vererbte Erkrankung, die bereits kurz nach der Geburt auftritt und zu Hirnschäden und zum Tod führt.

Mehr Krebstherapien, speziell bei Multiplem Myelom

Ein positives Votum gab es auch für Celdoxom® (Doxorubicin-Hydrochlorid) zur Behandlung von Brustkrebs, Eierstockkrebs, Multiplem Myelom und Karposi-Sarkom.

Eine Empfehlung zur bedingten Marktzulassung hat der CHMP für Tecvayli® (Teclistamab) ausgesprochen. Es dient der Behandlung von erwachsenen mit rezidiviertem oder refraktärem Multiplem Myelom nach mindestens 3 Vortherapien. Teclistamab ist Teil des PRIority MEdicines (PRIME)-Programms der EMA. Mit diesem Programm lässt die Behörde Arzneimitteln, die das Potenzial haben, eine dringenden Therapiebedarf zu decken, frühzeitig wissenschaftliche und regulatorische Unterstützung zukommen.

Ebenfalls eine Positivempfehlung für die Behandlung des Multiplen Myeloms erhielt das Arzneimittel Thalidomid Lipomed® (Thalidomid).

Ein positives Votum gab es außerdem für das Kombinationspräparat Opdualag® (Relatlimab/Nivolumab), mit dem Melanome behandelt werden sollen, die sich bereits ausgebreitet haben und chirurgisch nicht entfernt werden können.

Neues auch für Lupus-Nephritis, Typ-2-Diabetes und Asthma

Positiv abgestimmt hat der Ausschuss auch über Lupkynis® (Voclosporin) zur Behandlung der Lupus-Nephritis und Mounjaro (Tirzepatid) für die Behandlung von Erwachsenen mit Typ-2-Diabetes.

Grünes Licht gab es außerdem für Tezspire® (Tezepelumab), eine Add-on-Therapie für Erwachsene und Jugendliche mit schwerem Asthma. Dies galt auch für Vabysmo® (Faricimab) zur Behandlung von erwachsenen Patienten mit der neovaskulären Form der altersbedingten Makuladegeneration und Visusverminderung aufgrund eines diabetischen Makulaödems.

Zulassungsempfehlung für Radiopharmakon

Der CHMP empfahl auch die Zulassung von Illuzyce® (Lutetium (177lu)-Chlorid). Die Vorstufe eines Radiopharmakons ist allerdings nicht für den direkten Einsatz am Patienten gedacht. Mit Illuzyce sollten Trägermedikamente markiert werden, die speziell für die Isotopenmarkierung mit Lutetiumchlorid entwickelt und zugelassen wurden.

Indikationserweiterungen für 5 Arzneimittel

Zusätzlich zu den neuen Zulassungsempfehlungen sprach der CHMP auch Empfehlungen zu Indikationserweiterungen aus: Das betrifft die in der EU bereits zugelassenen Medikamente Genvoya®, Imcivree®, Retsevmo®, Tecartus® und Ultomiris®.

Rubraca nicht länger als Drittlinientherapie einsetzen

Eine weitere Empfehlung des Ausschusses lautet, Rubraca® (Rucaparibcamsylat) nicht mehr länger als Drittlinientherapie bei Krebserkrankungen der Eierstöcke, der Eileiter und des Peritoneums mit BRCA-Mutation einzusetzen. Bisher war es eine Option bei Patientinnen, deren Krebs nach mindestens 2 platinbasierten Chemotherapie rezidivierte und die keine weitere platinbasierte Behandlung erhalten konnten.

Neues zu COVID-19: Spikevax und Remdesivir

Der CHMP empfiehlt die Anwendung des COVID-19-Impfstoffs Spikevax® (Moderna) auszuweiten auf die Auffrischungsimpfung von Jugendlichen im Alter von 12-17 Jahren. Der Ausschuss billigt außerdem die Aktualisierung der Produktinformation, dass der Impfstoff nachgewiesenermaßen 12 Monate stabil ist, wenn er unter bestimmten Bedingungen gelagert wird. Darüber hinaus befürwortet der CHMP die Zulassung einer neuen Produktionsstätte für Spikevax in Madrid, Spanien.

Eine Empfehlung des CHMP gab es auch für Veklury® (Remdesivir). Das bereits zur Behandlung von COVID-19 eingesetzt Virostatikum soll nach dem Willen des Ausschusses eine volle Markzulassung erhalten, nachdem der Hersteller letzte noch fehlende Daten eingereicht hat.

Eingesetzt wird Remdesivir bei Erwachsenen und Jugendlichen mit Pneumonie, die Sauerstoff benötigen. Das Mittel kann aber auch bei Erwachsenen zur Anwendung kommen, die keinen Sauerstoff benötigen, aber ein erhöhtes Risiko für eine schwere COVID-19-Erkrankung haben. Eine bedingte Zulassung gab es für Veklury schon im Juli 2020. Es ist das erste Arzneimittel, dass eine volle Zulassung für die Behandlung von COVID-19 erhalten hat.

Fanden Sie unsere Informationen interessant? Dann melden Sie sich doch für einen Newsletter aus unserer Redaktion Medscape Deutschland an, damit Sie keine Nachrichten, Meinungen und andere spannende Wissensformate aus der Medizin verpassen. Hier ist der Link zu unseren kostenlosen Angeboten.

 

Kommentar

3090D553-9492-4563-8681-AD288FA52ACE
Wir bitten darum, Diskussionen höflich und sachlich zu halten. Beiträge werden vor der Veröffentlichung nicht überprüft, jedoch werden Kommentare, die unsere Community-Regeln verletzen, gelöscht.

wird bearbeitet....