Abnehm-Coach hilft beim Einkauf: Ernährungsberatung in US-Supermärkten verbessert die Einhaltung der DASH-Diät

Interessenkonflikte

11. April 2022

Eine neue Studie, bei der Wissenschaftler mit einer großen Supermarktkette zusammenarbeiteten, ergab, dass Menschen, die in ihrem Lebensmittelladen eine persönliche Ernährungsberatung erhielten, sich deutlich gesünder ernährten. 

In der SuperWIN-Studie wurden die Teilnehmer von Ernährungsexperten in Lebensmittelmärkten individuell beraten; Grundlage dazu waren die Daten über ihre eigenen Einkaufsgewohnheiten, die auf den Kundenkarten der Supermärkte erfasst wurden. SuperWIN steht für „Supermarket and Web-Based Intervention Targeting Nutrition“.

Die Ernährungsberatung war mit einer verstärkten Einhaltung der DASH-Diät (Dietary Approaches to Stop Hypertension) assoziiert, die den Schwerpunkt auf Gemüse, Obst und Vollkornprodukte legt, Lebensmittel mit einem hohen Anteil an gesättigten Fetten, Zucker und Natrium einschränkt und nachweislich den Blutdruck und das LDL-Cholesterin senken kann. Eine Gruppe von Patienten bekam online zusätzliche Informationen über gesunde Ernährung und Essensplanung – diese Gruppe hielt sich sogar noch besser an die DASH-Diät.

Die Studie wurde auf dem Kongress des American College of Cardiology (ACC) 2022 von Prof. Dr. Dylan Steen, University of Cincinnati College of Medicine in Ohio, vorgestellt [1].

„Die SuperWIN-Studie liefert Belege für den Nutzen von Maßnahmen zur gesunden Ernährung in Supermärkten und wohnortnahen Kliniken“, sagte Steen. „Sie zeigt die Wirksamkeit von Ernährungsinterventionen, die sich das Umfeld des Supermarkts, die dort tätigen Ernährungsberater und die auf den Kundenkarten erfassten Einkaufsdaten zunutze machen“, fügte er hinzu. 

 
Die SuperWIN-Studie liefert Belege für den Nutzen von Maßnahmen zur gesunden Ernährung in Supermärkten und wohnortnahen Kliniken. Prof. Dr. Dylan Steen
 

Die Studie wurde in Zusammenarbeit mit Kroger durchgeführt, der größten Supermarktkette in den Vereinigten Staaten, die auch eine große Kette von Apotheken und Gesundheitskliniken betreibt.

Steen sagte, die Studie gehe eines der größten Probleme der öffentlichen Gesundheit – ungesunde Ernährung – mit einem innovativen Ansatz an. „Wir müssen uns überlegen, wie wir die Reichweite unserer modernen Gesundheitssysteme auf die Öffentlichkeit ausweiten können und die Dienstleistungen dort anbieten, wo sich die Menschen aufhalten und wo sie leben“, sagte er auf einer ACC-Pressekonferenz.

Noch immer ernähren sich 75% der Amerikaner schlecht

Prof. Dr. Eileen Handberg von der University of Florida, Gainesville, und ehemalige Vorsitzende des ACC Cardiovascular Care Team Council, kommentierte die Studie auf der Pressekonferenz mit den Worten: „Ich bin unglaublich begeistert von dieser Studie. Es gibt hier so viel Potenzial. Wir haben die Tatsache, dass die einzelhandelsgestützte Gesundheitsversorgung explosionsartig zunimmt, noch nie wirklich genutzt.“

Handberg wies darauf hin, dass die Studie wichtige Auswirkungen auf die Primärprävention von Herz-Kreislauf-Erkrankungen hat. „Kleine Kinder gehen mit ihren Eltern einkaufen. Man hat hier also die Möglichkeit, das Verhalten von Kindern zu ändern, wenn man die Dynamik der Entscheidungen, die sie im Lebensmittelgeschäft treffen, verändern kann“, sagte sie.

In seiner Präsentation wies Steen darauf hin, dass trotz zahlreicher seit langem bestehender Leitlinien für eine gesunde Ernährung sich immer noch etwa 75% der Amerikaner schlecht ernähren. Diese Studie wurde durchgeführt, um zu sehen, ob ein neuer Ansatz diese Situation verbessern könnte. „Wenn wir Ernährungsberatung in einem anderen Umfeld anbieten, können wir etwas bewirken“, sagte er.  

 
Wenn wir Ernährungsberatung in einem anderen Umfeld anbieten, können wir etwas bewirken. Prof. Dr. Dylan Steen
 

6 Unterrichtseinheiten zu gesunder Ernährung im Supermarkt

Die SuperWIN-Studie wurde in 13 Kroger-Filialen in Ohio und Kentucky durchgeführt. An der Studie nahmen 267 Personen mit mindestens einem kardiovaskulären Risikofaktor aus einem Primärversorgungsnetz teil, die regelmäßig in einer der Studienfilialen einkauften. 

