BA.4 und BA.5 nehmen rasant zu; Bestnoten für impfende Apotheker; Komplikationen bei Neugeborenen; Neues Moderna-Vakzin

Michael van den Heuvel

Interessenkonflikte

13. Juni 2022

Im Medscape-Corona-Newsblog finden Sie regelmäßig die aktuellen Trends zu Neuinfektionen und Belegung von Intensivstationen sowie eine Auswahl von klinisch relevanten Kurzmeldungen zur Pandemie.

Corona-Newsblog, Update vom 13. Juni 2022

Der Trend nach oben setzt sich bei Infektionen mit SARS-CoV-2 weiter fort. Wie das Robert Koch-Institut (RKI) berichtet, liegt die 7-Tage-Inzidenz derzeit bei 331,8 Fällen pro 100.000 Einwohner (10. Juni: 318,7).

  • Omikron-Subtypen BA.4 und BA.5: Häufigkeit der Nachweise verdoppelt sich von Woche zu Woche

  • Befragung: Patienten sind mit impfenden Apothekern äußerst zufrieden

  • Moderna: Neuer Impfstoff in der Pipeline – nur gegen welche Omikron-Subvarianten wirkt er tatsächlich?

  • COVID-19 in der Schwangerschaft: Dem Kind drohen neurologische Störungen

  • Mehr Impfdurchbrüche bei Patienten mit HIV-Infektion

  • Expertengruppe: Alle Möglichkeiten der Herkunft von SARS-CoV-2 untersuchen

Omikron-Subtypen BA.4 und BA.5: Häufigkeit der Nachweise verdoppelt sich von Woche zu Woche

Im aktuellen Wochenbericht gibt das RKI wieder einen Überblick über die Entwicklung von Omikron-Subvarianten.

© RKI

Demnach hat der Anteil von BA.2 zwischen Woche 12 und Woche 21 stetig abgenommen. Die Anteile der Sublinien BA.2.12 und BA.2.12.1 vergrößerten sich nur leicht auf 1,1% bzw. 2,5%. Der Anteil von BA.5 hat sich innerhalb von nur 1 Woche verdoppelt. Das gilt auch für BA.4.

„Das weiterhin starke Wachstum von BA.4 und BA.5 lässt darauf schließen, dass diese Varianten in wenigen Wochen die Mehrzahl der Nachweise mittels Genomsequenzierung in der Stichprobe ausmachen“, heißt es im Report. „Damit einhergehend kann es zu einem Wiederanstieg der Infektionszahlen kommen, da diese Varianten sich aktuell stärker verbreiten als BA.1 und BA.2.“ Aus den bisherigen Daten lasse sich jedoch nicht ableiten, dass Infektionen mit BA.4 oder BA.5 schwerere Krankheitsverläufe oder anteilig mehr Todesfälle verursachten als BA.1 und BA.2.

Befragung: Patienten sind mit impfenden Apothekern äußerst zufrieden

Auch in Zeiten neuer Varianten bleiben Impfungen bedeutsam. Impfangebote in Apotheken gelten als Möglichkeit, Impfraten potenziell zu erhöhen, sind jedoch in vielen Ländern umstritten. Deutschland hat diesen Weg seit mehreren Monaten eingeschlagen.

Ziel einer neuen Studie war deshalb, die Motivation der Patienten für eine COVID-19-Impfung in einer Apotheke zu erforschen und die Zufriedenheit von Patienten und Anbietern mit dieser neuen Dienstleistung zu untersuchen.

Daten wurden zwischen Februar und April 2022 erhoben. Insgesamt flossen Angaben aus 427 Fragebögen aus 11 Apotheken in die Analyse ein. 91,5% der Teilnehmer waren mit den Services äußerst zufrieden und vergaben die Bestnote. Weitere 7,8% waren recht zufrieden. Das galt für die Terminplanung, die Wartezeit, die Information, die Hygiene, die Impftechnik und das Sicherheitsgefühl (Zufriedenheit 96,5%-97,9%). Leichte Erreichbarkeit, niedrige Hürden und Nähe waren weitere Gründe für die Inanspruchnahme dieser Dienstleistung, was von 61,8% der Befragten als Grund genannt wurde, warum sie Apotheken aufgesucht hatten.

