Kritik an impfenden Apothekern; Leitlinie für Schwangere; Wieler warnt vor Herbst; Rebound unter Paxlovid®; Risiko beim Hallensport

Michael van den Heuvel

Interessenkonflikte

30. Mai 2022

Im Medscape-Corona-Newsblog finden Sie regelmäßig die aktuellen Trends zu Neuinfektionen und Belegung von Intensivstationen sowie eine Auswahl von klinisch relevanten Kurzmeldungen zur Pandemie.

Corona-Newsblog, Update vom 30. Mai 2022

Das Infektionsgeschehen entwickelt sich weiter rückläufig. Wie das Robert Koch-Institut (RKI) berichtet , liegt die 7-Tage-Inzidenz derzeit bei 189,0 Fällen pro 100.000 Einwohner (27. Mai: 211,2).

  • Angst vor neuen Varianten

  • Ärztetag: Forderung nach Impfregister – Kritik an impfenden Apothekern

  • CDC: COVID-19-Rebound unter Paxlovid® – keine Einschränkung der Empfehlung

  • Hallensport: Ansteckungsrisiko steigt mit der Belastung

  • S2k-Leitlinie zu SARS-CoV-2 in Schwangerschaft, Geburt und Wochenbett

  • Schweres COVID-19 bei Schwangeren: Art der Empfängnis spielt keine Rolle

Angst vor neuen Varianten

Wissenschaftler raten, angesichts der niedrigen Zahlen die weiteren Planungen nicht zu vernachlässigen. Das Risiko für neue gefährliche Viren steige kontinuierlich, sagt RKI-Präsident Prof. Dr. Lothar H. Wieler. „Ich würde fast sagen, alle WissenschaftlerInnen, die sich wirklich ernsthaft und fundiert, also mit Fachwissen, mit dieser Pandemie befassen, gehen davon aus, dass im Herbst die Zahlen wieder steigen werden.“ Und weiter: „Was wir aber nicht wissen, ist – und das ist die große Unbekannte –, welche Krankheit wird das Virus machen?“ Die Politik dürfe keine Zeit verlieren bei der Arbeit an einem neuen Infektionsschutzgesetz.

Prof. Dr. Karl Lauterbach sorgt sich vor allem wegen neuer Omikron-Subvarianten. Auf Twitter schreibt der Bundesgesundheitsminister: „In den USA läuft die BA4/5 Welle jetzt schon an. Das könnte uns im Herbst bevorstehen. Die Vorbereitung muss jetzt geschehen. Eine komplette Normalität wie Herbst 2019 ist leider sehr unwahrscheinlich. Aber es wird besser als 2021.“

Ärztetag: Forderung nach Impfregister – Kritik an impfenden Apothekern

Als Lehre aus der Corona-Pandemie fordern Delegierte beim Deutschen Ärztetag die Einführung eines bundesweiten, zentralen Impfregisters. Mit dem Register sollen sowohl valide Daten über die Impfquote ermittelt als auch Erkenntnisse über die Sicherheit und Wirksamkeit von Impfstoffen gewonnen werden – bei Vakzinen gegen COVID-19, aber auch bei sonstigen Vakzinen.

In einem weiteren Beschluss spricht sich der Ärztetag deutlich gegen Impfungen in Apotheken aus. Mögliche Komplikationen müssten beherrscht werden. Die Delegierten thematisieren zudem erforderliches Wissen bei Schwangeren oder bei chronisch Kranken, etwa Menschen mit Autoimmunerkrankungen. „Diese Kenntnisse können nicht im Rahmen ärztlicher Schulungen vermittelt werden“, heißt es in einer Erklärung.

Derzeit bieten Apotheken Impfungen gegen COVID-19 an. Die Impfung gegen Influenza, bislang nur Teil von Modellprojekten, geht nach einem Bundestagsbeschluss in die Regelversorgung über.

