Neue Daten zur Therapie des Mammakarzinoms: Ergebnisse vom ESMO Breast Cancer Kongress 2022

Dr. Susanne Heinzl

Interessenkonflikte

10. Mai 2022

Im Onko-Blog dieser Woche stellen wir einige Studien vor, deren Ergebnisse beim ESMO Breast Cancer 2022 Meeting in Berlin präsentiert worden sind [1]. Viele Präsentationen befassten sich mit weiteren Auswertungen bereits vorgestellter Studien, die jedoch häufig Anregungen für weitere Forschungen bieten: beispielsweise die Befunde, dass die räumliche Verteilung von Antigenen in einem Tumor mit dem Ansprechen auf eine Therapie mit Trastuzumab-Deruxtecan assoziiert ist.  

  • Trastuzumab-Deruxtecan: TUXEDO-1-Studie bei Frauen mit Hirnmetastasen

  • Trastuzumab-Deruxtecan: Räumliche Verteilung von Antigenen mit Therapieansprechen assoziiert

  • Sacituzumab-Govitecan: Mehr unerwünschte Wirkungen und Dosisverzögerungen

  • Ribociclib plus Fulvestrant: Update der MONALEESA-3-Studie zeigt anhaltenden Überlebensvorteil in der Erstlinientherapie

  • CDK4/6-Inhibitoren: Kein Effekt auf Fertilität bei jungen Frauen

  • Ceralasertib + Olaparib: Kein verlängertes PFS bei dreifach negativem Mammakarzinom 

Trastuzumab-Deruxtecan: TUXEDO-1-Studie bei Frauen mit Hirnmetastasen

Bei Patientinnen mit HER2-positivem Mammakarzinom und aktiven Hirnmetastasen führt die Behandlung mit dem Antikörper-Arzneistoff-Konjugat Trastuzumab-Deruxtecan zu hohen intrakraniellen Ansprechraten. Dies zeigen die Ergebnisse der Phase-2-Studie TUXEDO-1, die Prof. Dr. Rupert Bartsch von der Medizinischen Universität Wien vorgestellt hat (Abstract 165M0). 

In der einarmigen Phase-2-Studie erhielten 15 Patientinnen mit aktiven Hirnmetastasen Trastuzumab-Deruxtecan bis zur Progression oder inakzeptablen Toxizität. 

In der Intention-to-Treat-Population (n=15) betrug die intrakranielle Ansprechrate 73,3%, in der Per-Protokoll-Population 78,6% (n=14). Nach einer medianen Nachbeobachtungszeit von 11 Monaten lag das progressionsfreie Überleben bei 14 Monaten. 

Die wichtigsten nicht-hämatologischen Toxizitäten waren Müdigkeit Grad 1/2 (86,7%), Übelkeit (46,7%) und Durchfall (26,7 %). Eine Dosisreduktion war bei 9 Patienten erforderlich; 4 Patienten hatten schwerwiegende Nebenwirkungen. Bei jeweils einem Patienten wurde eine interstitielle Lungenerkrankung Grad 2 und ein symptomatischer Abfall der linksventrikulären Auswurffraktion beobachtet.

Trastuzumab-Deruxtecan: Räumliche Verteilung von Antigenen mit Therapieansprechen assoziiert

Die räumliche Verteilung der HER2-exprimierenden Zellen spielt für die Ansprechrate auf das Antikörper-Arzneistoff-Konjugat Trastuzumab-Deruxtecan offenbar auch eine Rolle. Dies ergaben Biomarkeranalysen von Patienten aus der DAISY-Studie, vorgestellt von Dr. Maria Fernanda Mosele, Gustave Roussy, Villejuif, Frankreich (LBA1). 

Clustering-Algorithmen ergaben, dass Cluster mit geringem Ansprechen einen hohen Prozentsatz an HER2-negativen Zellen aufwiesen. Waren HER2-exprimierende Zellen dichter geclustert, war die Ansprechrate höher. 

