Klinikum Braunschweig: Standortvorteil durch „Glückmanagement“ – Vorbild für anderen Kliniken?

Christian Beneker

Interessenkonflikte

28. Juni 2022

Fortbildungen, Firmentickets oder Gesundheitskurse – das bieten inzwischen viele Krankenhäuser ihren Angestellten. Im Städtischen Klinikum Braunschweig geht man aber seit November 2021 andere Wege: Hier unterstützt seit Herbst vergangenen Jahres eine „Employee Happiness Managerin“ alle, die Im Krankenhaus angestellt sind: Ärztinnen und Ärzte, Pfleger und Schwestern und Verwaltungspersonal. Also jemand, die sozusagen das Glück im Betrieb organisiert. Ihr Name: Constanze Jäger.

Sie ist dazu da, den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des 1.500-Betten-Hauses in Südniedersachsen den Rücken frei zu halten. Nicht aber mit einem Service am Arbeitsplatz, sondern im Privatleben. „Es geht um Dinge, die von unseren Mitarbeitern wegen des Schichtdienstes im Krankenhaus zuhause sonst nicht oder nur schwer erledigt werden können“, sagt Jäger zu Medscape.

 
Es geht um Dinge, die von unseren Mitarbeitern wegen des Schichtdienstes im Krankenhaus zuhause sonst nicht oder nur schwer erledigt werden können. Constanze Jäger
 

So hat Jäger sich schon um Hebammen für werdende Mütter gekümmert. Sie hat wegen des Kita-Platz-Mangels bei der Klinik-eigenen Kita in der benachbarten Einrichtung Belegplätze organisiert. Sie kümmert sich um die Organisation von Kindergeburtstagen oder unterstützt bei der Wohnungssuche. Fehlt noch ein Geburtstagsgeschenk für die Schwiegermutter? Wer macht das Catering für die Abschiedsfeier der Kollegin? Wer organisiert das Sommerfest der Intensivstation? Wer kauft für die gestresste alleinerziehende Auszubildende ein?

„Ich erhalte im Schnitt 3 bis 5 Anrufe am Tag“, berichtet Jäger. „Dann verständigen wir uns meistens kurz am Telefon oder per Mail – und ich lege los.“ Vor allem Ärztinnen und Ärzte, die aus dem Ausland kommen, profitieren von der Nanny für alle Belange. Jäger unterstützt sie bei Sprachkursen oder Behördengängen. Jäger: „Wir achten darauf, dass sich bei uns alle wohl fühlen.“

 
Ich erhalte im Schnitt 3 bis 5 Anrufe am Tag. Constanze Jäger
 

„Wir sind alle im ‚war on talents‘“

Die temperamentvolle 32-Jährige hat mit dem Happy-go-lucky-Job ihren Traumberuf gefunden, wie sie sagt. Die Mutter dreier Kinder arbeitete bereits als Erzieherin am Klinikum. „Ich kenne also den Spagat“, sagt sie. Fachlich bringt sie eine Zusatzausbildung zur Mediatorin und Supervisorin ein und Kenntnisse über gewaltfreie Kommunikation. „Und überhaupt bin ich Menschenfreundin. Das ist ja nicht hinderlich!“

Die Idee zur „Glücks-Managerin“ stammt von der Leiterin der Öffentlichkeitsarbeit im Krankenhaus, Thu Trang Tran. „Wir sind ja alle im ‚war on talents‘“, sagt sie zu Medscape. „Und wir wissen auch, dass viele Krankenhäuser inzwischen mit familienfreundlichen Arbeitsplätze werben oder mit umfangreichen Fortbildungsangeboten.“

 
Wir sind ja alle im ‚war on talents‘. Thu Trang Tran
 

Deshalb will man am Klinikum Braunschweig dort ansetzen, wo die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wirklich Stress haben: bei der Organisation des Alltags. „Wenn die Waschmaschine kaputtgeht, das Kind quengelt und gleich die Schicht beginnt, kann es für manche Mitarbeiter eng werden.“

Abgeschaut hat sich Tran die Idee von vielen Start-ups, die ein „Glücksmanagement“ installiert haben, und von Hotel Concierges, die ihre Gäste umsorgen. „Beides haben wir gemischt und daraus unsere Idee entwickelt“, berichtet Tran.

Natürlich musste man die Geschäftsführung des Krankenhauses überzeugen, das Geld für die Employee-Happiness-Managerin auszugeben und nicht etwa für eine weitere Pflegekraft. Auch unter den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern habe es anfangs einige Skepsis gegeben, sagt Jäger.

Nicht alle Kolleginnen und Kollegen waren sofort überzeugt

Inzwischen freuen sich auch Chefärztinnen und -ärzte, dass sie durch die Unterstützung der Happiness-Managerin nicht die Arbeitszeit von jungen Kolleginnen reduzieren müssen. „Durch die Mund-zu-Mund-Propaganda wird sich das Angebot auch bei noch Zurückhaltenden hoffentlich durchsetzen“, sagt Tran.

Beim Marburger Bund Niedersachsen sieht man das Projekt mit Sympathie. „Allerdings hängen viele Krankenhäuser bei solchen Initiativen deutlich hinterher“, wendet Andreas Hammerschmidt ein, 2. Vorsitzender des MB Niedersachsen. Andere Branchen seien hier viel weiter. „Allerdings kann ein Projekt wie am Klinikum Braunschweig immer nur eine Ergänzung sein“, sagt Hammerschmidt. „Am Schluss geht es immer um die auskömmliche Bezahlung von Ärztinnen und Ärzte und Pflegenden.“

 
Am Schluss geht es immer um die auskömmliche Bezahlung von Ärztinnen und Ärzte und Pflegenden. Andreas Hammerschmidt
 

Das Braunschweiger Projekt ist ein Testballon und zunächst auf 2 Jahre angelegt. „Es wird evaluiert“, sagt Tran. So wird also die Zeit zeigen, ob die Employee-Happiness-Managerin das dringend benötigte Fachpersonal ins Haus locken wird.

 

Kommentar

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