Im Onko-Blog dieser Woche geht es unter anderem um den fehlenden Effekt von Atezolizumab in der neoadjuvanten Therapie des HER2-positiven Mammakarzinoms. Eine US-amerikanische Umfrage hat ergeben, dass viele junge Erwachsene nur lückenhafte Kenntnisse zur schädlichen Wirkung von Sonneneinstrahlung haben. Zanubrutinib könnte ein neuer Standard für die Erstlinientherapie von älteren Menschen mit CLL werden. Bei Patienten mit follikulärem Lymphom sind Knochenmarksbiopsien zur Kontrolle des Therapieverlaufs wenig informativ. Ergebnisse von präklinischen und klinischen Untersuchungen legen nahe, dass Paracetamol die Wirksamkeit von Immuncheckpoint-Inhibitoren verringern kann.
Immuntherapie: Paracetamol hemmt Antitumor-Aktivität
CLL und SLL: Zanubrutinib –neuer Standard für die Erstlinienbehandlung
Hautkrebs: Lückenhafte Kenntnisse zur schädlichen Wirkung von Sonnenstrahlen
HER2-positives Mammakarzinom: Atezolizumab zusätzlich zur neoadjuvanten Standardtherapie verbessert pCR nicht
Follikuläres Lymphom: Knochenmarksbiopsie liefert wenig Info zum Therapieansprechen
Kontakt mit Krebspatienten stimuliert Hausärzte, mehr Vorsorgeuntersuchungen zu initiieren
Immuntherapie: Paracetamol hemmt Antitumor-Aktivität
Die Einnahme von Paracetamol ist bei Krebspatienten, die mit Immuncheckpoint-Inhibitoren behandelt werden, mit einem schlechteren Ansprechen, kürzerem progressionsfreien und Gesamt-Überleben assoziiert. Dies hatten 3 unabhängige Kohortenstudien ergeben.
Präklinische Untersuchungen im Tiermodell und weitere klinische Untersuchungen, die eine französische Arbeitsgruppe in den Annals of Oncology veröffentlicht hat, legen nahe, dass Paracetamol die Antitumor-Aktivität von Immuncheckpoint-Inhibitoren hemmt. Die Schlussfolgerung lautet: „Daher sollte Paracetamol bei Patienten, die mit Immuncheckpoint-Inhibitoren behandelt werden, mit Vorsicht angewendet werden.“
Die Autoren des begleitenden Editorials stellten fest, dass mit zunehmendem Einsatz von Immuntherapeutika das Potenzial für Wechselwirkungen mit gängigen Medikamenten zu einem Problem werden kann. Sie bezeichnen die Ergebnisse als wichtig, überzeugend und besorgniserregend. Sie schreiben: „Insgesamt stützen die Daten die Schlussfolgerungen, dass Paracetamol die Wirksamkeit von Immuncheckpoint-Inhibitoren verringern kann, und zwar möglicherweise durch die Aktivierung von Tregs (regulatorischen T-Zellen).“
CLL und SLL: Zanubrutinib –neuer Standard für die Erstlinienbehandlung
Bislang nicht behandelte Patienten mit chronischer lymphatischer Leukämie (CLL) oder kleinzelligem lymphozytischem Lymphom (SLL) profitieren von einer Erstlinientherapie mit Zanubrutinib stärker als von der der Kombination aus Bendamustin und Rituximab. Der Brutontyrosinkinase-Hemmer verlängerte das progressionsfreie Überleben signifikant im Vergleich zur Kombination, wie die offene, internationale Phase-3-Studie SEQUOIA ergab, die in Lancet Oncology erschienen ist.
In der SEQUOIA-Studie wurden nicht vorbehandelte ältere oder komorbide Patienten mit CLL oder SLL aufgenommen, die randomisiert mit Zanubrutinib (n = 241) bis zur Progression oder inakzeptablen Toxizität oder mit 6 Zyklen Bendamustin/Rituximab (n = 238) behandelt wurden.
