Im Onko-Blog dieser Woche geht es unter anderem um Metformin in der adjuvanten Therapie des Mammakarzinoms – bei stoffwechselgesunden Frauen zeigt das Antidiabetikum keinen Effekt. Raucher mit NSCLC haben bei einer Erstlinientherapie mit Pembrolizumab bessere Überlebenschancen als Nichtraucher. Die Wirkung des Tyrosinkinase-Inhibitors Imatinib hält bei CML-Patienten lange an – so eine retrospektive Analyse eines polnischen Zentrums. Das Risiko für hämatologische Tumoren ist mit 2 weiteren Faktoren assoziiert, und zwar mit einer Clozapin-Langzeittherapie und mit einem undifferenzierten Juckreiz.
Mammakarzinom: Metformin verbessert invasives krankheitsfreies Überleben nicht
NSCLC: Rauchen mit längerem Überleben nach Pembrolizumab-Erstlinientherapie assoziiert
CML: Langzeit-Outcome nach Therapiebeginn mit Imatinib
Hämatologische Tumoren: Langzeitanwendung von Clozapin mit erhöhtem Risiko assoziiert
Hämatologische Tumoren: Undifferenzierter Juckreiz mit erhöhtem Risiko assoziiert
BRCA1 und BRCA2: Für welche Krebserkrankungen ist das Risiko erhöht?
Mammakarzinom: Metformin verbessert invasives krankheitsfreies Überleben nicht
Die Zugabe des Antidiabetikums Metformin zur Standardtherapie verbessert bei Frauen mit frühem, operablem Mammakarzinom das invasive krankheitsfreie Überleben (IDFS) und das Gesamtüberleben nicht. Die Ergebnisse der Phase-3-Studie MA.32 waren schon beim San Antonio Breast Cancer Symposium 2021 ( Medscape berichtete) vorgestellt worden. Nun hat sie die internationale Arbeitsgruppe im JAMA publiziert.
MA.32, eine internationale, randomisierte, placebokontrollierte, doppelblinde Phase-3-Studie, umfasste 3.649 Patientinnen mit nichtmetastasiertem Hochrisiko-Brustkrebs, die eine Standardtherapie und randomisiert Metformin oder Plazebo über 5 Jahre erhielten. Schon 2016 war in der Studie die Unwirksamkeit von Metformin für Frauen mit Hormonrezeptor-negativem Mammakarzinom erkannt worden, die Analyse beruhte deshalb auf 2.533 Frauen mit Hormonrezeptor-positivem Mammakarzinom, von den 1.268 Metformin und 1.265 Placebo erhalten hatten.
Nach einer medianen Nachbeobachtungszeit von 96,2 Monaten waren bei 18,4% iDFS-Ereignisse aufgetreten, und zwar bei 234 in der Metformin- und bei 231 in der Placebo-Gruppe. Die Inzidenzraten für invasives krankheitsfreies Überlebensereignisse betrugen 2,78/100 Patientenjahre in der Metformin-Gruppe und 2,74/100 Patientenjahre in der Placebo-Gruppe (Hazard Ratio: 1,01; p = 0,93).
Auch auf das Gesamtüberleben wirkte Metformin nicht: In der Metformin-Gruppe kam es zu 1,46 Todesfällen/100 Patientenjahren gegenüber 1,32 Todesfällen/100 Patientenjahren in der Placebo-Gruppe (HR: 1,10; p = 0,47).
Metformin hatte keinen Einfluss auf das Fernrezidiv-freie Überleben und das brustkrebsfreie Intervall.
Explorative Analysen bei HER2-positiven Frauen deuteten jedoch auf eine positive Wirkung von Metformin hin.
Laut begleitendem Editorial gebe es starke Hinweise, dass Metformin bei stoffwechselgesunden Personen keinen Effekt habe. Möglicherweise habe Metformin in dieser Studie sogar die Häufigkeit eines Diabetes mellitus Typ 2 reduziert. Deshalb müssten in künftigen Studien metabolische Parameter genau erhoben werden. Aufgrund der explorativen Analyse habe man nun aber starke hypothesengenerierende Daten, die auf einen potenziellen Nutzen von Metformin bei HER2-positiven Frauen hinweisen.
NSCLC: Rauchen mit längerem Überleben nach Pembrolizumab-Erstlinientherapie assoziiert
Patienten mit fortgeschrittenem nicht kleinzelligen Bronchialkarzinom (NSCLC), die zum Zeitpunkt der Diagnose rauchten und routinemäßig in der klinischen Praxis eine Erstlinien-Monotherapie mit dem PD-1-Inhibitor Pembrolizumab erhielten, überlebten länger als Nie-Raucher.