„Daten dieser Studie sprechen stark dafür, Apotheken als zusätzliche Anbieter von COVID-19-Impfungen einzubeziehen“, so die Autoren. „Während die meisten Patienten den Dienst wohl aus Bequemlichkeit in Anspruch genommen haben, wurden die leichte Zugänglichkeit und die geringen Barrieren geschätzt.“ Dies könne möglicherweise zu höheren Impfraten beitragen.

Moderna: Neuer Impfstoff in der Pipeline – nur gegen welche Omikron-Subvarianten wirkt er tatsächlich?

Per Pressemeldung hat Moderna Daten zu dem Impfstoff-Kandidaten mRNA-1273.214 veröffentlicht. Das Vakzin enthält mRNA-1273 (Spikevax®) und eine mRNA, die auf Omikron- abzielt.

mRNA-1273.214 zeigte dem Hersteller zufolge einen 8-fachen Anstieg der neutralisierenden geometrischen mittleren Titer gegen Omikron bei seronegativen Studienteilnehmern. Das Sicherheits- und Verträglichkeitsprofil stimmt mit einer Auffrischungsdosis von mRNA-1273 überein. Ein Zulassungsantrag ist für die kommenden Wochen geplant, um die Verwendung von mRNA-1273.214 als Booster zu ermöglichen – womöglich schon im Herbst.

Alle Daten beziehen sich auf die Untervariante BA.1. Wie effektiv das Vakzin Antikörper gegen BA.4 und BA.5 induziert, wird sich zeigen. „Leider sind in der Pressemitteilung von Moderna keine Originaldaten gezeigt“, sagt Prof. Dr. Andreas Radbruch. Er ist Wissenschaftlicher Direktor des Deutschen Rheuma-Forschungszentrum Berlin (DRFZ). „Aus dem Text geht hervor, dass neutralisierende IgG-Antikörper im Blut gemessen wurden.“ Hier sei der angepasste Impfstoff besser als das Original; „um wieviel, dazu müsste man die Daten sehen“.

Radbruch: „Der eigentliche Punkt ist aber, wenn es um den Schutz vor Infektion geht, dass der davon abhängt, ob auf den Atemwegen neutralisierende Antikörper sind, und das sind vorwiegend IgA-Antikörper.“ Da der neue Impfstoff prinzipiell gleich arbeite wie der alte, sei hier keine Verbesserung zu erwarten. „Der Schutz vor schwerer Erkrankung wird weiterhin sehr gut sein, ob er bei dem binären Impfstoff besser sein wird, wird die Zeit zeigen, es wäre aber nicht überraschend, wenn er auch nicht besser wäre.“

COVID-19 in der Schwangerschaft: Dem Kind drohen neurologische Störungen

Nach mehreren Hinweisen aus epidemiologischen Studien haben Wissenschaftler gezielt untersucht, ob eine In-Utero-Exposition mit SARS-CoV-2 mit dem Risiko für neurologische Entwicklungsstörungen in den ersten 12 Monaten nach der Geburt verbunden ist.

In die retrospektive Kohortenstudie wurden lebende Nachkommen aller Mütter, die zwischen März und September 2020 in 1 von 6 Krankenhäusern in entbunden hatten. Die Kohorte umfasste 7.772 Lebendgeburten (7.466 Schwangerschaften, 96% Einlingsgeburten, 222 Geburten von SARS-CoV-2-positiven Müttern).

Frühgeburten waren bei exponierten Müttern wahrscheinlicher: 14,4% (32) gegenüber 8,7% (654; p = 0,003). Eine mütterliche SARS-CoV-2-Positivität während der Schwangerschaft war auch mit einer höheren Rate an neurologischen Diagnosen verbunden: sowohl in unbereinigten Modellen (Odds Ratio: 2,17; 95%-Konfidenzintervall: 1,24-3,79; p = 0,006) als auch in Modellen, bei denen mögliche Störgrößen berücksichtigt worden sind (bereinigte OR 1,86; 95%-KI: 1,03-3,36; p = 0,04).

