Psilocybin gegen Depressionen: Mechanismus der „magischen“ Wirkung aufgeklärt?

Michael Simm

Interessenkonflikte

3. Juni 2022

Die Kombination aus 2 klinischen Studien und Bildgebung mittels funktioneller Kernspinresonanz bei Patienten mit schweren Depressionen weist darauf hin, dass eine Therapie mit dem Halluzinogen Psilocybin die Konnektivität von neuronaler Netze im Gehirn verbessert. Zu diesem Ergebnis kamen Forscher um Dr. Richard E. Daws, Imperial College London in Nature Medicine  [1].

In den letzten 15 Jahren wurde für Psilocybin, einen halluzinogenen Inhaltsstoff mancher Pilzarten, in mindestens 6 verschiedenen Studien eine „beeindruckende Verbesserung der depressiven Symptomatik“ bei Patienten nachgewiesen, schreiben die Autoren der aktuellen Studie. Über den Wirkmechanismus ist aber noch wenig bekannt.

Abnahme der Netzwerkmodularität

Die subakuten Wirkung von Psilocybin auf die Hirnfunktion wurde in 2 klinischen Studien mit 19 bzw. 59 Patienten mit Depressionen mittels funktioneller Kernspinresonanz (fMRT) evaluiert.

In der ersten, einer offenen Studie konnten 12 Männer und 4 Frauen im durchschnittlichen Alter von 42,75 Jahren bewertet werden. Sie hatten erst 10 mg Psilocybin und eine Woche später 25 mg erhalten und wurden bezüglich ihrer depressiven Symptomatik (Beck Depression Inventory, BDI) und Unterschieden im fMRT zwischen vorher und nachher untersucht.

Wie in früheren Studien zeigte sich eine schnelle und deutliche Reduktion der BDI-Werte von durchschnittlich 34,81 binnen einer Woche um 21,0 Punkte (p < 0,001), die auch nach 6 Monaten mit – 14,71 Punkten (p < 0,001) noch evident war. Die fMRT-Resultate zeigten eine verminderte Modularität von Nervennetzwerken bereits einen Tag nach Psilocybin-Einnahme. Das Ausmaß dieses Effekts korrelierte mit der klinischen Verbesserung. „Das Resultat impliziert eine globale Zunahme der funktionalen Konnektivität zwischen den hauptsächlichen intrinsischen Netzwerken des Gehirns“, schreiben die Wissenschaftler.

In der zweiten Studie wurde doppelblind und randomisiert bei 59 Patienten mit schweren Depressionen Psilocybin (2 x 25 mg im Abstand von 3 Wochen) mit dem Antidepressivum Escitalopram (10 mg / Tag für 3 Wochen, dann 20 mg / Tag für weitere 3 Wochen) verglichen, und 3 Wochen später die fMRT durchgeführt.

 
Das Resultat impliziert eine globale Zunahme der funktionalen Konnektivität zwischen den hauptsächlichen intrinsischen Netzwerken des Gehirns. Dr.  Richard E. Daws und Kollegen
 

Die Reduktionen beim BDI waren unter Psilocybin signifikant größer, wie die Forscher bereits im Vorjahr berichtet hatten. Auch in dieser Studie korrelierte das Ansprechen auf Psilocybin (nicht aber unter Escitalopram) mit einer Abnahme der Netzwerkmodularität.

Potenzieller Biomarker für das Ansprechen auf die Therapie

Bei zunehmend besserer Beweislage für die Wirksamkeit von Psilocybin liefert die aktuelle Arbeit neue Erkenntnisse über den/einen möglichen Wirkmechanismus dieser Substanz. Darüber hinaus weisen die Autoren darauf hin, dass man einen „robusten, verlässlichen und potenziell spezifischen Biomarker“ für das Ansprechen auf die Therapie gefunden habe.

Dieser Artikel ist im Original erschienen auf  Coliquio.de .

 

Kommentar

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