Dieser Befund deutet darauf hin, so die Schlussfolgerung der internationalen Autorengruppe in JAMA Netw Open , dass bei Nichtrauchern mit fortgeschrittenem NSCLC eine Erstlinientherapie mit Pembrolizumab möglicherweise nicht optimal ist und dass bei ihnen entsprechende Tests für eine optimierte Therapieauswahl sinnvoll sein könnten.
Die retrospektive Kohortenstudie erfasste 1.166 Patienten mit fortgeschrittenen NSCLC aus einer nationalen Real-World-Datenbank mit den Daten von mehr als 280 US-amerikanischen Krebszentren. 1.075 Patienten (92,2%) waren Raucher, 91 Patienten (7,8%) hatten nie geraucht. Nie-Raucher waren älter, häufiger weiblich und litten öfter unter einem Nicht-Plattenepithelkarzinom als frühere oder aktuelle Raucher.
Nach Adjustierung an verschiedene Parameter ergab sich für Raucher ein signifikant längeres Gesamtüberleben von 12,8 Monaten im Median im Vergleich zu 6,5 Monaten bei Nie-Rauchern (HR: 0,69). Dieser Trend wurde bei allen Sensitivitätsanalysen in der Kohorte mit Pembrolizumab als Erstlinientherapie gesehen. Bei Patienten mit einer initial Platin-haltigen Chemotherapie zeigte sich bei Rauchern jedoch ein signifikant kürzeres OS als bei Nie-Rauchern (HR: 1,2).
CML: Langzeit-Outcome nach Therapiebeginn mit Imatinib
Von den Patienten mit chronischer myeloischer Leukämie (CML), die ihre Behandlung mit Imatinib begonnen hatten, überlebten nach den Ergebnissen einer retrospektiven Studie aus einem polnischen Zentrum 98,8% 10-Jahre-, ein 75,6% 15 Jahre und 52,1% 18 Jahre. Mit Imatinib konnte also eine lang anhaltende Wirkung bei akzeptablen späten Nebenwirkungen erreicht werden, heißt die Schlussfolgerung der Autoren in Leukemia & Lymphoma .
267 CML-Patienten wurden im Median über 11,4 Jahre nachbeobachtet. 38 Patienten (14,2%) versuchten die Imatinib-Therapie nach einem tiefen molekularen Ansprechen abzusetzen, hiervon erreichten 15 eine therapiefreie Remission. 144 Patienten (53,9%) wechselten auf einen Tyrosinkinase-Inhibitor der 2. der 3. Generation, entweder wegen Intoleranz oder wegen Resistenzentwicklung.
Der EUTOS long-term survival (ELTS) Score erwies sich als bester Prädiktor für das Gesamtüberleben und ein tiefes molekulares Ansprechen. Nach Meinung der Autoren könnte eine spezifische ELTS-adaptierte Therapie zur Optimierung der Ergebnisse beitragen.
Hämatologische Tumoren: Langzeitanwendung von Clozapin mit erhöhtem Risiko assoziiert
Die Langzeitanwendung des Antipsychotikums Clozapin ist mit einem erhöhten Risiko für hämatologische Tumoren assoziiert. Dies ergab eine finnische Fallkontroll- und Kohortenstudie mit Daten von schizophrenen Patienten, deren Ergebnisse in Lancet Psychiatry erschienen sind.
Das absolute Risiko ist zwar gering, aber „unsere Ergebnisse legen nahe, dass Patienten und Betreuer zu Warnzeichen hämatologischer Tumoren informiert sein und Psychiater auf entsprechende Anzeichen und Symptome bei mit Clozapin behandelten Patienten achten sollten“, so die Schlussfolgerung der Arbeitsgruppe.
Die Arbeitsgruppe analysierte prospektiv gesammelte Daten zu schizophrenen Patienten aus finnischen nationalen Registern. Sie konstruierten eine Fall-Kontroll-Studie, in der sie Fälle von bösartigen lymphatischen und hämatopoetischem Tumoren mit bis zu 10 Kontrollen ohne Krebs nach Alter, Geschlecht und Zeit seit der ersten Schizophrenie-Diagnose abglichen.