Nach Aussage von Prof. Dr. Aditya Bardia, Boston, in einer Pressemitteilung der ESMO liefert die Studie wichtige Hinweise darauf, dass das Ansprechen auf die Behandlung nicht allein durch das Vorhandensein oder Fehlen des HER2-Antigens beeinflusst wird, sondern auch durch seine räumliche Verteilung innerhalb des Tumors. Diese Ergebnisse könnten Forscher dazu motivieren, die räumliche Verteilung von Antigenen innerhalb von Tumoren genauer zu untersuchen.

Sacituzumab-Govitecan: Mehr unerwünschte Wirkungen und Dosisverzögerungen

Die Behandlung mit dem Antikörper-Arzneistoff-Konjugat (ADC) Sacituzumab-Govitecan ist bei Frauen mit HER-2-negativem Mammakarzinom und hohem Rezidivrisiko häufiger mit unerwünschten Wirkungen und verzögerter Dosierung verbunden als eine Behandlung nach Wahl des Arztes. Dies zeigte eine Zwischenanalyse der Phase-3-Studie SASCIA, die Prof. Dr. Frederik Marmé, Universitäts-Frauenklinik Mannheim, präsentiert hat (Abstract 580). 

SASCIA ist eine derzeit laufende prospektive, offene Phase-3-Studie der German Breast Group (GBG) in Zusammenarbeit mit der AGO-B, in der Frauen mit HER2-negativem Mammakarzinom und Resterkrankung nach neoadjuvanter Chemotherapie randomisiert mit Sacituzumab-Govitecan oder nach Wahl des Arztes (Capecitabin, Carboplatin oder Beobachtung) behandelt werden. 

In der ersten Zwischenanalyse waren bei allen 45 Frauen der Sacituzumab-Govitecan-Gruppe und bei 37 von 43 Frauen der Vergleichsgruppe unerwünschte Wirkungen aufgetreten. Zu Nebenwirkungen vom Schweregrad 3 oder 4 kam es bei 66,7% unter ADC und bei 20,9% in der Kontrollgruppe. Hierbei waren unter dem ADC vor allem hämatologische Nebenwirkungen häufiger.

Unter Sacituzumab-Govitecan hatten 13,6%, unter Capecitabin 9,4% die Therapie vorzeitig abgebrochen. Die Gabe des ADC erfolgte bei 66,7%, von Capecitabin bei 43,2% verzögert. 

Nach Aussage der Autoren waren die unerwünschten Wirkungen der ADC-Therapie gut beherrschbar, die Studie wird wie geplant fortgesetzt.

Ribociclib plus Fulvestrant: Update der MONALEESA-3-Studie zeigt anhaltenden Überlebensvorteil in der Erstlinientherapie

Eine explorative Analyse der MONALEESA-3-Studie ergab bei nicht vorbehandelten Patientinnen mit fortgeschrittenem Hormonrezeptor-positivem, HER2-negativem Mammakarzinom bei Behandlung mit Ribociclib plus Fulvestrant eine bislang in einer Phase-3-Studie noch nicht gesehene Überlebenszeit von 67,8 Monaten. Dies bedeutet eine Verbesserung um 15,8 Monate im Vergleich zu Fulvestrant allein und eine Reduktion des Sterberisikos um 33%, so Prof. Dr. Patrick Neven, Universitätsklinik Leuven (Abstract LBA4).

Die Daten wurden nach einer medianen Nachbeobachtungszeit von 5 Jahren analysiert. Ribociclib plus Fulvestrant (n=237) erreichte in der Erstlinientherapie ein medianes Gesamtüberleben (OS) von 67,6 Monaten, Fulvestrant allein von 51,8 Monaten (n=128) (Hazard Ration [HR] 0,673). 

