MEINUNG

Für 1000 Euro pro Monat „deutliche Verbesserung des Haarwachstums“ - Baricitinib bei Alopecia areata zugelassen

PD Dr. Martin Hartmann

Interessenkonflikte

11. Juli 2022

Transkript des Videos von PD Dr. Martin Hartmann, Heidelberg

Schönen guten Tag,

hier ist Martin Hartmann aus der Hautklinik der Universität Heidelberg.

Es geht heute um die Baricitinib-Therapie bei Alopecia areata.

Die Alopecia areata ist ein kreisrunder Haarausfall, der jeden treffen kann, nicht selten auch Kinder. Die Erkrankung verläuft variabel. Der Haarausfall kann sich spontan zurückbilden, oder kann in mehreren Schüben, also rezidivierend verlaufen.

Bisherige Therapien wie Lokaltherapie mit Steroiden oder Kontaktsensibilisierung mit DCP (Diphenylcypron) waren nicht sehr erfolgreich. Auch Systemtherapien z.B. mit Steroiden hatten keinen durchschlagenden Erfolg.

Jetzt ist der entzündungshemmende Januskinase-Inhibitor Baricitinib am 20. Juni 2022 durch die EU-Kommission zur Therapie der Alopecia areata zugelassen worden.

Für wen kommt die Therapie in Frage?

In den großen zulassungsrelevanten Studien BRAVE-AA1 und BRAVE-AA2 wurde bei über 1.000 Patienten gezeigt, dass mit Baricitinib 4 mg/Tag im Vergleich zu 2 mg/Tag oder Placebo fast 40% der Patienten nach 9 Monaten einen SALT-Score unter 30 erreichen.

Der SALT-Score wird bei Alopezie eingesetzt. Hier werden die haarlosen Bezirke ausgezählt, die Werte gehen von 0 bis 100. Mit Baricitinib 4 mg/Tag kommt es also zu einer deutlichen Verbesserung des Haarwachstums.

Die Therapie kommt für alle in Frage, die keine spontane Remission haben. Der Patient sollte also 3, besser noch 6 Monate warten, ob es nicht zu einer spontanen Ausheilung kommt.

In der zulassungsrelevanten Studie hatten die Patienten einen mehrjährigen Verlauf einer Alopecia areata mit mehreren Schüben, es waren also durchaus Patienten, die seit Jahren an dieser Erkrankung litten.

Die Dermatologen kennen Baricitinib, den JAK-1/2-Inhibitor, aus der Therapie der atopischen Dermatitis.

Die 4-mg-Dosierung war deutlich besser als die 2-mg-Dosierung. Nach 3 Monaten sollte ein Therapieerfolg zu sehen sein.

  • Was passiert bei Beendigung der Therapie? Man muss damit rechnen, dass dann die Wirkung wieder nachlässt.

  • Wie lange kann die Therapie durchgeführt werden? Eine Erweiterungsstudie über 1 Jahr zeigt, dass das Therapieansprechen bis zu einer Plateauphase zunimmt.

  • Was ist mit Kindern? Sie waren in der Studie ausgeschlossen. Es wird in Zukunft auch Daten bei Kindern geben, vor allem auch Safety-Daten.

  • Wie sieht das Nebenwirkungs-Spektrum aus? Vor der Therapie sollten schwere Leberfunktionsstörungen, Gerinnungsstörungen, Fettstoffwechselstörungen oder auch Tuberkulose ausgeschlossen werden. Ansonsten wird die Therapie gut vertragen. Unter der Therapie kann aber durchaus auch ein Zoster auftreten, deshalb sollte eine Impfung mit dem Patienten besprochen werden.

  • Mit welchen Kosten ist zu rechnen? Baricitinib bei Alopecia areata zählt zu den so genannten Lifestyle-Medikamenten, wie die anderen Therapien auch, und sie sind somit von der Erstattung ausgeschlossen. Der Patient muss also die Kosten von über 1.000 Euro pro Monat selber tragen. Eine Erstattung kann bei den Kassen angefragt werden. Im Moment bestehen noch wenig Erfahrungen, inwieweit das erfolgreich ist. Es bleibt abzuwarten, inwieweit sich die Patienten diese wirksame, aber teure Therapie leisten können.

Das war’s aus Heidelberg.

Vielen Dank fürs Zuhören.

 

Kommentar

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