Während einer mittleren Nachbeobachtungszeit von 12,3 Jahren traten bei 13.712 Patienten unter Clozapin 102 Fälle (0,7%) eines hämatologischen Tumors auf. Bei 44.171 Patienten unter anderen Antipsychotika erkrankten während einer mittleren Nachbeobachtungszeit von 12,9 Jahren 235 Personen (0,5%).
Die Anwendung von Clozapin war dosisabhängig mit einer erhöhten Wahrscheinlichkeit hämatologischer Malignome verbunden, während dies für die Exposition gegenüber anderen Antipsychotika nicht der Fall war. Die Assoziation bestand nur mit hämatologischen und nicht mit anderen Tumoren.
Hämatologische Tumoren: Undifferenzierter Juckreiz mit erhöhtem Risiko assoziiert
Ein nicht differenzierter Juckreiz ist im ersten Jahr nach Diagnose mit einem erhöhten Risiko für hämatologische Tumoren assoziiert. Dies ergab eine retrospektive Kohortenanalyse der Abteilung für Dermatologie der Johns Hopkins University School, Baltimore (USA), die in JAMA Dermatology erschienen ist.
Die Autoren analysierten Patientendaten aus der globalen Datenbank TrinetX Research Network. Die Studie erfasste 327.502 Patienten mit nicht näher bezeichnetem Juckreiz und 327.502 Kontrollpersonen. Erfasst werden sollten das Risiko, an einem hämatologischen Tumor zu erkranken, und der diagnostische Nutzen einer Bestimmung des Lactatdehydrogenase-Werts (LDH).
Patienten mit Juckreiz hatten ein erhöhtes 1-Jahres-Risiko für Hodgkin-Lymphom (Relatives Risiko: 4,42), myeloische Leukämie (RR: 2,56), multiples Myelom (RR: 2,38), Non-Hodgkin-Lymphom (RR: 2,35), monoklonale Gammopathie (RR: 1,90), myelodysplastisches Syndrom (RR: 1,74) und lymphatische Leukämie (RR: 1,47). Nach 5 und nach 10 Jahren war das Krebsrisiko zwar noch leicht erhöht, aber eher mit dem der Kontrollen vergleichbar. Patienten mit Pruritus hatten erhöhte LDH-Spiegel, der LDH-Spiegel zeigte aber keinen Zusammenhang mit dem Risiko für einen hämatologischen Tumor.
Die Autoren empfehlen, dass Ärzte bei Patienten mit undifferenziertem Juckreiz Symptome gründlich überprüfen und Risikofaktoren für Krebserkrankungen erfassen sollten.
BRCA1 und BRCA2: Für welche Krebserkrankungen ist das Risiko erhöht?
Pathogene Varianten von BRCA1 und BRCA2 (BReast CAncer Gene 1 und 2) sind bei Frauen mit einem erhöhten Risiko für Brust- und Eierstockkrebs assoziiert. Eine internationale Arbeitsgruppe berichtet nun im Journal of Clinical Oncology , dass sie auch mit einem erhöhten Brust-, Prostata-, Pankreas-, und Magenkrebs bei Männern verbunden sind, wobei das Risiko bei BRCA2 höher ist.
Die Arbeitsgruppe analysierte Daten von 3.184 BRCA1- und 2.157 BRCA2-Familien im Consortium of Investigators of Modifiers of BRCA1/2 auf altersspezifische relative und absolute Risiken für 22 primäre Krebsarten.
Pathogene Varianten von BRCA1 waren bei Männern mit einem erhöhten Risiko für Brustkrebs (RR: 4,3), Pankreaskarzinom (RR: 2,36) und Magenkrebs (RR: 2,17 assoziiert. Pathogene Varianten von BRCA2 waren mit erhöhtem Risiko für Brustkrebs (RR: 44,0), Magenkrebs (RR: 3,69), Pankreaskarzinom (RR: 3,34) und Prostatakarzinom (RR: 2,22) verbunden.
Diese Daten ermöglichen es, das Krebsrisiko von Männern und Frauen mit pathogenen Varianten von BRCA1 und BRCA2 besser zu bewerten. Die Ergebnisse unterstreichen die Bedeutung des Screenings auf maligne Erkrankungen des oberen Gastrointestinaltrakts für BRCA1-und BRCA2-Träger, so die Aussage der Autoren.
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Diesen Artikel so zitieren: Metformin bei Brustkrebs nutzlos; Juckreiz und hämatologische Tumoren; NSCLC: Raucher überleben länger mit Pembrolizumab - Medscape - 31. Mai 2022.
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