Alle Teilnehmer mussten außerdem bereit sein, die DASH-Diät zu befolgen, die bei jeder Schulung im Rahmen der Studie vermittelt wurde. Alle Teilnehmer erhielten eine „erweiterte“ medizinische Ernährungstherapie, die sich an der individuellen Analyse der Nahrungsaufnahme orientierte.

Anschließend wurden sie nach dem Zufallsprinzip einer von 3 Gruppen zugeteilt. 

  • Die Kontrollgruppe erhielt keine weitere Schulung. 

  • Die Gruppe Strategie 1 erhielt über einen Zeitraum von 3 Monaten 6 zusätzliche Unterrichtseinheiten in ihrem Supermarkt. Jede Schulung orientierte sich an den aktualisierten, individuellen Einkaufsdaten, die dem Ernährungsberater und den Teilnehmern zur Verfügung gestellt wurden. 

  • Die Gruppe Strategie 2 erhielt dieselben 6 zusätzlichen Unterrichtseinheiten wie die Gruppe Strategie 1, darüber hinaus aber noch zusätzliche Informationen zu gesunder Ernährung und Essensplanung mit Hilfe verschiedener Online-Einkaufstools sowie Ernährungs- und Gesundheits-Apps.  

„Die Supermarktanalysen wurden automatisch erfasst, so dass die Diätassistenten feststellen konnten, was die einzelnen Personen gerne essen, wie viel sie von jedem Produkt kaufen und wie viel sie ausgeben“, erklärt Steen. 

COVID-19 führte nach der Hälfte der Studiendauer dazu, dass 20 Teilnehmer zu ihrer eigenen Sicherheit aus dem Studiensetting zurückgezogen werden mussten, weil sie die Geschäfte nicht mehr besuchen konnten. Die gesamte Analysekohorte erfasste damit 247 Teilnehmer.

Das Durchschnittsalter der Teilnehmer lag bei 56 Jahren, etwa 70% waren weiblich, und die meisten wiesen keine Herz-Kreislauf-Erkrankungen in ihrer Vorgeschichte auf.

Über Rückrufe – 24 Stunden nach Studienbeginn, nach 3 und 6 Monaten – wurden die Ernährungsgewohnheiten der Teilnehmer erfragt. Aus diesen Informationen wurde der DASH-Score berechnet, mit dem die Einhaltung der DASH-Diät bestimmt wird. Der Wert kann zwischen 0 und 90 liegen, wobei ein höherer Wert eine bessere Einhaltung der Diät anzeigt. 

In einer Analyse verglichen die Forscher die DASH-Werte der beiden Interventionsgruppen mit denen der Kontrollgruppe, und in einer zweiten Analyse verglichen sie die Werte der Gruppe Strategie 2 mit denen der Gruppe Strategie 1.

Vor der Pandemie lag die Anwesenheit bei den 6 Besuchen während des dreimonatigen Studienzeitraums bei „nahezu 100%“, was Steen als „bemerkenswert“ bezeichnete. Während der Pandemie sank die Anwesenheit auf etwa 80%.

Der DASH-Score stieg bei den geschulten Teilnehmern am deutlichsten

Die Ergebnisse zeigten, dass der DASH-Score in allen 3 Gruppen nach 3 Monaten anstieg, wobei der Anstieg schrittweise entsprechend der Intensität der Intervention erfolgte. Die Scores stiegen in der Kontrollgruppe um 5,8 Punkte, in der Strategie-1-Gruppe um 8,6 Punkte und in der Strategie-2-Gruppe um 12,4 Punkte.

Die DASH-Scores unterschieden sich signifikant zwischen den beiden Interventionsgruppen und der Kontrollgruppe (p=0,02). „Das zeigt, dass Ladenführungen, die sich an den Einkaufsdaten orientieren, die Wirksamkeit von Ernährungsberatung erhöhen“, so Steen.

Der Unterschied in den Ergebnissen zwischen den Gruppen mit Strategie 1 und Strategie 2 war ebenfalls signifikant (p =0,01). „Dies zeigt, dass Online-Erweiterungen die Einhaltung der DASH-Diät noch weiter erhöhen“, kommentierte Steen.

Nach 6 Monaten waren die DASH-Scores zwar etwas zurückgegangen, aber immer noch höher als zu Beginn der Studie: 4,4 Punkte in der Kontrollgruppe, 6,6 Punkte in der Strategie-1-Gruppe und 8,4 Punkte in der Strategie-2-Gruppe. 

„Mit zunehmender Intensität der Intervention kam es erneut zu einem schrittweisen Anstieg, aber es gab keinen signifikanten Unterschied mehr zwischen den Interventionen und der Kontrollgruppe“, so Steen.