CDC: COVID-19-Rebound unter Paxlovid® – keine Einschränkung der Empfehlung

Die Kombination Nirmatrelvir/Ritonavir (Paxlovid®) wird Patienten mit leichten bis mittelschweren COVID-19-Symptomen und mit hohem Risiko für einen schweren Verlauf empfohlen. Studien zufolge verringert die Pharmakotherapie die COVID-19-Mortalität signifikant.

Jetzt warnen die Centers for Disease Control and Prevention (CDC) Ärzte, dass COVID-19 unter Paxlovid® erneut auftreten kann. Fallberichte zeigen, dass einige Patienten mit normaler Immunantwort, die eine 5-tägige Behandlung mit Paxlovid® abgeschlossen haben und sich erholt haben, 2 bis 8 Tage später nochmals erkranken können, einschließlich Patienten, die geimpft und/oder geboostert sind.

Derzeit gebe es kaum Daten, schreiben die CDC. Viel deute jedoch darauf hin, dass ein Rebound in Zusammenhang mit Paxlovid® zu leichten Symptomen führe. Es lägen keine Berichte über schwere Erkrankungen vor, heißt es in der Meldung. Derzeit gebe es auch keine Hinweise, dass bei Verdacht auf einen COVID-19-Rebound eine zusätzliche Behandlung mit Paxlovid® oder mit anderen Medikamenten erforderlich sei.

Paxlovid® werde weiterhin zur Behandlung von leichtem bis mittelschwerem COVID-19 im Frühstadium bei Personen mit hohem Risiko für eine Progression zu einer schweren Erkrankung empfohlen, heißt es in der Mitteilung.

Hallensport: Ansteckungsrisiko steigt mit der Belastung

Die Aerosolemission nimmt bei hoher körperlicher Belastung exponentiell zu. Damit steigt beim Sport in Innenräumen auch das Ansteckungsrisiko für COVID-19 stärker als erwartet, wie Forscher aus München berichten.

Zuvor war bekannt, dass sich das Atemvolumen untrainierter Menschen von etwa 5 bis 15 Litern pro Minute in der Ruhe auf über 100 Liter pro Minute beim Sport erhöht. Außerdem wussten die Forscher, dass sich häufig Menschen bei körperlicher Belastung in geschlossenen Räumen mit SARS-CoV-2-Viren anstecken, wenn sie keine Masken tragen. Unklar war jedoch, wie sich die Intensität körperlicher Belastung auf die Konzentration von Aerosolpartikeln in der Atemluft sowie auf den konkreten Ausstoß von Aerosolpartikeln durch eine Person pro Minute und damit auch auf das potentielle Ansteckungsrisiko für Infektionskrankheiten wie SARS-CoV-2 auswirkt. 

Die Forschenden haben bei gesunden Probanden (Alter 18 bis 40) während steigender Ergometer-Belastung die emittierten Aerosolpartikel gemessen und mit der Ergometer-Leistung abgeglichen. Dabei stieg die Emission von Aerosolpartikeln bei maximaler Belastung im Durchschnitt um das 132-Fache, und zwar von 580 ± 489 Partikeln/min in Ruhe auf 76.200 ± 48.000 Partikel/min. Zudem stellten die Forscher fest, dass die Aerosolemission im Mittel bis zu einer Belastung von etwa 2 Watt pro Kilogramm Körpergewicht zunächst nur moderat zunimmt, darüber jedoch exponentiell. 

„Aufgrund der stark ansteigenden Aerosolemission bei hochintensiven Belastungen über diesem ersten Richtwert sind bei hoher Gefahr von Infektionen mit schweren Konsequenzen besondere Schutzmaßnahmen wichtig“, erklären die Wissenschaftler.  „Im Idealfall wird ein derartiges Training nach draußen verlegt.“

S2k-Leitlinie zu SARS-CoV-2 in Schwangerschaft, Geburt und Wochenbett

Ärzte entdecken SARS-CoV-2-Infektionen bei Schwangeren oft im Rahmen von Screenings in der Geburtsklinik. Wie bei den Patientinnen vorzugehen ist, fasst die neue S2k-Leitlinie zu SARS-CoV-2 in Schwangerschaft, Geburt und Wochenbett zusammen.

