Ein Pflaster, das den Damm elektrisch stimuliert, kann vorzeitige Ejakulationen hinauszögern. Zu dem Ergebnis kommt eine neue Studie, die auf der Jahrestagung 2022 der American Urological Association vorgestellt worden ist [1].
Das Pflaster für den Einmalgebrauch scheint zu wirken, indem es Männern hilft, die Muskeln des Beckenbodens zu kontrahieren und damit den Höhepunkt hinauszuzögern. Es befindet sich derzeit in der Entwicklung und könnte nächstes Jahr auf den Markt kommen.
Die Zeit bis zur Ejakulation wurde verdoppelt
Bei 34 Männern, die schon ihr Leben lang unter vorzeitigem Samenerguss gelitten haben, verlängerte sich die durchschnittliche Latenzzeit für den intravaginalen Samenerguss von etwa 67 Sekunden zu Beginn der Studie auf 123 Sekunden, als sie das Pflaster verwendeten. Der Wert gibt die Zeit zwischen dem Beginn der vaginalen Penetration und der Ejakulation an.
Weitere 17 Teilnehmer erhielten eine Scheinintervention, nämlich eine Stimulation, die sie zwar spüren konnten, die aber keine Muskeln aktivierte. In dieser Gruppe verlängerte sich die Zeit bis zur Ejakulation von 63 Sekunden auf 81 Sekunden.
Ein statistisch signifikanter Unterschied
Die längere Dauer bei aktiver Behandlung sei statistisch signifikant gewesen (p<0,0001), während der Anstieg in der Kontrollgruppe nicht signifikant gewesen sei (p=0,1653), sagte Dr. Ege Can Serefoglu. Er forscht an der Biruni-Universität in Istanbul, Türkei, und ist Chefredakteur des International Journal of Impotence Research.
Serefoglu ist auch Mitglied des wissenschaftlichen Beirats von Virility Medical, einem Unternehmen in Hod Hasharon, Israel, das den Stimulator entwickelt. Das Stimulationspflaster werde unter dem Namen vPatch vermarktet und solle 2023 auf den Markt kommen, so Serefoglu.
Nach Angaben des Unternehmens wurde es im November von der US Food and Drug Administration (FDA) zugelassen und verfügt in Europa über die CE-Kennzeichnung.

vPatch ist ein Wearable, das elektrische Impulse zur Stimulation an den Damm abgibt, um die vorzeitige Ejakulation hinauszuzögern. Das Gerät scheint zu funktionieren, indem es Männern hilft, die Muskeln im Beckenboden anzuspannen und so den Höhepunkt hinauszuzögern.
Ein häufiges Problem mit begrenzten Möglichkeiten der Intervention
Der Bedarf wäre vorhanden: Untersuchungen zeigten, dass 20-30% der Männer mit ihrer Zeit bis zur Ejakulation nicht zufrieden seien, berichtete Serefoglu.
Die Internationale Gesellschaft für Sexualmedizin definiert die vorzeitige Ejakulation als Erguss, der immer oder fast immer innerhalb von etwa 1 Minute nach der Penetration erfolgt. Betroffene sind nicht in der Lage, das Ereignis hinauszuzögern.
„Leider haben wir trotz der hohen Prävalenz keine wirklich zufriedenstellenden Behandlungsmöglichkeiten“, so Serefoglu. Topische Anästhetika können die Empfindlichkeit der Eichel verringern und selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI) können helfen, die Ejakulation zu verzögern. Diese Optionen seien jedoch nur begrenzt wirksam und kämen nur in geringem Maße zum Einsatz, sagte der Experte.
Vom Botulinumtoxin zur elektrischen Stimulation
Präklinische Studien haben gezeigt, dass die Injektion von Botulinumtoxin in den Bulbospongiosus-Muskel bei Ratten zu einer dosisabhängigen Verlängerung der Ejakulationslatenz führt.
Studiendaten zu Onabotulinumtoxin A bei vorzeitiger Ejakulation auf ClinicalTrials.gov zeigten, dass dieser Ansatz auch die Ejakulationslatenz bei Männern erhöhen könnte, berichtete Serefoglu. Allerdings traf der Arzneimittelhersteller Allergan die strategische Geschäftsentscheidung, diesen Therapieansatz nicht weiter zu entwickeln, wie dem Registereintrag auf ClinicalTrials.gov zu entnehmen ist. Sicherheitsbedenken habe es keine gegeben.
Die Idee für den vPatch stammt von Forschern, die sich fragten, ob sie statt der Lähmung der Muskeln mit Botulinumtoxin eine elektrische Stimulation verwenden könnten, um die Kontraktion dieser Muskeln auszulösen. Eine kleinere Proof-of-Concept-Studie demonstrierte die Machbarkeit und Sicherheit dieser Methode.
