Im Onko-Blog dieser Woche geht es unter anderem um die Interaktion zwischen direkten oralen Antikoagulanzien (DOAK) und Tamoxifen bei der adjuvanten Therapie eines Mammakarzinoms. Wir berichten über erste Ergebnisse zum Einsatz onkolytischer Viren bei kindlichen Hirntumoren und von einer Übersichtsarbeit, die sich mit Mechanismen beschäftigt, die einer Resistenz gegen eine Thromboseprophylaxe bei Patienten mit einem multiplen Myelom zugrunde liegen können.
Mammakarzinom: Kein erhöhtes Blutungsrisiko durch Einnahme von DOAK zu Tamoxifen
Gliom bei Kindern: Onkolytische Viren als neuer Therapieansatz
Multiples Myelom: Resistenz gegen Thromboseprophylaxe multifaktoriell bedingt
Krebsrisiko: Magenverkleinerung mit geringerem Krebsrisiko assoziiert
Leitlinien: Negative Studien werden weniger berücksichtigt
Mammakarzinom: Kein erhöhtes Blutungsrisiko durch Einnahme von DOAK zu Tamoxifen
Die Einnahme von direkten oralen Antikoagulanzien (DOAK) von Brustkrebs-Patientinnen unter einer Therapie mit Tamoxifen war nicht mit einem höheren Blutungsrisiko assoziiert als bei einer Therapie mit einem Aromatase-Inhibitor (AI). Dies zeigte eine retrospektive Kohortenstudie einer kanadischen Arbeitsgruppe, die in JAMA Network Open erschienen ist.
Das Antiöstrogen Tamoxifen wird häufig adjuvant bei Frauen mit Mammakarzinom eingesetzt. Es wirkt auf Cytochrom-P450-Enzyme und P-Glykoprotein und birgt deshalb ein potenzielles Risiko für Arzneimittelinteraktionen. In der populationsbasierten retrospektiven Kohortenstudie analysierte eine kanadische Arbeitsgruppe die Daten von Patientinnen im Alter ab 66 Jahren, die Tamoxifen oder einen AI erhielten und gleichzeitig ein DOAK einnahmen. Die meisten bekamen als DOAK Rivaroxaban (53,2%) oder Apixaban (35,0%).
Von den 4.753 mit einem DOAK behandelten Frauen nahmen 1.179 Tamoxifen (24,8%) und 3.574 (75,2%) einen AI. Während einer medianen Nachbeobachtungszeit von 166 Tagen war Tamoxifen nicht mit einem höheren Risiko für schwere Blutungen (29 von 1.179 [2,5%]) im Vergleich zu einem AI (119 von 3574 [3,3%]) assoziiert.
Gliom bei Kindern: Onkolytische Viren als neuer Therapieansatz
Die intratumorale Infusion eines onkolytischen Virus gefolgt von Bestrahlung hat in einer Studie mit 12 Kindern im Alter von 3 bis 18 Jahren mit neu diagnostiziertem diffusem intrinsischen Ponsgliom (DIPG) zu einer Verkleinerung des Tumors geführt. Die Patienten überlebten im Median 17,8 Monate. Dies berichtete eine spanische Arbeitsgruppe im New England Journal of Medicine .
Von den 12 mit dem onkolytischen Virus behandelten Kindern wurden anschließend 11bestrahlt. Als Nebenwirkungen traten Kopfschmerzen, Übelkeit, Erbrechen und Fatigue auf. Bei einem Patienten kam es zu Hemiparese und Tetraparese.
Nach einem Follow-up von 17,8 Monaten im Median war bei 9 Patienten eine Verkleinerung des Tumors im MRT zu sehen, 3 Patienten sprachen partiell an, 8 erreichten eine stabile Erkrankung. Im Median überlebten die Kinder 17,8 Monate. 2 Patienten lebten noch bei der Erstellung der Publikation, davon war bei einem Patienten der Tumor 38 Monate nicht fortgeschritten.
Multiples Myelom: Resistenz gegen Thromboseprophylaxe multifaktoriell bedingt
Patienten mit multiplem Myelom leiden häufig unter Thromboembolien, auch wenn sie eine entsprechende Prophylaxe erhalten. In einem Übersichtsbeitrag in Cancer Drug Resistance diskutiert eine irische Arbeitsgruppe Mechanismen, die dieser Resistenz auf Thromboseprophylaktika zugrunde liegen können.
