Prognose mit Biomarkern und Lebensstil: Mehr als 20 Jahre Verlust an Lebenszeit bei Männern mit hohem Risiko

Redaktion Univadis

Interessenkonflikte

3. Juni 2022

Eine kombinierte Analyse von Lebensstil-Faktoren und alterungsbezogenen Serum-Biomarkern hat hohe Vorhersagekraft für die Lebenserwartung. Dies ermittelten Wissenschaftler des Deutschen Krebsforschungszentrums Heidelberg. Beispielsweise müssen Männer mit den ungesündesten Lebensgewohnheiten und einem ungünstigen Biomarker-Profil mit einem voraussichtlichen Verlust von über 22 Lebensjahren rechnen [1].

Wie lässt sich die Lebenserwartung quantifizieren? 

Zum Hintergrund: Dass ein ungesunder Lebensstil Lebensjahre rauben kann, ist durch zahlreiche Studien belegt. Wie groß die schädlichen Effekte tatsächlich sein können, haben Wissenschaftler aus dem Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) bereits vor einigen Jahren präzise ermittelt: Menschen, die alle Empfehlungen zur Gesundheitsprävention beherzigen, leben bis zu 17 Jahre länger als Zeitgenossen mit sehr ungesunden Lebensgewohnheiten. 

Doch das biologische Altern hängt nicht nur von diesen beeinflussbaren Lebensstilfaktoren ab. Auch sozioökonomische Faktoren spielen eine Rolle, ebenso die individuelle genetische Ausstattung. Der funktionelle biologische Abbau spiegelt sich in einer Vielzahl an Blut-Biomarkern wider. „Wir wollten nun wissen, ob wir die Lebenserwartung noch präziser vorhersagen können, wenn wir zusätzlich geeignete Serum-Biomarker bestimmen”, sagt Rudolf Kaaks, Epidemiologe am DKFZ.

 
Wir wollten nun wissen, ob wir die Lebenserwartung noch präziser vorhersagen können, wenn wir zusätzlich geeignete Serum-Biomarker bestimmen. Rudolf Kaaks  
 

5 Blut-Biomarker zeigen biologisches Alter an

Experten aus verschiedenen Fachdisziplinen hatten kürzlich ein Panel an Blut-Biomarkern ausgewählt, die eng mit der Lebenserwartung korrelieren und zuverlässig und einfach messbar sind. Die fünf Marker, die das Heidelberger Team nun aus diesem Panel auswählte, sind relevante physiologische Indikatoren für verschiedene Aspekte des biologischen Alterns:

  • Der Growth differentiation factor 15 (GDF-15) zeigt oxidativen Stress, Entzündungen und Mitochondrien-Fehlfunktion an.

  • Der Cystatin C-Spiegel gibt Hinweise auf die Nierenfunktion.

  • NT-proBNP zeigt Herzschäden an.

  • Erhöhte Werte des „Glykohämoglobin” HbA1c signalisieren Diabetes und ungesunden Stoffwechsel.

  • Das C-reaktive Protein CRP ist ein Marker für systemische Entzündungen.

Für die aktuelle Untersuchung konnten Forscher auf die Blutproben der Heidelberger EPIC-Teilnehmenden zugreifen. Das DKFZ ist seit über 20 Jahren an dieser gesamteuropäischen Untersuchung zum Zusammenhang von Ernährung, Lebensstilfaktoren und Krebs beteiligt. Die Heidelberger EPIC-Kohorte umfasst über 25.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmer im mittleren bis höheren Lebensalter. 2571 Teilnehmer waren zum Ende der Nachbeobachtungsperiode (2014) bereits gestorben.

Das DKFZ-Team ermittelte für alle Studienteilnehmenden ein Profil von lebensstilbezogenen Risikofaktoren (Rauchen, Body-Mass-Index, Hüftumfang, Alkoholkonsum, körperliche Aktivität, Diabetes, Bluthochdruck). 

Berücksichtigte die Forschergruppe allein dieses Profil, so lag die Lebenserwartung von Männern mit dem günstigsten Profil 16,8 Jahre höher als die von Studienteilnehmenden mit den ungesündesten Lebensgewohnheiten. Bei den Frauen betrug dieser Unterschied nur 9,87 Jahre.

Ungesunder Lebensstil kostet Männer mehr als 20 Jahre

Wurden zusätzlich zum Lebensstil die Serummarker einberechnet, so ergab sich eine Differenz von 22,7 Lebensjahren zwischen Männern mit den ungünstigsten Werten gegenüber der günstigsten Gruppe. Bei Studienteilnehmerinnen betrug diese Differenz 14 Jahre.

„Der voraussichtliche Verlust an Lebenserwartung ist ein geeigneter und leicht verständlicher Messwert, den beispielsweise Ärzte nutzen können, um ihre Patientinnen und Patienten zu motivieren, ungesunde Gewohnheiten aufzugeben. Auch könnten damit Menschen mit besonders hohen gesundheitlichen Risiken identifiziert werden, die von direkten Interventionen profitieren könnten”, erklärt Erstautor Bernard Srour. „Durch die Kombination von Lebensstilfaktoren plus Serummarkern kann die Vorhersagekraft für die Lebenserwartung noch weiter verbessert werden.” 

 
Der voraussichtliche Verlust an Lebenserwartung ist ein geeigneter und leicht verständlicher Messwert, den beispielsweise Ärzte nutzen können, um ihre Patientinnen und Patienten zu motivieren, ungesunde Gewohnheiten aufzugeben. Bernard Srour  
 

Der Beitrag ist im Original erschienen auf Coliquio.de.

 

Kommentar

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