Besonders stark waren die Auswirkungen auf neurologische Diagnosen des Kindes bei mütterlichen Infektionen im 3. Trimenon (bereinigte OR: 2,34; 95%-KI: 1,23-4,44; p = 0,01). Um weitere Erkenntnisse zu gewinnen, hoffen die Autoren auf prospektive Studien mit längerer Nachbeobachtung.

Mehr Impfdurchbrüche bei Patienten mit HIV-Infektion

Nicht nur Schwangere gelten als Risikogruppe. Menschen mit HIV haben nach einer Impfung eine höhere Rate an Durchbruchsinfektionen mit COVID-19 als Menschen ohne HIV, so das Ergebnis einer neuen Studie.

Die Forscher anonymisierte Gesundheitsdaten von fast 114.000 Personen, die zwischen dem 30. Juni 2021 und dem 31. Dezember 2021 entweder mit 2 Dosen des mRNA-Impfstoffs oder mit 1 Dosis des viralen Vektorimpfstoffs von J&J geimpft worden waren. Beim Vergleich von Geimpften mit und ohne HIV stellten die Forscher fest, dass die Wahrscheinlichkeit eines positiven SARS-CoV-2-Tests oder einer COVID-19-Diagnose bei Menschen mit HIV um 28% höher war. Das Risiko einer Durchbruchinfektion während des untersuchten Zeitraums lag bei 3,8% in der Nicht-HIV-Gruppe und bei 4,4% in der HIV-Gruppe.

„Diese Ergebnisse sollten alle Menschen mit HIV auf ihr erhöhtes Risiko eines COVID-19-Durchbruchs aufmerksam machen und können als Grundlage für offizielle Empfehlungen zur COVID-19-Impfung von Menschen mit HIV dienen“, sagt die Hauptautorin der Studie Prof. Dr. Keri Althoff. Sie forscht an der Johns Hopkins Bloomberg School of Public Health.

Darüber hinaus ergab die Studie, dass das Risiko einer Durchbruchsinfektion mit zunehmender Immunsuppression, gemessen an der abnehmenden Zahl der CD4-T-Zellen, anstieg. Bei Menschen mit einer CD4-Zahl, die eine mäßige Immunsuppression signalisiert, war das Risiko eines Durchbruchs im Vergleich zu Menschen ohne HIV statistisch signifikant erhöht. Dies deutet darauf hin, so Althoff, dass Menschen mit HIV und mäßiger Immunsuppression möglicherweise zusätzliche Impfstoffdosen benötigten.

Althoff und Kollegen untersuchen jetzt, ob geimpfte HIV-Infizierte nach Impfdurchbrüchen auch häufiger stationär behandelt werden müssen.

Expertengruppe: Alle Möglichkeiten der Herkunft von SARS-CoV-2 untersuchen

Ende letzter Woche hat die Scientific advisory group for the origins of novel pathogens (SAGO) der Weltgesundheitsorganisation (WHO) einen neuen Report zur Herkunft von SARS-CoV-2 veröffentlicht.

Zwar gelte eine Zoonose als wahrscheinlichere Herkunft des neuen Virus, so die Experten. Dennoch fordern sie, auch „die Möglichkeit einer Einschleppung von SARS-CoV-2 in die menschliche Bevölkerung durch einen Laborunfall zu bewerten“. Dazu seien Daten aus Ländern wie China, die mit Coronaviren arbeiteten, erforderlich. Auch Gespräche mit Forschern wünscht sich die Gruppe. Trotz der Empfehlung sei die wahrscheinlichste Theorie, dass das Virus von einem Tier über einen Zwischenwirt auf Menschen, sagt die SAGO-Vorsitzende Marietjie Venter.

 

Kommentar

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