Nach einer medianen Nachbeobachtungszeit von 26,2 Monaten war in einer Interimsanalyse der primäre Endpunkt progressionsfreies Überleben (PFS) in der Zanubrutinib-Gruppe signifikant besser als in der Vergleichsgruppe (Hazard-Ratio 0,42, p < 0,0001). In beiden Gruppen war das mediane PFS noch nicht erreicht.
Bei Behandlung mit Zanubrutinib traten häufiger Blutungen auf, ein Klasseneffekt der Brutontyrosinkinase-Hemmer. Ein weiterer Klasseneffekt, nämlich Herzrhythmusstörungen zeigten sich bei 3% der Zanubrutinib-Patienten als Vorhofflimmern, sie waren damit seltener, als bei Behandlung mit Ibrutinib.
Die Infektionsrate war in beiden Gruppen ähnlich hoch. Allerdings litten Zanubrutinib-Patienten häufiger an schwerem COVID-19 als die Patienten der Vergleichsgruppe.
Hautkrebs: Lückenhafte Kenntnisse zur schädlichen Wirkung von Sonnenstrahlen
Viele junge Erwachsene im Alter von 18 bis 25 Jahren (Generation Z) kennen die Gefahren einer übermäßigen Sonneneinstrahlung nicht und schützen sich nicht ausreichend. Dies ergab eine aktuelle Umfrage der American Academy of Dermatology (AAD) bei mehr als 1.000 Teilnehmern in den USA.
Nach der Umfrage ist vielen Befragten nicht bewusst, dass Bräunung der Haut schadet. 60% ließen sich im Jahr 2021 in der Sonne bräunen und 27% waren der Ansicht, dass eine Grundbräune das Risiko verringert, an Hautkrebs zu erkranken. 38% sind der Meinung, dass Bräunen in der Sonne sicher ist, solange sie keinen Sonnenbrand bekommen.
Weitere Umfrageergebnisse:
54% der Teilnehmer glauben, dass ein Lichtschutzfaktor von 30 doppelt so viel Schutz bietet wie ein Lichtschutzfaktor von 15.
49% wussten nicht, dass man auch bei bewölktem Himmel einen Sonnenbrand bekommen kann.
39% sagen, dass Sonnenschutz mit hohem Lichtschutzfaktor seltener angewendet werden kann.
37% wussten nicht, dass die UV-Strahlen der Sonne die Kleidung durchdringen können.
30% wussten nicht, dass Schatten eine Person vor UV-Strahlen schützt.
23% wussten nicht, dass Sonnencreme im Freien mindestens alle 2 Stunden erneut aufgetragen werden sollte.
HER2-positives Mammakarzinom: Atezolizumab zusätzlich zur neoadjuvanten Standardtherapie verbessert pCR nicht
Bei Frauen mit HER2-positivem Mammakarzinom im Frühstadium verbessert die Gabe des PD-L1-Inhibitors Atezolizumab zusätzliche zur Standardtherapie aus Pertuzumab und Trastuzumab (PH) plus Chemotherapie die Rate des kompletten pathologischen Ansprechens (pCR) nicht. Dies ergab die Phase-3-Studie IMpassion050, deren Ergebnisse von Prof. Dr. Jens Huober, Universitätsklinikum Ulm, und Kollegen im Journal of Clinical Oncology publiziert worden sind. Damit bleibt die neoadjuvante Therapie mit Pertuzumab, Trastuzumab und Chemotherapie bei diesen Patientinnen Standard.
Patientinnen mit einem Primärtumor von über 2 cm und histologisch bestätigtem, positivem Lymphknotenstatus (T2–4, N1–3, M0) erhielten randomisiert Atezolizumab (n = 226) oder Placebo (n = 228) mit Doxorubicin/Cyclophosphamid in hoher Dosierung, gefolgt von Paclitaxel und PH. Nach der Operation wurden die Patientinnen mit Atezolizumab oder Placebo und PH weiterbehandelt.