Die geschätzte Überlebensrate nach 5 Jahren lag bei 56,5% in der Kombinationsgruppe im Vergleich zu 42,1% in der Fulvestrant-Gruppe. Es wurden keine neuen unerwünschten Ereignisse beobachtet.

CDK4/6-Inhibitoren: Kein Effekt auf Fertilität bei jungen Frauen

Die Behandlung mit dem CDK4/6-Inhibitor Palbociclib zusätzlich zu endokriner Therapie hat bei jungen Frauen mit Hormonrezeptor-positivem, HER2-negativem frühem Mammakarzinom keine Auswirkungen auf den Hormonspiegel. Jenny Furlanetto von der GBG Forschungs GmbH, Neu-Isenburg, hat dies als Ergebnis einer explorativen Analyse der Phase-3-Studie PENELOPE-B berichtet (Abstract 60M0).

Die Phase-3-Studie PENELOPE-B hat die Wirksamkeit und Verträglichkeit von Palbociclib plus endokriner Therapie im Vergleich zu Placebo plus endokriner Therapie bei Frauen mit frühem HR+, HER2-negativem Brustkrebs nach neoadjuvanter Chemotherapie verglichen. Mit der Kombination konnte das invasive krankheitsfreie Überleben jedoch nicht verbessert werden. 

Nun ergab die Analyse der Daten von 576 Frauen, dass die Konzentration von Östradiol, follikelstimulierendem Hormon und Anti-Müller-Hormon (als Maß für die ovarielle Reserve) nach der Behandlung mit Palbociclib plus endokriner Therapie im Vergleich zum Ausgangswert nicht signifikant verändert waren. 

In einer Pressemitteilung der ESMO kommentiert Prof. Dr. Matteo Lambertini, Universität Genua: „Diese explorative Analyse ist wichtig, da sie die erste ist, die über dieses Thema berichtet. Auf der Grundlage der vorgelegten Daten zu den Hormonspiegeln ist es jedoch verfrüht zu schlussfolgern, dass CDK4/6-Inhibitoren die Ovarialfunktion nicht beeinträchtigen: Es sind umfassendere Langzeitdaten erforderlich.“ 

Weil die Kombinationstherapie das invasive krankheitsfreie Überleben nicht verlängert hat, stellte Lambertini die Bedeutung der Ergebnisse für die klinische Praxis in Frage.

Ceralasertib + Olaparib: Kein verlängertes PFS bei dreifach negativem Mammakarzinom 

Der ATR-Inhibitor Ceralasertib verbesserte bei zusätzlicher Gabe zu Olaparib bei Frauen mit dreifach negativem Mammakarzinom (TNBC) das progressionsfreie Überleben im Vergleich zu Olaparib allein nicht. Dies ergab die Phase-2-Studie VIOLETTE, deren Ergebnisse Prof. Dr. Andrew Tutt, London, vorstellte (Abstract 1610). 

Das Ataxia telangiectasia and Rad3-related (ATR) Protein ist eine Serin-Threonin-Kinase, die an der DNA-Reparatur beteiligt ist. Ceralasertib ist ein ATR-Inhibitor, der in präklinischen Modellen synergistische Wirkungen mit Olaparib gezeigt hatte.

In der offenen Phase-2-Studie wurden 112 Frau mit vorbehandeltem, metastasierten TNBC mit Olaparib plus Ceralasertib und 114 mit Olaparib allein behandelt. Ein 3. Arm mit Olaparib plus Adavosertib wurde wegen unerwarteter hämatologischer Toxizität vorzeitig abgebrochen.

Das progressionsfreie Überleben in der Ceralasertib/Olaparib-Gruppe war mit 5,3 Monaten im Median nicht signifikant unterschiedlich von der Olaparib-Gruppe mit 3,6 Monaten (HR 0,79; p=0,18). Auch die Ansprechraten unterschieden sich nicht. 

Der ATR-Inhibitor wird noch bei weiteren Entitäten, z.B. Ovarialkarzinom untersucht. 

 

Kommentar

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