Zu den sekundären Endpunkten gehörten Blutdruck und Body-Mass-Index (BMI). Der systolische Blutdruck ging in allen 3 Gruppen leicht zurück: um 2,8 mmHg in der Kontrollgruppe, um 6,6 mmHg in der Strategie-1-Gruppe und um 5,7 mmHg in der Strategie-2-Gruppe. Der BMI wurde um 0,2, 0,4 bzw. 0,8 gesenkt, aber die Unterschiede zwischen den Gruppen waren nicht signifikant.

Steen wies darauf hin, dass dies die erste Studie dieser Art ist, bei der Wissenschaftler mit einer großen Supermarktkette zusammenarbeiten. Er erläuterte, dass auch die Ärzte der Patienten einbezogen wurden, so dass Informationen über die Inanspruchnahme des Gesundheitswesens verfügbar sein werden.

„Wir können einzelhandelsbasierte Gesundheitsinformationen mit traditionellen Gesundheitsinformationen kombinieren. Und wir können damit beginnen, auch die spätere Inanspruchnahme des Gesundheitswesens und die damit verbundenen Kosten zu betrachten. Das wird wichtig sein, wenn wir darüber nachdenken, wie wir das Gesundheitssystem weiterentwickeln können“, sagte Steen.

„Die Hoffnung ist, dass mehr Wissenschaftler mit mehr Einzelhändlern zusammenarbeiten, um die Entwicklung unseres Gesundheitssystems wirklich voranzutreiben“, fügte er hinzu.  

Zukünftige Herausforderungen

Handberg wies darauf hin, dass es eine Herausforderung sei, die unterversorgte Bevölkerung zu erreichen, die nicht in den großen Supermärkten einkaufe. „Wir müssen herausfinden, wie wir Partnerschaften mit dem gesamten Spektrum von Lebensmittelgeschäften eingehen können.“

Sie merkte auch an, dass 3 Monate (die Dauer der Studienintervention) nicht viel Zeit sind, um die Essgewohnheiten einer Familie zu ändern. „Die Interventionen müssen vielleicht etwas intensiver sein, um die gewünschte Veränderung bei Blutdruck und Gewicht zu erreichen.“ 

 
Die Interventionen müssen vielleicht etwas intensiver sein, um die gewünschte Veränderung bei Blutdruck und Gewicht zu erreichen. Prof. Dr. Eileen Handberg
 

Handberg hofft, dass die großen Lebensmittelhändler die Chancen dieses Ansatzes erkennen werden. „Verhaltensänderungen sind sehr kompliziert, und der Schlüssel wird darin liegen, wie man die Menschen dazu bringt, sich an die Änderungen zu halten. Aber die Lebensmittelläden sind pfiffig. Sie haben uns dazu gebracht, in ihre Apotheken zu gehen, also ist es gar nicht so schwer, uns dazu zu bringen, einen Ernährungsberater aufzusuchen.“

Dr. Pamela Morris von der Medical University of South Carolina, die auch Vorsitzende der ACC-Jahrestagung ist, fragte als Moderatorin der ACC-Sitzung, in der die Studie vorgestellt wurde, ob dieser Ansatz aufrechterhalten werden könne.  

„Ich denke an die Studie über die Blutdruckbehandlung in Friseursalons. Meines Wissens sind diese Pharmazeuten nicht mehr in diesen Salons, um den Blutdruck zu messen, Patienten zu beraten und Blutdrucksenker zu verschreiben. Setzt sich Kroger also weiterhin langfristig für diese Ausbildung ein, oder wie kann dies langfristig finanziert werden?“

Steen antwortete, dass er die Nachhaltigkeit für eine der Hauptstärken dieses Modells hält. „Die einzelhandelsbasierte Gesundheitsversorgung explodiert in den USA. Die Zahl der Einzelhandelsgeschäfte, die eine umfassende Liste von Dienstleistungen anbieten, nimmt ständig zu. Diese Programme gibt es unabhängig davon, ob diese Studie durchgeführt wurde oder nicht.“

Steen betonte jedoch, dass es von entscheidender Bedeutung sein wird, über eine entsprechende Evidenz dazu zu verfügen.

„Die Validierung spielt eine wichtige Rolle in der einzelhandelsbasierten Gesundheitsversorgung – nicht nur, um herauszufinden, was funktioniert, sondern auch, um Kostenträger und andere Beteiligte in die Unterstützung dieser Maßnahmen einzubinden. Ich denke, die Nachhaltigkeit ist vorhanden – sie ist gewissermaßen in das Modell integriert. Doch die Forschung hat einen großen Anteil daran, das zu bestätigen und uns zu helfen zu verstehen, was wir tun sollten.“ 

Dieser Artikel wurde von Ute Eppinger aus  www.medscape.com  übersetzt und adaptiert.

 

Kommentar

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