Die pCR-Rate betrug im Atezolizumab-Arm 62,4%, im Placebo-Arm 62,7% (p = 0,9551). Bei Patienten mit PD-L1-positiven Tumoren lag die pCR-Rate unter Placebo bei 72,5%, unter Atezolizumab bei 64,2%. Bei Patienten mit PD-L1-negativen Tumoren betrugen die pCR-Raten 53,8% unter Placebo und 60,7% unter Atezolizumab. Die Ergebnisse waren in der Intention-to-Treat-Gruppe und in den Subgruppen konsistent. Nebenwirkungen vom Schweregrad 3/4 waren in der Atezolizumab-Gruppe häufiger als in der Placebo-Gruppe.
„Das Fehlen einer pCR-Verbesserung mit Atezolizumab in IMpassion050 ist angesichts des erwarteten größeren Nutzens einer Krebsimmuntherapie bei frühem Mammakarzinom aufgrund einer geringeren Tumorlast, reduzierter Immune-Escape-Mechanismen und eines effizienteren Immunsystems überraschend“, so die Autoren. Weitere Untersuchungen seien erforderlich, um die Rolle der Immuntherapie in diesem Setting zu klären.
Follikuläres Lymphom: Knochenmarksbiopsie liefert wenig Info zum Therapieansprechen
Eine Knochenmarksbiopsie hat bei Patienten mit follikulärem Lymphom (FL) wenig Aussagekraft für die Beurteilung eines Therapieansprechens in klinischen Studien. Die amerikanische Arbeitsgruppe schlussfolgerte aus den Ergebnissen ihrer retrospektiven Studie im Journal of Clinical Oncology , dass Knochenmarksbiopsien bei klinischen Studien zum FL und aus diagnostischen Richtlinien bis auf wenige Ausnahmen gestrichen werden sollten. „Dies würde Kosten, die Belastung des Patienten und die Ressourcennutzung reduzieren und möglicherweise ein Hindernis für die Teilnahme an Studien beseitigen.“
Die Arbeitsgruppe hatte retrospektiv die gepoolten Daten von 580 Patienten aus 7 Studien analysiert. Nur 5 von 580 (0,9%) hatten einen positiven Befund in der Ausgangsbiopsie, zeigten ein komplettes Ansprechen in der Bildgebung und anschließend eine positive Biopsie (p < 0,0001). Damit waren die Knochenmarksbiopsien bei 99% der Personen für die Bewertung des Ansprechens irrelevant.
Weitere Analysen ergaben, dass bei Personen mit einem kompletten Ansprechen in der Bildgebung (n = 187) das progressionsfreie und das Gesamtüberleben sich bei Patienten mit negativen Biopsien nicht von Personen ohne wiederholte Biopsien unterschied.
Kontakt mit Krebspatienten stimuliert Hausärzte, mehr Vorsorgeuntersuchungen zu initiieren
Wenn Hausärzte in Kontakt mit Patienten mit neu diagnostiziertem Brust- oder Darmkrebs kommen, stimuliert sie dies dazu, bei anderen Patienten häufiger Vorsorgeuntersuchungen zu initiieren. Dies fand eine Arbeitsgruppe aus Boston in einer Kohortenanalyse von Daten aus New Hampshire und Maine aus den Jahren 2009 bis 2105. Wie sie in JAMA Network Open berichtet, hielt diese Effekt mindestens 1 Jahr an.
Die Analyse umfasste 3.158 Hausärzte (57,6% Männer), die nahezu 2,0 Mio. Patienten betreuten. Im Studienzeitraum behandelten 898 Ärzte einen Patienten mit einem neu aufgetretenen Mammakarzinom und 370 Ärzte einen Patienten mit einem neu aufgetretenen Kolorektalkarzinom. In der Folgezeit stieg bei diesen Ärzten die Rate an Krebsvorsorgeuntersuchungen rasch und anhaltend, und zwar für Brustkrebs um 4,5 Prozentpunkte und für Darmkrebs um 1,3 Prozentpunkte.
Credits:
Photographer: © Jovan Vitanovski
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Diesen Artikel so zitieren: Immuntherapie: Paracetamol hemmt Wirkung, Zanubrutinib bei CLL und SLL; Umfrage: Wissen zu Sonnenschutz unzureichend - Medscape - 19. Jul 2022.
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