Besoffen durch die Pandemie: Todesfälle unter Alkohol haben im Lockdown zugenommen

Dr. Jürgen Sartorius

Interessenkonflikte

3. Mai 2022

In den USA haben Todesfälle im Zusammenhang mit Alkohol im Jahr 2020 nicht nur deutlich stärker zugenommen als in den Jahren zuvor, sondern auch überproportional zur Gesamtsterblichkeit im 1. Jahr der COVID-Pandemie. Auch in Europa haben Umfragen ergeben, dass unter Lockdown-Bedingungen der Missbrauch von Alkohol und anderen Drogen zugenommen hat.

In den USA lag die Rate der Todesfälle im Zusammenhang mit Alkohol in 2020 mit 34,4/100.000 um 25,9% hochsignifikant höher als 2019 mit 27,3/100.000. Die Rate der Todesfälle insgesamt stieg in 2020 mit 1.094/100.000 dagegen lediglich um 16,6% gegenüber 2019 mit 938/100.000, ebenfalls hochsignifikant (p<0,001).

Somit stieg der Anteil der Alkohol-bedingten Todesfälle an der Gesamtzahl in dieser Zeit von 2,8% auf 3,0%. Das bedeutet eine Fallzahl von über 20.000 und einen mehr als 10-fachen Anstieg als in den 20 Jahren zuvor.

Die Zahlen sind in einem Research Letter im Journal of the American Medical Association (JAMA) publiziert [1].

In den USA offizielle Statistiken zu Todesfällen unter Alkoholeinfluss

Die Zunahme bei Frauen lag höher als bei Männern (27,3 vs. 25,1%) und bei den jüngeren Menschen unter 45 Jahren höher als bei den älteren von ab 45 Jahren, mit über 35% am höchsten bei den 25- bis 44-Jährigen.

Die Todesfälle in Bezug auf Leberschädigungen durch Alkohol stiegen um 22,4%, in Bezug auf Verhaltensänderungen durch Alkohol um 35,1%.

Todesfälle, bei denen zu Alkohol auch noch die Wirkung von Opiaten hinzukam, stiegen je nach Substanz um 40,8% bis zu 59,2%. Alle Daten stammen aus offiziellen Quellen des National Institute for Health Statistics der USA.

In ihrer Diskussion schreiben die Autoren um Dr. Aaron M. White, National Institute of Alcohol Abuse and Alcoholism, Bethesda, Maryland, USA, dass diese statistischen Ergebnisse verschiedene Ursachen zusammenfassen:

  • zum einen den Umgang mit pandemisch bedingten Stressfaktoren wie Isolation, erzwungenes Homeoffice, finanzielle Probleme und Zukunftsängste,

  • zum anderen aber auch erzwungene Unterbrechungen von Therapien der Alkoholkrankheit und fehlende soziale Kontrolle.

In Europa: Alkoholkonsum im Lockdown per Online-Befragung untersucht

Entsprechende Todesfallstatistiken gibt es aus Europa zwar nicht, wohl aber Befragungen zum Thema Alkohol-, Tabak und Drogenkonsum unter Lockdown-Bedingungen aufgrund von COVID-19. Eine Online-Befragung von 2.150 Erwachsenen aus Deutschland im April 2020 ergab eine klare Korrelation zwischen erhöhtem Alkohol- und Tabakkonsum und dem Lockdown.

Seit dem Beginn der Ausgangsbeschränkungen tranken demnach 37,4% der Befragten mehr Alkohol und 42,7% rauchten mehr. Auch das Erleben von Stress und Ängsten durch die Auswirkungen von COVID-19 wurde abgefragt. Danach neigten Personen mit einem erhöhten Stresslevel zu vermehrtem Konsum von Alkohol und Tabak.

Eine Online-Befragung von knapp 2.000 Studierenden aus Belgien zu Motiven und Ausprägung vor und während des Lockdowns zeigt einen im Mittel verringerten Alkoholkonsum auf. 2 Drittel der Befragten gaben an, weniger zu trinken als vor dem Lockdown. Diese Gruppe berichtete von überwiegend sozialen Motiven für das Trinken.

Ein Anteil von 17,2% dagegen gab mit Coping verbundene Begründungen für einen gesteigerten Alkoholkonsum an.

 

Kommentar

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