Fall: Ein Patient mit Melanom und Infarkt in der Vorgeschichte leidet an Synkopen. Erkennen Sie den Zusammenhang?

Dr. Thomas Kron

Interessenkonflikte

27. Juni 2022

Bei Melanom-Patienten sollte daran gedacht werden, dass der bösartige Tumor in das Herz metastasieren kann. Falls Patienten mit Melanom in der Anamnese kardiale Symptome entwickeln, kann die Ursache dafür zwar eine koronare Herzerkrankung sein, aber auch eine Metastase des malignen Tumors sein, wie die Krankengeschichte eines Mannes zeigt. Details hat das Team um Dr. Kalyan Ram Bhamidipati (Department of Cardiology, St Helens and Knowsley Teaching Hospitals NHS Trust, Prescot, UK) in BMJ Case Reports veröffentlicht [1].

Die medizinische Vorgeschichte

Bei dem Patienten, Mitte 50, handelte es sich um einen Raucher, der wegen einer Synkope ärztliche Hilfe aufgesucht hat. Vor der Synkope verspürte er starkes Herzklopfen und danach Brustschmerzen. Zudem ergab die Anamnese, dass er seit 6 Wochen unter Husten mit weißem Schleim leidet. Außerdem hat der Mann angegeben, im gleichen Zeitraum 12 kg an Gewicht verloren zu haben. 

In der Anamnese fiel den Autoren zufolge ein Myokardinfarkt 4 Jahre zuvor auf; der Mann hatte damals einen DE-Stent erhalten. Im selben Jahr sei bei ihm außerdem im Lumbalbereich ein Melanom (kein Lymphknotenbefall, keine Fernmetastasen) entfernt worden, heißt es im Fallbericht. 

Körperliche und apparative Untersuchungen

Die Autoren fassen wichtige Untersuchungsergebnisse zusammen: 

  • Unauffälliges Herz-Kreislauf-System 

  • EKG-Befund zum Zeitpunkt der Aufnahme: feste T-Wellen-Inversion in den Ableitungen III und aVF

  • Troponin-Spiegel erhöht: bei Aufnahme 505 ng/l, Zunahme innerhalb von 4 Stunden auf 613 ng/L (Normalbereich 0-45 ng/l) 

  • Aufgrund der Verdachtsdiagnose eines NSTEMI erfolgte eine Anmeldung zur Koronarangiographie. 

Während der Patient auf die Verlegung zur Koronarangiographie wartete, traten erneut Palpitationen auf. Das EKG zeigte ventrikuläre Tachykardien, daher entschied man sich zur Kardioversion. Trotz Amiodaron-Infusion traten 2 Tachykardie-Rezidive auf. 

Nach erfolgreicher Kardioversion war ein CT des Brustkorbs/Abdomens und Beckens möglich. Die Befunde: 

  • 3 Zentimeter große Weichteilmasse in der rechten Herzspitze, in die Pleura eingedrungen.

  • Auch in der Lunge, der Leber, der Milz, der Gallenblase und der rechten Nebenniere maligne Absiedlungen

Dann folgte ein kardiales MRT:

  • Bestätigung des malignen Befundes

  • keine Anzeichen einer frischen fokalen Myokardschädigung

  • Nachweis eines rechtsventrikulären Thrombus (echokardiographisch bestätigt). 

Die behandelnden Kardiologen kamen zu dem Schluss, dass die Herzrhythmusstörungen durch den malignen kardialen Befall verursacht wurden und nicht durch koronare Ereignisse. Die hinzugezogenen Onkologen gingen von einer Metastase des Melanoms aus.

Therapie und Verlauf

Die Ärzte entschieden sich zur folgenden Behandlung: 

  • Erfolgreiche kardiale Stabilisierung mit Amiodaron (200 mg 1-mal täglich) und Mexiletin (200 mg 3-mal täglich) 

  • Tumor-Therapie: Kurz nach der Diagnose Trametinib und Dabrafenib 

  • Keine weiteren Episoden anhaltender ventrikulärer Tachykardien 

  • Anfänglich gutes Ansprechen auf die Immuntherapie, dann aber verschlechterte sich der Gesundheitszustand; der Mann starb 6 Monate nach der Erstdiagnose. 

Diskussion

Das Melanom hat nach Angaben der Autoren ein hohes Metastasierungspotenzial; etwa jeder 3. Patient entwickelt Metastasen. Von allen Neoplasien habe das Melanom die größte Neigung zur Metastasierung ins Herz; bei bis zu 50% der Melanom-Patienten mit Metastasen fänden Pathologen bei der Autopsie eine Beteiligung des Herzens, heißt es im Artikel. 

Trotz der relativ häufigen Herz-Beteiligung werde diese vor dem Tod der Patienten oft nicht erkannt. Dies sei wahrscheinlich darauf zurückzuführen, dass die kardialen Metastasen entweder asymptomatisch seien oder erst spät im Krankheitsverlauf aufträten, wenn es dem Patienten zu schlecht gehe, so dass ausführliche Untersuchungen nicht mehr sinnvoll seien.

Die Autoren schreiben weiter: Wenn kardiale Metastasen symptomatisch würden, hänge die Symptomatik von ihrer Lokalisation ab. Läsionen, die das Perikard betreffen, sind im Allgemeinen klinisch am auffälligsten und verursachen häufig hämorrhagische perikardiale Ergüsse und gelegentlich eine Tamponade. Läsionen, die das Myokard betreffen, sind oft weniger symptomatisch und können zu Reizleitungsstörungen führen, aber auch, wie im vorliegenden Fall, zu atrialen und ventrikulären Arrhythmien.

Der Beitrag ist im Original erschienen auf Univadis.de.

 

Kommentar

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