Früh handeln und Sterberate senken: Auch hospitalisierte Patienten mit akuter Herzinsuffizienz profitieren von SGLT2-Inhibition

Nadine Eckert

Interessenkonflikte

26. April 2022

Der frühe Einsatz des SGLT2-Inhibitors Empagliflozin ist bei mit akuter Herzinsuffizienz hospitalisierten Patienten mit einem signifikanten klinischen Nutzen assoziiert. Sowohl Todesfälle als auch Herzinsuffizienz-Ereignisse seien signifikant reduziert gewesen, wie Prof. Dr. Christiane Angermann vom Deutschen Zentrum für Herzinsuffizienz am Universitätsklinikum Würzburg bei der 88. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie (DGK) berichtete [1].

Angermann ist eine der Autorinnen der EMPULSE-Studie, in der der SGLT2-Inhibitor Empagliflozin bei 530 Patienten mit einer de novo aufgetretenen Herzinsuffizienz oder einer akut dekompensierten chronischen Herzinsuffizienz untersucht wurde – unabhängig von der linksventrikulären Ejektionsfraktion (LVEF) oder dem Diabetesstatus.

SGLT2-Inhibition jetzt auch bei akuter Herzinsuffizienz untersucht

Nach der Untersuchung von Empagliflozin bei chronischer Herzinsuffizienz im EMPEROR-Studienprogramm „schließt EMPULSE die Lücke in der Erforschung der SGLT2-Inhibition bei akuter Herzinsuffizienz“, sagte die Würzburger Kardiologin.

 
EMPULSE schließt die Lücke in der Erforschung der SGLT2-Inhibition bei akuter Herzinsuffizienz. Prof. Dr. Christiane Angermann
 

Prof. Dr. Samuel Sossalla, Leitender Oberarzt an der Klinik und Poliklinik für Innere Medizin II - Kardiologie, Pneumologie, Internistische Intensivmedizin des Universitätsklinikums Regensburg, der zur Diskussion der Studie eingeladen war, betonte: „Das ist eine fantastische Studie, die die Praxis verändern wird.“

Patienten müssen stabil sein

Die Randomisierung auf Empagliflozin oder Placebo erfolgte in der Studie 24 Stunden bis 5 Tage nach der Aufnahme ins Krankenhaus, Voraussetzung war die vorherige Stabilisierung der Patienten. Nachbeobachtet wurde über 90 Tage.

 
Mit Empagliflozin behandelte Patienten hatten mit einer um 36% höheren Wahrscheinlichkeit einen klinischen Benefit als mit Placebo behandelte Patienten. Prof. Dr. Christiane Angermann
 

„Mit Empagliflozin behandelte Patienten hatten mit einer um 36% höheren Wahrscheinlichkeit einen klinischen Benefit als mit Placebo behandelte Patienten“, berichtete Angermann.

Signifikant weniger Todesfälle unter Empagliflozin

Die Komponenten, die zu diesem positiven Endpunkt beitrugen, waren unter anderem die Sterberate – 8,3% versus 4,2% zugunsten von Empagliflozin – und die Rate an Herzinsuffizienz-Ereignissen. Auch diese traten unter Empagliflozin mit 10,6% signifikant seltener auf als unter Placebo mit 14,7%.

Mit der numerischen Halbierung der Todesfälle habe sich noch einmal deutlich die klinische Relevanz des primären Endpunktes gezeigt, hob Sossalla hervor: „Das ist nicht selbstverständlich. Vergleichbare Studien, etwa PIONEER-HF zu Sacubitril/Valsartan bei akuter Herzinsuffizienz, hatten als primären Endpunkt die Veränderung von NT-proBNP – da ist die klinische Relevanz der EMPULSE-Ergebnisse eine ganz andere.“

Konsistente Ergebnisse in allen Subgruppen

„Das Ergebnis war in Subgruppen durchgehen konsistent“, fuhr Angermann in ihrem Vortrag fort. Alter, Geschlecht, Diabetesstatus, LVEF und Nierenfunktion (eGFR) änderten nichts am klinischen Nutzen der Behandlung mit Empagliflozin. Und es machte auch keinen Unterschied, ob die akute Herzinsuffizienz de novo aufgetreten war oder die Patienten zuvor bereits eine chronische Herzinsuffizienz gehabt hatten.

