Vitamin D-Mangel wird nicht nur mit Knochen- und Muskelerkrankungen, sondern auch mit einer erhöhten Infektanfälligkeit und mit zahlreichen anderen Erkrankungen in Verbindung gebracht. Metaanalysen großer randomisierter Studien haben gezeigt, dass die Einnahme von Vitamin D-Supplementen die Sterberaten durch Krebs um etwa 13% senkt.
Die Anreicherung von Lebensmitteln mit Vitamin D kann die Vitamin D-Spiegel in ähnlicher Weise erhöhen wie die Einnahme von Vitamin D-Präparaten. Einige Länder wie die USA, Kanada und Finnland, haben diesen Weg schon länger eingeschlagen – doch in den meisten Nationen sind Behörden skeptisch.
Anreicherung verhindert schon heute 27.000 Krebstodesfälle pro Jahr
Epidemiologen am Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) unter Leitung von Prof. Dr. Hermann Brenner haben nun den möglichen Einfluss einer gezielten Anreicherung von Lebensmitteln mit Vitamin D auf die Krebssterblichkeit in Europa untersucht. Brenners Team sammelte Informationen über die Richtlinien zur Nahrungsmittelergänzung von Vitamin D aus 34 europäischen Ländern. Zudem ermittelten die Wissenschaftler aus Datenbanken die Anzahl krebsbedingter Todesfälle und die Lebenserwartung in den einzelnen Ländern.
Diese Informationen verknüpften sie mit den Ergebnissen der Studien zum Einfluss der Vitamin D-Gabe auf die Krebssterberaten. Mit statistischen Methoden schätzten sie daraus die Anzahl der krebsbedingten Todesfälle, die in den Ländern mit Lebensmittelanreicherung bereits verhindert werden. Außerdem errechneten sie die Zahl der Todesfälle, die zusätzlich vermieden werden könnten, wenn alle europäischen Länder die Anreicherung von Vitamin D in Lebensmitteln einführen würden.
Die Forscher kamen zu dem Ergebnis, dass die Vitamin D-Anreicherung aktuell etwa 27.000 Krebstodesfälle in allen betrachteten europäischen Ländern pro Jahr verhindert. „Würden alle von uns betrachteten Länder Lebensmittel mit angemessenen Mengen Vitamin D anreichern, könnten nach unseren Modellrechnungen ca. 130.000 bzw. etwa 9% aller Krebstodesfälle in Europa verhindert werden“, so Brenner. „Das entspricht einem Gewinn von fast 1,2 Millionen Lebensjahren.“
Bei Kindern ist die regelmäßige Gabe weltweit gängige Praxis
Die regelmäßige Gabe von Vitamin D bei Kindern ist zwischenzeitlich weltweit gängige Praxis. Sie hat die früher verbreitete Rachitis, die bekannteste Vitamin D-Mangelerkrankung, weitestgehend verschwinden lassen. Aber noch immer hat ein großer Teil der Bevölkerung, insbesondere der älteren Menschen, niedrige Vitamin D-Spiegel, die mit einem erhöhten Risiko zahlreicher anderer Erkrankungen in Verbindung stehen. „Die aktuellen Daten zur Senkung der Krebssterblichkeit zeigen das immense Potenzial, das eine Verbesserung der Vitamin D-Versorgung auch, aber nicht nur für die Krebsprävention, haben könnte“, erläutert Brenner. „Das sollten wir künftig besser nutzen.“
Neben der Zufuhr von Vitamin D über die Nahrung kann eine ausreichende Versorgung auch durch Sonnenbestrahlung sichergestellt werden: Der Krebsinformationsdienst des DKFZ empfiehlt, sich bei Sonnenschein im Freien zwei- bis dreimal pro Woche für etwa zwölf Minuten aufzuhalten. Gesicht, Hände und Teile von Armen und Beinen sollten für diese Zeitspanne unbedeckt und ohne Sonnenschutz sein.
Der Beitrag ist im Original erschienen auf Coliquio.de.
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Diesen Artikel so zitieren: DKFZ: Vitamin D-Supplementation könnte mehr als 100.000 Krebs-Todesfälle pro Jahr in Europa verhindern - Medscape - 28. Jun 2022.
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