Eine Reihe von Faktoren wie Antithrombin-Mangel oder erhöhte Spiegel von Gerinnungsfaktor VIII können bei Patienten mit multiplem Myelom zu einer Resistenz gegen Heparin führen, jedoch ist die optimale Methode zur klinischen Bewertung derzeit unklar.
Neben Thrombin-vermittelten Prozessen gibt es weitere Mechanismen, die möglicherweise zum Versagen der Thromboseprophylaxe beitragen können – wie eine Resistenz gegen aktiviertes Protein C, eine endotheliale Toxizität als Folge einer Chemotherapie, Anomalien der Gewebefaktoren und die Wirkung von Immunglobulinen bzw. M-Proteinen auf das Endothel sowie die Fibrin-Polymerisation.
Krebsrisiko: Magenverkleinerung mit geringerem Krebsrisiko assoziiert
Ein bariatrischer Eingriff war bei übergewichtigen Erwachsenen im Vergleich zu Nicht-Operierten mit einem signifikant geringeren Risiko für Adipositas-assoziierte Krebserkrankungen und Krebs-bedingte Sterblichkeit verbunden. Dies ergab die große retrospektive Kohortenstudie SPLENDID (Surgical Procedures and Long-term Effectiveness in Neoplastic Disease Incidence and Death), deren Ergebnisse eine amerikanische Arbeitsgruppe in JAMA publiziert hat.
Die Daten von 30.318 erwachsenen Patienten mit einem medianen BMI von 45 wurden in der Studie analysiert. 5.053 Patienten hatten sich einer Magenverkleinerung unterzogen, 25.265 dienten als nicht operierte Kontrollgruppe.
Nach einem medianen Follow-up von 6,1 Jahren waren mit Adipositas assoziierte Krebserkrankungen in der operierten Gruppe deutlich seltener aufgetreten als bei den nicht operierten Patienten (3,0 versus 4,6 pro 1.000 Personenjahre). Innerhalb von 10 Jahren hatten 2,9% der Operierten im Vergleich zu 4,9% der Nicht-Operierten den kumulativen Endpunkt erreicht (Hazard-Ratio 0,68). Auch die krebsbedingte Sterblichkeit war innerhalb von 10 Jahren in der operierten Gruppe geringer als bei den Nicht-Operierten.
Der Effekt war unabhängig vom Operationsverfahren (Magenbypass bzw. Schlauchmagen). Zudem war er für alle invasiven Tumoren nachweisbar.
In dieser Studie war, wie auch schon in anderen Studien, ein erheblicher Gewichtsverlust erforderlich, um eine signifikante Verringerung des Krebsrisikos zu erreichen.
Unklar ist jedoch nach wie vor, über welche Mechanismen die Magenverkleinerung das Krebsrisiko senkt. Möglicherweise spielen chronische Entzündungen, eine verstärkte Freisetzung von Steroidhormonen und Adipokinen sowie eine Hyperinsulinämie aufgrund einer verstärkten Insulinresistenz eine Rolle. Bekanntlich werden diese Parameter durch bariatrische Eingriffe positiv beeinflusst.
Leitlinien: Negative Studien werden weniger berücksichtigt
Positive klinische Studien in der Onkologie werden häufiger zitiert als negative Studien. Praxis-beeinflussende (PI) Studien, deren Befunde sich in Leitlinien wiederfinden, werden häufiger zitiert als Nicht-PI-Studien, wobei negative PI-Studien wiederum häufiger zitiert werden als positive Nicht-PI-Studien. Diese Befunde einer amerikanischen Arbeitsgruppe, publiziert als Research Letter in JAMA Network Open , stützen den Wert negativer Studien für die klinische Forschung und die Notwendigkeit, diese auch zu publizieren.
Die Arbeitsgruppe hatte analysiert, wie oft positive und negative Studien die Behandlungsempfehlungen von Leitlinien beeinflussten. Sie werteten randomisierte klinische Phase-3-Studien zur Krebstherapie des SWOG Cancer Research Network aus.
Als praxisbeeinflussende (PI) Studie galt eine Studie, deren Ergebnisse die empfohlene Behandlung in den klinischen Leitlinien des National Comprehensive Cancer Network unterstützten oder die in Packungsbeilagen für die Zulassung neuer Arzneimittel durch die US Food and Drug Administration zitiert wurden.
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Photographer: © Ivan Shidlovski
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Diesen Artikel so zitieren: Arzneimittel-Wechselwirkungen bei Tamoxifen-Einnahme; Viren unterstützen Gliom-Therapie; Krebsrisiko sinkt nach bariatrischer OP - Medscape - 12. Jul 2022.
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