Das ging schief: Zahnarzt wollte nur seinen Patientenstamm verkaufen – worauf man dabei besser achten sollten …

Alexa Frey

Interessenkonflikte

13. Juli 2022

In einem aktuellen Urteil des Bundesgerichtshofes (BGH) ging es um den Verkauf des Patientenstammes einer Zahnarztpraxis. Anders als sonst üblich, wurde keinerlei Praxisinventar, Verbrauchsmaterial etc. mitverkauft. Der Bundesgerichtshof (BGH) hatte zu entscheiden, ob das überhaupt zulässig ist [1]. Alexa Frey, selbständige Rechtsanwältin und Fachanwältin für Medizinrecht, erklärt, was das BGH-Urteil für mögliche Praxisabgaben bedeutet.

Der Sachverhalt: Zahnarztpraxis verkauft Patientenstamm isoliert

Ein in Regensburg niedergelassener Zahnarzt betrieb eine Zahnarztpraxis mit ca. 600 Patienten. Mit einer Kollegin, die ebenfalls in der Region in Einzelpraxis als Zahnärztin tätig war, wurde ein „Kaufvertrag über den Patientenstamm“ abgeschlossen.

Alexa Frey

Verkauft wurde dabei ausschließlich der Patientenstamm der privat- und vertragszahnärztlichen Praxis. Als Kaufpreis waren 12.000,00 Euro festgesetzt, die sich ausdrücklich auf den sog. „Goodwill“ bezogen. Die Patientenakten sollten durch die Käuferin in Verwahrung genommen werden.

Daneben enthielt der Vertrag die Verpflichtung des Abgebers, „Werbemaßnahmen“ als Gegenleistung für den Kaufpreis zu tätigen. Diese waren so ausgestaltet, dass eine Umleitung aller zukünftigen Anrufe an die Abgeberpraxis auf den Telefonanschluss der Übernehmerpraxis eingerichtet werden sollte. Auch für die Internetseite des Abgebers war eine automatische Weiterleitung auf die Käufer-Domain im Vertrag vorgesehen.

Auch ein Rundschreiben an alle Patienten sollte durch den Verkäufer versendet werden, in dem über die Übernahme der Patienten durch die Käuferin informiert werden sollte.

Klage auf Erfüllung des Kaufvertrags: Isolierte Übertragung unzulässig

Eingeklagt wurde die Erfüllung des Kaufvertrags Zug um Zug gegen Kaufpreiszahlung. Die Klage wurde abgewiesen, da der Bundesgerichtshof (BGH) die Übertragung des Patientenstammes im Kaufvertrag als nichtig gem. §134 BGB ansah.

Die isolierte Übertragung des Patientenstammes gegen Geld stelle eine unzulässige Zuweisung gegen Entgelt gemäß §8 Abs.5 der Berufsordnung für Zahnärzte dar. Eine isolierte wirtschaftliche Verwertung des Patientenstammes sei eine (unzulässige) entgeltliche Zuweisung von Patienten, gerade dann, wenn wie hier bestimmte „Werbemaßnahmen“ als Gegenleistung vorgesehen seien.

Hier war, bezüglich der Käuferin, keine – die freie Arztwahl berücksichtigende – Empfehlung an die Patientinnen und Patienten ausgesprochen worden, sondern vielmehr eine Umleitung aller Anrufe und Homepage-Aufrufe einzurichten gewesen. Sinn und Zweck des Vertrages war es daher, die Chance eines Wettbewerbsvorteils der Käuferin durch die Webemaßnahmen samt Übergabe der Patientenkartei gegen Zahlung des „Kaufpreises“ zu erhöhen und so den örtlichen Wettbewerb zu beeinflussen.

Der Kaufpreis stelle daher ein Entgelt für die Zuweisung von Patientinnen und Patienten dar.

Fazit: Was heißt das für Sie?

Wenn eine ärztliche oder zahnärztliche Praxis abgegeben werden soll, müssen die Regelungen im Kaufvertrag auch in Bezug auf den „Goodwill“ sorgfältig geprüft werden. Bei Praxiskaufverträgen über Arztpraxen im niedergelassenen Bereich wird regelmäßig und zulässigerweise die Praxis zusammen mit Ausstattung und Patientenkartei (Goodwill) übertragen. Auch in diesen Fällen muss zukünftig besondere Aufmerksamkeit auf folgende Themen gelegt werden:

  • Information der Patientinnen und Patienten über die Praxisabgabe,

  • die Regelung zur möglichen Übertragung der Internetdomain,

  • die Übergabe von Telefonnummern.

Auf die Einrichtung von automatischen Weiterleitungen, sei es für die Praxistelefonnummer oder die Internetseite des Abgebers, muss zwingend verzichtet werden. Auch auf die genaue Formulierung von Informationsschreiben an die Patientinnen und Patienten zum Praxisverkauf muss gesteigert Wert gelegt werden.

Wichtig ist bei allen Punkten stets, dass die freie Arztwahl der Patientinnen und Patienten nicht beeinträchtigt und der örtliche Wettbewerb nicht nachteilig beeinflusst werden.

Dieser Artikel ist im Original am 1. Juni 2022 erschienen auf  Coliquio.de .
 

Kommentar

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