Die wichtigsten Empfehlungen:

  • Ein Screening auf SARS-CoV-2 soll bei jeder stationären oder ambulanten Aufnahme erfolgen. Daten des Deutschen CRONOS-Registers haben ergeben, dass rund 55% der infizierten Schwangeren asymptomatisch sind. Bei 86,4% von ihnen wird die Infektion erst beim Test in der Klinik erkannt.

  • Kommt es zu einer Infektion während der Schwangerschaft, so sollte bei der Betreuung der Patientinnen nicht vom geburtshilflichen Standard und den Vorgaben der Mutterschaftsrichtlinien abgewichen werden.

  • Um die Kapazitäten in den Kliniken nicht übermäßig zu strapazieren, wird eine Hospitalisierung erst empfohlen, wenn die Symptome den Allgemeinzustand deutlich beeinträchtigen oder ein erhöhtes Risiko für einen schweren Verlauf zusätzlich zur Schwangerschaft vorliegt.

  • Die initiale Labordiagnostik sollte Differentialblutbild, CRP, LDH, AST/ALT, Kreatinin, sowie D-Dimere, Prothrombinzeit, aktivierte partielle Thromboplastinzeit (aPTT), Fibrinogen und Urindiagnostik (Proteinurie/Albuminurie, Hämaturie, Leukozyturie) umfassen und regelmäßig kontrolliert werden.

  • Bei respiratorischer Insuffizienz oder bei Verdacht auf eine Lungenembolie sollen ergänzend bildgebende Verfahren eingesetzt werden. Dies kann den Einsatz von Verfahren mit ionisierenden Strahlen (z.B. Röntgen/CT) notwendig machen.

  • Bei einer SARS-CoV-2-infizierten Schwangeren soll unter der Geburt eine kontinuierliche Überwachung einschließlich der Messung der Sauerstoffsättigung durchgeführt und ein SpO2 ≥ 94 % angestrebt werden.

Schweres COVID-19 bei Schwangeren: Art der Empfängnis spielt keine Rolle

Infizieren sich Schwangere mit SARS-CoV-2, erkranken sie im Vergleich zu nicht schwangeren Frauen häufiger schwer an COVID-19. Schwangere müssen mit höherer Wahrscheinlichkeit im Krankenhaus intensivmedizinisch behandelt werden. Außerdem steigt das Risiko für Früh- und Totgeburten sowie für Komplikationen bei Neugeborenen. Die Art der Empfängnis – ob auf natürlichem Wege oder mit medizinischer Unterstützung – spielt dabei aber offenbar keine Rolle, wie Forscher jetzt berichten.

Für eine Studie haben sie die Schwangerschaftsverläufe von 1.485 infizierten Frauen aus rund 100 deutschen Geburtskliniken verglichen. Die Daten stammen aus dem CRONOS-Register zur Bewertung des Risikos einer Corona-Infektion für Schwangere und deren Neugeborene. Beobachtet wurden dabei in der Klinik positiv getestete Patientinnen, die während ihrer Schwangerschaft vorstellig wurden – vom Verlauf des Wochenbetts bis 6 Wochen nach der Geburt.

Zwar ist das Risiko für geburtshilfliche und neonatale Komplikationen bei Schwangerschaften nach medizinisch unterstützter Empfängnis höher. „Das liegt jedoch an entsprechenden Vorerkrankungen wie Diabetes, Adipositas und Bluthochdruck, einem höheren Alter der Schwangeren oder Mehrlingsschwangerschaften, wie sie vor allem bei dieser Gruppe von werdenden Müttern zu finden sind“, betonen die Autoren. Die Art der Empfängnis sei jedoch kein Risikofaktor für einen schweren COVID-Verlauf.

Für den Blog wurde u.a. Material von Univadis.de verwendet.

 

Kommentar

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