Angermann räumte ein: „Bei der Betrachtung der sekundären Endpunkte kommt man an die Grenze der Power dieser mittelgroßen Studie.“ Aber es habe sich im Empagliflozin-Arm eine signifikante Verbesserung bei der Zeit bis zum Tod oder dem Auftreten eines ersten Herzinsuffizienzereignisses gezeigt (HR 0,65).

Verbesserung der Lebensqualität

Zu beobachten war in der EMPULSE-Studie außerdem eine Verbesserung der Lebensqualität bei den mit Empagliflozin behandelten Patienten. Der prognostisch relevante Kansas City Cardiomyopathy Questionnaire (KCCQ) – ein krankheitsspezifisches Messinstrument zur Erfassung der Lebensqualität bei chronischer Herzinsuffizienz – habe bereits nach 15 Tagen „einen klinisch relevanten Effekt“ gezeigt, so Angermann.

Ebenfalls bereits nach 15 Tagen sichtbar: Eine signifikante Gewichtsreduktion um 1,5 kg im Empagliflozin-Arm.

Diuretischer Effekt könnte maßgebliche Rolle spielen

Die Unterschiede zwischen Empagliflozin- und Placebo-Arm zeigten sich in der Studie rasch. Für den Regensburger Kardiologen Sossalla ein Hinweis darauf, dass der zugrunde liegende Mechanismus nicht die klassische Modulation von Risikofaktoren sein kann. „Es scheint in dieser Studie alles auf den diuretischen Effekt der SGLT2-Inhibitoren hinzuweisen, der maßgeblich eine Rolle spielt“, sagte er.

Unerwünschte Ereignisse in beiden Armen gleichermaßen häufig

„Wie es in dieser Akutsituation zu erwarten ist, waren unerwünschte Ereignisse in beiden Armen häufig“, berichtete Angermann weiter: Im Empagliflozin-Arm waren 70,0% der Patienten betroffen, im Placeboarm 77,3%.

 
Es scheint in dieser Studie alles auf den diuretischen Effekt der SGLT2-Inhibitoren hinzuweisen, der maßgeblich eine Rolle spielt. Prof. Dr. Samuel Sossalla
 

Doch die Patienten im Empagliflozin-Arm brachen die Studie seltener ab und hatten seltener schwere unerwünschte Ereignisse als die Patienten im Placebo-Arm. „Es gab weniger Leberschäden, entschieden weniger akutes Nierenversagen und – in beiden Armen – keine Ketoazidosen“, sagte sie.

Arzt- und Patientenwünsche erfüllt

„Für die praktizierenden Ärzte ist es wichtig, dass sich Studienergebnisse verallgemeinern und breit anwenden lassen“, sagte Sossalla. „Für die Patienten ist es wichtig, dass sich das Überleben und die Symptomatik verbessern und sie nicht noch einmal ins Krankenhaus müssen.“ All dies habe die EMPULSE-Studie gezeigt.

 
Wir können jetzt auch die hospitalisierten Herzinsuffizienzpatienten, wenn sie stabilisiert sind, mit Empagliflozin behandeln, ohne dass die Ejektionsfraktion oder der Diabetesstatus eine Rolle spielen. Prof. Dr. Samuel Sossalla
 

Sein Fazit: „Wir können jetzt auch die hospitalisierten Herzinsuffizienzpatienten, wenn sie stabilisiert sind, mit Empagliflozin behandeln, ohne dass die Ejektionsfraktion oder der Diabetesstatus eine Rolle spielen.“

 

Kommentar

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