Multiples Myelom: Für wen die autologen Stammzelltransplantation die richtige Wahl ist

Dr. Susanne Heinzl

Interessenkonflikte

10. Juni 2022

Chicago – Jüngere Patienten mit neu diagnostiziertem multiplem Myelom profitieren von einer autologen Stammzelltransplantation (ASCT) zusätzlich zu einer Dreifachtherapie mit Lenalidomid, Bortezomib und Dexamethason (RVd), gefolgt von einer Lenalidomid-Erhaltungstherapie.

Diese Ergebnisse der Phase-3-Studie DETERMINATION (Delayed vs Early Transplant with Revlimid Maintenance and Antimyeloma Triple Therapy) hat Prof.Dr.Paul G. Richardson, Jerome Lipper Multiple Myeloma Center am Dana-Farber Cancer Institute, Boston, USA, beim 2022 ASCO Annual Meeting vorgestellt und parallel im New England Journal of Medicine publiziert [1,2].

Diskutant Prof. Dr. Joseph Mikhael, Translational Genomics Research Institute, City of Hope Cancer Center, Phoenix (AZ, USA), kommentierte: „Diese Studie zeigt uns, dass die ASCT immer noch einen Platz in der Behandlung von Patienten mit multiplem Myelom hat. In der Vergangenheit haben wir dies als Frontline-Ansatz betrachtet. Die Studie liefert weitere Beweise dafür, dass es beim Zeitpunkt der Transplantation, wie bei jedem anderen Eingriff, keine perfekte Abfolge gibt und sie nicht unbedingt an vorderster Front eingesetzt werden muss.“

Initialtherapie bei jüngeren Patienten mit multiplem Myelom

Für transplantationsgeeignete Patienten mit neu diagnostiziertem multiplem Myelom ist derzeit eine ASCT mit hoch dosiertem Melphalan Standard. Induktionstherapie, ASCT und Erhaltungstherapien haben sich jedoch weiterentwickelt.

So haben sich Dreifachregime als Induktionstherapie als hoch wirksam erwiesen und eine Erhaltungstherapie mit Lenalidomid kann das Therapierergebnis der Patienten durch langanhaltende Krankheitskontrolle verbessern.

DETERMINATION-Studie in 56 Zentren

Die DETERMINATION-Studie untersuchte, ob eine Erstlinien-ASCT die Wirksamkeit der medikamentösen Dreifach-Therapie verbessern kann und wie sich eine Erhaltungstherapie mit Lenalidomid auswirkt.

Die offene, randomisierte Phase-3-Studie wurde in 56 US-amerikanischen Zentren durchgeführt. Die Untersucher schlossen zwischen Oktober 2010 und Januar 2018 Patienten im Alter bis zu 65 Jahren mit neu diagnostiziertem Myelom ein.

722 Patienten wurden nach einem Zyklus RVd in den Studienarm A mit 4-8 Zyklen RVd alleine sowie in den Studienarm B mit RVd, Melphalan-Hochdosistherapie und ASCT randomisiert. In beiden Studienarmen wurden Stammzellen gewonnen. Außerdem erhielten alle Patienten nach der Induktionsphase mit oder ohne ASCT eine Lenalidomid-Erhaltungstherapie.

Primärer Endpunkt war das progressionsfreie Überleben (PFS). Zu den sekundären Endpunkten gehörten die Ansprechrate, die Dauer des Ansprechend, die Zeit bis zur Progression, das Gesamtüberleben, die Lebensqualität und die Verträglichkeit.

Stammzelltransplantation verlängert progressionsfreies Überleben

Die Patienten wurden im Median 76 Monate nachbeobachtet. Das PFS wurde durch die ASCT von im Median 46,2 auf 67,5 Monate verlängert (Hazard Ratio:1,53; p < 0,0001).

Subgruppenanalysen zeigten einen geringeren Nutzen der ASCT bei afroamerikanischen Teilnehmern, Personen mit einem Body-Mass-Index über 25 kg/m2 und Patienten in einem höheren Krankheitsstadium.

