PD Dr. Martin Hartmann berichtet vom Internationalen Aids-Kongress (IAC) in Montreal. Neben den HIV-Studien waren auch die Affenpocken dort ein Thema. Hier sein Update.
Schönen guten Tag,
hier ist Martin Hartmann aus der Hautklinik der Universität Heidelberg.
Ich möchte heute vom 24. Internationalen AIDS-Kongress berichten, der vom 28.7. bis 2.8. in Montreal (Kanada) stattgefunden hat. Teilgenommen haben rund 13.000 Ärzte und auch Aktivisten, 2.000 von zuhause. Es war der erste vor Ort stattfindende AIDS-Kongress seit Beginn der SARS-CoV2-Pandemie.
Viel Raum nahmen auf dem Kongress die Affenpocken ein. Auf einem speziellen Symposium (SY43) wurde nochmals umfassend zu den Affenpocken informiert.
In Afrika schon lange bekannt
Aus Nigeria kam ein Beitrag der zeigte, dass die Affenpocken in Afrika seit Jahrzehnten bekannt sind, allerdings in zwei Subtypen, und zwar der westafrikanischen Variante, die eher in Nigeria vorkommt, und die zentralafrikanische Variante in Zentralafrika im Kongogebiet.
Die westafrikanische Variante, die letztendlich auch für die sich ausbreitenden Infektionen bei MSM verantwortlich ist, hat eine geringere Sterblichkeit.
In Afrika selbst sind häufig Kinder betroffen, die Übertragung erfolgt durch kleine Nager oder Haushaltskontakte. Aber eine so vehemente Ausbreitung wie bislang bei den MSM wurde bisher noch nicht beobachtet.
Die WHO konnte auch aktuelle Zahlen vorlegen. Wir haben inzwischen in 80 Ländern Affenpocken-Fälle. Es gibt auch die ersten Todesfälle. Momentan sind überwiegend MSM betroffen, aber auch die ersten Mitarbeiter aus den Gesundheitsberufen haben sich angesteckt. Es gibt zudem die ersten Infektionen bei Frauen, auch in Deutschland sind. Die Infektion kann inzwischen auch bei Kindern nachgewiesen werden.
Wie ist die Symptomatik?
Die Symptomatik ähnelt den Windpocken. Ein Beitrag aus dem Guys Hospital, wo etwa 40% der Londoner Affenpocken-Fälle behandelt werden, zeigte, dass 80% der Patienten Prodromi haben, wie Fieber, Schwäche, Schmerzen, Schwellung der Lymphknoten, manchmal auch Magen-Darm-Beschwerden.
Dann treten die typischen Läsionen auf, nicht immer als Exanthem, also als Ausschlag, sondern beginnend im Genitalbereich oder bei orogenitalem Sex auch im Oralbereich kommt es zu den genabelten Bläschen, die im Verlauf mit Krusten abheilen können. Ist der Anus betroffen, kann es zu Proktitis kommen.
In einem Viertel der Fälle sind Antibiotika notwendig. Ansonsten reicht in der Regel eine symptomatische Therapie mit Fiebersenkung und Schmerzlinderung.
Sollte daran gedacht werden, eine Impfung als PEP zu machen, ist das im Rahmen der akuten Infektion innerhalb der ersten 4 Tage möglich.
Das Problem ist aber, dass es momentan zu wenig Impfstoff gibt. In Deutschland wird er über die HIV-Zentren verteilt. Hierfür kommen Patienten mit akuter Affenpocken-Virusinfektion in Frage, mit engem Kontakt oder mit einem erhöhten Risiko. Normalerweise erfolgt eine Grundimmunisierung mit 2 Impfungen im Abstand von 4 Wochen. Da für die zweite Impfung der Impfstoff vermutlich nicht ausreichen wird, wird ein Teil der Patienten nur einmal geimpft.
Organisation und Aufwand für die Impfung sind relativ hoch, es gibt wenige Zentren, der Bedarf ist da. Deshalb ist derzeit eine Unterversorgung zu sehen.
Beim Kongress traten Aktivisten auf, die die Politik angeschuldigt haben, dass hier zu wenig für diese Risikogruppe getan wird. Unter dem Beifall des Auditoriums wurden die Aktivisten verabschiedet.
Das war’s aus Montreal.
Vielen Dank fürs Zuhören.
Medscape © 2022
Diesen Artikel so zitieren: Neues zu Affenpocken vom Internationalen Aids-Kongress – was Experten inzwischen über den Ausbruch, Impfung und Therapie wissen - Medscape - 22. Aug 2022.
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