Reichen Medikamente nicht mehr aus, um Vorhofflimmern wirksam zu therapieren, kommt häufig eine Katheterablation infrage, bei der kleine Areale des Herzmuskels verödet werden. Unlängst hat der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) das Recht von Erkrankten gestärkt, sich eine qualifizierte Zweitmeinung dazu einzuholen [1].
Laut G-BA soll die Regelung künftig auch auf andere Eingriffe, beispielsweise Schrittmacher- und Defibrillator-Implantationen ausgedehnt werden.
Die Deutsche Gesellschaft für Kardiologie (DGK) und ihre Arbeitsgruppe Elektrophysiologie und Rhythmologie (AGEP) befürworten diesen Schritt ausdrücklich. Wie die DGK in ihrer Pressemitteilung schreibt, werde eine qualifizierte Zweitmeinung vor allem deshalb uneingeschränkt befürwortet, weil nicht nur die bestmögliche Versorgung der Patienten, sondern auch eine vertrauensvolle und gründliche Aufklärung im Mittelpunkt der ärztlichen Arbeit stehe.
In der Regel entspreche das Vorgehen, eine Zweitmeinung einzuholen, auch heute schon der gelebten Praxis in der Rhythmologie und werde durch die G-BA-Entscheidung nun bestätigt.
Deutliche Zunahme an Ablationen in den vergangenen Jahren
In den vergangenen Jahren hat die Zahl der Vorhofflimmer-Ablationen in Deutschland deutlich zugenommen. „Die Zahl an elektrophysiologischen Herzkatheteruntersuchungen und Verödungen von Herzgewebe, von dem eine Rhythmusstörung ausgeht, ist in den letzten Jahren deutlich angestiegen: im Zeitraum von 2008 bis 2018 um 191%“, sagt Karin Maag, unparteiisches Mitglied des G-BA und Vorsitzende des Unterausschusses Qualitätssicherung.
Maag weiter: „Wir sehen innerhalb Deutschlands doch recht erhebliche regionale Unterschiede bei der Eingriffshäufigkeit. Der generelle Anstieg gerade bei den Ablationsbehandlungen kann möglicherweise mit einer verbesserten Vordiagnostik und verringerten Komplikationsrisiken zusammenhängen.“
Die DGK erklärt die Zunahme zum einen mit den demografischen Veränderungen: So nehme nicht nur das durchschnittliche Alter der Patienten in der Kardiologie zu, auch die Anzahl der Patienten in dem Alter, in dem Vorhofflimmern häufiger auftritt, steige.
Zum anderen gebe es aufgrund der vorliegenden aktuellen Studiendaten gute Gründe, eine Katheterablation heute früher durchzuführen und die medikamentöse Therapie nicht zu lange zu verfolgen, wenn sie nicht ausreichend wirkt.
Zertifizierung von Vorhofflimmer-Zentren
Um die qualitativ hochwertige und leitliniengerechte Versorgung der Patienten mit Vorhofflimmern sicherzustellen, hat die DGK mit einem strukturierten Ausbildungscurriculum für die Zentren, die diese Ablationen durchführen, eine wichtige Qualifikationsgrundlage eingeführt. Mit der Remote-Zertifizierung der Vorhofflimmer-Zentren wurden neue Maßstäbe für die personellen und strukturellen Anforderungen gesetzt.
Aus Sicht der DGK kann das Einholen einer qualifizierten Zweitmeinung nur hilfreich sein. „Ob eine, wie in der Mitteilung des G-BA vorgeschlagene Schrittmacher- oder Defibrillatortherapie alternativ hilfreich sein kann, muss dann ein elektrophysiologisch erfahrener Kardiologe individuell mit dem Patienten gemeinsam entscheiden“, kommentiert Prof. Dr. Daniel Steven, Sprecher der AGEP.
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Medscape Nachrichten © 2022
Diesen Artikel so zitieren: Gut beraten: G-BA legt Patienten nahe, sich vor einer interventionellen Therapie bei Vorhofflimmern eine Zweitmeinung zu holen - Medscape - 13. Apr 2022.
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