Die Auswirkungen der minimalen Resterkrankung (MRD) auf das PFS wurden anhand von Biopsien untersucht, die zu Beginn der Erhaltungstherapie von 108 Patienten ohne ASCT und 90 Patienten mit ASCT gewonnen worden waren. In der ASCT-Gruppe waren 54,4% der Patienten MRD-negativ im Vergleich zu 39,8% der Patienten ohne ASCT. Das 5-Jahres-PFS bei MRD-negativen Patienten war in beiden Gruppen ähnlich mit 59,2% ohne ASCT und 53,5% mit ASCT (HR: 0,91).

Das Gesamtüberleben nach 5 Jahren unterschied sich nicht signifikant zwischen den beiden Gruppen; die Rate betrug 79,2% in der RVd-Gruppe allein und 80,7% in der Transplantationsgruppe (HR 1,10; p = 0,99). Das Gesamtüberleben war bei Patienten ohne minimale Resterkrankung länger als bei Patienten mit minimaler Resterkrankung (HR 0,34; p < 0,001).

63% der Patienten im Nicht-Transplantationsarm und 53% der Patienten im ASCT-Arm wurden erneut behandelt, und zwar erhielten 28% im Nicht-Transplantationsarm verzögert eine ASCT. Als weitere Folgetherapien erhielten die Patienten Immunmodulatoren wie Pomalidomid oder Lenalidomid, Proteasom-Inhibitoren z.B. Bortezomib oder Carfilzomib oder monoklonale Antikörper wie Daratumumab oder Elotuzumab. Diese Folge-Behandlungen trugen vermutlich dazu bei, dass es keinen Unterschied im OS zwischen den beiden Behandlungsarmen gab.

Mehr Nebenwirkungen nach Stammzelltransplantation

Bei Patienten der RVd-alleine-Gruppe dauerte die Behandlung im Median 28,2 Monaten, bei Patienten der ASCT-Gruppe 36,1 Monate. Die Lenalidomid-Erhaltungstherapie ging über 36,4 vs. 41,5 Monate.

Im ASCT-Arm kam es zu signifikant mehr hämatologischen Nebenwirkungen vom Schweregrad ≥ 3 (89,9 %) im Vergleich zum Arm ohne ASCT (60,5 %; p < 0,001), z.B. Neutropenie, Thrombozytopenie, Leukopenie oder Anämie.

Bei 10 Patienten mit ASCT kam es zu einem Sekundärmalignom, wie einer akuten myeloischen Leukämie oder einem myelodysplastischen Syndrom. Hiervon war kein Patient ohne ASCT betroffen.

Bei den Patienten im ASCT-Arm war die Lebensqualität während der Transplantationszeit eingeschränkt, diese Einschränkungen waren jedoch reversibel und nahmen im Laufe der Zeit ab.

Transplantation künftig mit begrenzterer Rolle?

Richardson Fazit lautete: „Unsere Ergebnisse bestätigen den PFS-Vorteil einer Transplantation als Erstlinienbehandlung für Patienten mit Myelom und bestätigen die ASCT als Behandlungsstandard bei bestimmten Triplett-Therapien. Auch die Anwendung der Lenalidomid-Erhaltungstherapie ist ein Behandlungsstandard.“ Die Studie unterstütze zudem personalisierte Therapieansätze und die Option, die ASCT als Reservetherapie für ausgewählte Patienten bereitzuhalten.

Weil es derzeit viele neue Therapien für Patienten mit multiplem Myelom gibt und Vierfach-Therapien sowie die CAR-T-Zell-Therapie in früheren Therapielinien eingesetzt werden, ist Mikhael der Ansicht, dass die Transplantation künftig eine begrenztere Rolle spielen wird.

 

Kommentar

3090D553-9492-4563-8681-AD288FA52ACE
Wir bitten darum, Diskussionen höflich und sachlich zu halten. Beiträge werden vor der Veröffentlichung nicht überprüft, jedoch werden Kommentare, die unsere Community-Regeln verletzen, gelöscht.

wird bearbeitet....