MEINUNG

Kongress-Highlight: genetische Herz-Therapien, statt Tabletten –  „unglaubliche Dynamik“ bei CRISPR & Co

Prof. Dr. Andreas Zeiher

Interessenkonflikte

10. November 2022

Ein Highlight auf dem AHA-Kongress waren für Prof. Dr. Andreas Zeiher die Studien zu Herz-Therapien auf genomischer Basis. Sie sind in der Klinik angekommen, die ersten Daten machen Hoffnung.

Transkript des Videos von Prof. Dr. Andreas Zeiher, Frankfurt

Herzlich Willkommen

von den Scientific Sessions 2022 der American Heart Association in Chicago. Mein Name ist Andreas Zeiher, ich bin Kardiologe am Universitätsklinikum Frankfurt. Nachdem wir uns 3 Jahre nicht persönlich getroffen haben, findet der Kongress in diesem Jahr wieder als Präsenzveranstaltung statt – mit vielen Besuchern und guter Stimmung. Man merkt vielen Teilnehmern die Freude an, sich wiederzusehen und Erfahrungen und Gedanken austauschen zu können.

Ein Highlight dieser Tagung ist sicher die dramatische Entwicklung der Genomic based therapies, also der Therapien, die auf genetischen Ursachen und Behandlungsstrategien fußen.

Es ist wichtig, dass wir uns damit beschäftigen, weil diese Art der Therapie schon in die klinische Routine eingegangen ist. Wir kennen alle die siRNA-Therapie mit Inclisiran. Damit ist nur der 1. Schritt getan.

Die dramatischen Entwicklungen im Rahmen der Impfung mit den RNA-Impfstoffen haben auch dazu beigetragen, dass sich im Bereich der Therapie großer Volkskrankheiten tatsächlich in Zukunft eine so genannte genetische Basis ergibt.

Antisense-Oligonukleotide

In einer sehr schönen Sitzung wurden hier die unterschiedlichen Schritte vorgestellt. Bisher gibt es die Antisense-Oligonukleotide. Das sind synthetische, kurzkettige einzelsträngige Nukleinsäuren, die in den Leberzellen aufgenommen werden und die Umschreibung der mRNA durch gewisse Gene blockieren. Damit wird das Genprodukt nicht mehr hergestellt.

Das gibt es z. B. für PCSK9 und für Lp(a). Eine sehr große Studie, auch mit deutscher Beteiligung, ist hier kurz vor dem Abschluss, die Patienten sind eingeschlossen. Aus dieser Studie werden wir lernen und wissen, ob eine 80%ige Reduktion von Lp(a) die Ereignisrate reduziert.

Alles 6 Monate eine Behandlung mit siRNAs

Eine weitere Möglichkeit genetisch einzugreifen sind die siRNAs, also small interfering RNAs. Dazu gehört z. B. Inclisiran. Sie heften sich an die mRNA für das entsprechende Gen an, zerhäckseln diese und dadurch wird das entsprechende Protein nicht mehr gebildet.

Der Vorteil der Antisense-Oligonukleotid- und siRNA-Therapie liegt auf der Hand. Man muss sie nur alle 3-4 Wochen bzw. wahrscheinlich nur alle 6 Monate (siRNA) geben. Man kommt weg von einer täglichen Tabletteneinnahme und kann große Therapieintervalle mit gutem Effekt erreichen.

CRISR-CAS-Technik

Was die Medizin sicherlich in vielen Fällen revolutionieren wird, ist die CRISPR-CAS-Technik, mit der man ganz gezielt gewisse Gene in ihrer Funktion limitieren kann. Man kann sie ganz ausschalten, quasi ausschneiden. Deswegen heißt dieses Verfahren auch Genschere. Mit einer einmaligen Behandlung kann man einen lebenslangen Effekt erreichen, was für gewisse Erkrankungen von großer Bedeutung sein wird.

Ganz im Vordergrund steht hier im Moment die Transthyretin-Amyloidose. Wenn sie das Herz befällt, führt sie zur Kardiomyopathie mit einer dramatisch schlechten Prognose mit Überlebenszeiten zwischen 3 und 8 Jahren.

Bei den Scientific Sessions sind die Daten von den ersten 15 Patienten mit dieser Erkrankung vorgestellt worden, die einmalig mit dieser Genschere behandelt worden sind (Medscape berichtete). Die einmalige Injektion führt über bisher 12 Monate Nachkontrollen zu einer Reduktion des Transthyretins um über 95%, also zu einer massiven Abnahme. Wir wissen aus anderen Studien, dass dies notwendig ist, um eine Regression der kardialen Amyloidose zu erreichen.

Mit dieser Methode ist auch bereits der erste Patient mit einer familiären Hypercholesterinämie behandelt worden, bei dem man versucht hat, das PCSK9-Gen durch eine einmalige Infusion lebenslang auszuschalten.

Natürlich ist das alles am Anfang. Aber die Dynamik ist hier unglaublich. Wir werden damit konfrontiert werden in der Zukunft. Wir müssen aber beachten, dass auch hier die Sicherheit hier im Vordergrund steht, denn es ist nicht garantiert, obwohl es keinerlei Hinweise dafür gibt, dass diese Genschere vielleicht nicht auch mal am falschen Ort aktiv wird.

Glücklicherweise sind bisher alle Sicherheitsstudien sowohl bei den Patienten als auch in den präklinischen Untersuchungen in dieser Hinsicht negativ, so dass ich davon ausgehe, dass diese Technik in die Klinik kommen wird.

In Studien ist sie bereits mit der einmaligen Behandlung zur Ausschaltung von möglichen krankheitsmachenden Mechanismen für die gesamte Lebenszeit in der Klinik angekommen. Von daher ist es auch wichtig, dass wir uns damit beschäftigen.

Deshalb war diese gut besuchte Sitzung bei den Scientific Sessions 2022 der AHA eines der Highlights, um uns auf die Zukunft vorzubereiten.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
 

Kommentar

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