Details der aktuellen Studie: Elektrostimulator versus Scheinintervention
Um die Sicherheit und Wirksamkeit eines transkutanen perinealen Elektrostimulators bei vorzeitiger Ejakulation weiter zu untersuchen, wurde eine randomisierte, doppelblinde Studie mit Scheinintervention konzipiert. Die Untersuchungen, an denen auch Serefoglu beteiligt war, wurden am Rambam Medical Centre in Haifa, Israel, und an der Villa Donatello Clinic in Florenz, Italien, durchgeführt.
An der Studie nahmen Männer mit vorzeitiger Ejakulation im Alter von 18-60 Jahren teil. Ihre Partnerinnen bestimmten zu Hause die Zeit von der Penetration bis zum Erguss mit einer Stoppuhr. Den Wert erfassten sie 1-mal vorab und 4-mal während der Intervention.
Bessere Kontrolle, weniger Leidensdruck
Die Forscher fanden heraus, dass sich mit dem vPatch nicht nur die Zeit bis zur Ejakulation, sondern auch die wahrgenommene Kontrolle über die Ejakulation und die Zufriedenheit mit dem Sex verbesserten. Der Leidensdruck inklusive möglicher Probleme in der Partnerschaft nahmen ab.
Von den Teilnehmern, die eine aktive Behandlung erhielten, berichteten 73,5% über ein subjektives Gefühl der Verbesserung. In der Kontrollgruppe war dies nur bei 41,2% der Fall.
Nebenwirkungen und Kontraindikationen
Nach Angaben von Serefoglu seien keine schwerwiegenden unerwünschten Ereignisse beobachtet worden. Teilweise kam es zu Rötungen, Unbehagen und örtlich begrenzten Schmerzen, wie auf der Website des Unternehmens zu lesen ist.
Männer sollten das vPatch nicht verwenden, falls bei ihnen ein Beckentumor diagnostiziert worden ist. Davon abgeraten wird auch Patienten, die ein implantiertes elektronisches Gerät tragen, die an Diabetes mit peripherer Neuropathie oder an perinealen dermatologischen Erkrankungen, Reizungen oder Läsionen leiden.
Zu den weiteren Vorsichtsmaßnahmen gehört, dass das vPatch nicht im Wasser oder in feuchter Umgebung verwendet werden sollte. Das Gerät wurde nicht bei Paaren getestet, wenn die Partnerin schwanger ist. Generell handelt es sich um ein Produkt zum einmaligen Gebrauch.
Medikamentöse und nicht-medikamentöse Therapien kombinieren
„Das miniaturisierte Gerät zur perinealen Stimulation könnte zu einer bedarfsgerechten, nicht-medikamentösen Therapieoption werden“, hofft Serefoglu.
Prof. Dr. Bradley Schwartz, Vorsitzender der Urologie an der Southern Illinois University School of Medicine in Springfield, geht noch einen Schritt weiter: „Die Kombination der elektrischen Stimulation mit anderen Behandlungsmethoden könnte zusätzliche Vorteile bringen.“ Er moderierte die AUA-Tagung, auf der Ergebnisse der Studie vorgestellt wurden.
Schwarz sagte, mit dem Pflaster verzögere man die Zeit bis zur Ejakulation von 1 Minute auf 2 Minuten. „Wenn man von 2 auf 3 Minuten käme, würde man das Vergnügen oder die Zeit im Wesentlichen verdreifachen, was einen erheblichen Unterschied ausmachen könnte.“
Bei der Diskussion stimmte Serefoglu zu, dass die Kombination des Stimulators mit anderen Behandlungsmethoden, beispielsweise topischen Anästhetika, die Zufriedenheit der Patienten erhöhen könnte.
Ideen für neue Studien
Co-Moderatorin Prof. Dr. Kelly Healy, Assistenzprofessorin für Urologie am Columbia University Medical Center in New York City, wies auf mögliche Forschungsaspekte für neue Studien hin. Interessant wären demnach Ergebnisse bei verschiedenen Arten von Beziehungen, speziell die Zufriedenheit der Partner.
„Das ist eine perfekte Frage, die in zukünftigen Studien ebenfalls berücksichtigt werden sollte“, sagte Serefoglu. „Diese Studie konzentrierte sich hauptsächlich auf die Zufriedenheit des Mannes. Aber Männer versuchen, ihre Ejakulation hinauszuzögern, um ihre Partnerin zu befriedigen.“
Dieser Artikel wurde von Michael van den Heuvel von www.medscape.com übersetzt und angepasst.
Credits:
Photographer: © Sidelnikov
Lead image: Dreamstime.com
Medscape Nachrichten © 2022
Diesen Artikel so zitieren: Damit Mann länger kann: Elektrisches Stimulationspflaster als Option bei vorzeitiger Ejakulation? - Medscape - 23. Jun 2022.
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