Früherkennung von Prostatakrebs mit risikoadaptiertem Screening; zirkulierende Tumor-DNA als Marker für NSCLC-Rezidiv

Dr. Susanne Heinzl

Interessenkonflikte

5. April 2022

Im Onko-Blog dieser Woche geht es unter anderem um die Früherkennung des Prostatakarzinoms, um die Bedeutung der ctDNA als Rezidiv-Hinweis bei Patienten mit Lungenkarzinom und um die Assoziation zwischen Körpergewicht und Progressionsrisiko bei Personen mit MGUS. Außerdem berichten wird über Ergebnisse mit Rucaparib bei rezidiviertem Ovarialkarzinom und über die Wirkung einer Dreifach-Kombi beim Nasopharynxkarzinom.

  • Prostatakarzinom: Risikoadaptiertes Screening zur Verbesserung der Früherkennung

  • Rezidiviertes BRCA-mutiertes Ovarialkarzinom: Rucaparib vs. Chemotherapie in späten Therapielinien

  • Lungenkarzinom: Zirkulierende Tumor-DNA nach Erstbehandlung weist auf frühes Rezidiv hin

  • Nasopharynxkarzinom: Induktions-Chemotherapie mit Dreifach-Kombi besser als mit Zweifach-Kombi

  • Melanom: Weltweite Inzidenz 2020 und Projektion bis 2040

  • MGUS: Höherer BMI bei Frauen mit höherem Progressionsrisiko assoziiert

Prostatakarzinom: Risikoadaptiertes Screening zur Verbesserung der Früherkennung

Die Ergebnisse der ersten Screening-Runde der PROBASE zeigen eine niedrige Prävalenz (0,2%) von Prostatakrebs bei 45-jährigen Männern bei einer Risikostratifizierung mit PSA-Werten. Im Vergleich dazu war die digital-rektale Untersuchung wenig erfolgreich zur Früherkennung der Erkrankung, wie im International Journal of Cancer beschrieben.

Die größte risikoadaptierte Screening-Studie bei Prostatakarzinom, die German Prostate Cancer Early Detection Study Based on a Baseline PSA Value in Young Men (PROBASE), basiert auf der Beobachtung, dass der Ausgangswert des prostataspezifischen Antigens (PSA) im Alter von 45 bis 50 Jahren eine hohe Vorhersagekraft für die Entwicklung eines Prostatakarzinoms hat.

„Mit PROBASE wollen wir vor allem herausfinden, welches das optimale Alter für die Bestimmung des PSA-Basiswerts ist – 45 oder 50 Jahre. Außerdem soll die Studie zeigen, ob der verzögerte Beginn des Screenings die Rate an unnötiger Diagnostik und Therapie zukünftig spürbar reduzieren kann“, so Prof. Dr. Peter Albers, Abteilungsleiter am Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) und Leiter der Urologie am Universitätsklinikum Düsseldorf, in einer Pressemitteilung zur Studie.

In Düsseldorf, Heidelberg, Hannover und München wurden von 2014 bis 2019 insgesamt 46.642 Männer im Alter von 45 Jahren in die Studie aufgenommen. Bei der Hälfte der Studienteilnehmer (Studienarm A) wurde der PSA-Wert gleich zu Beginn bestimmt. Anhand des PSA-Basistests wurden sie in Gruppen mit niedrigem (< 1,5 ng/ml Blut), mittlerem (1,5-2,99 ng/ml) oder hohem (≥ 3 ng/ml) Risiko eingeteilt.

Bestätigte sich ein hoher PSA-Wert von ≥ 3 ng/ml bei einer wiederholten Untersuchung, so wurde den Teilnehmern zur weiterführenden Diagnostik eine Prostatabiopsie unter MRT-Kontrolle empfohlen. Für Männer, deren Basis-PSA-Werte im niedrigen oder mittleren Bereich lagen, sind Wiederholungen des PSA-Tests im Abstand von 5 bzw. 2 Jahren vorgesehen.

Männern im Studienarm B wurde eine Tastuntersuchung der Prostata angeboten, die Bestimmung ihres PSA-Basiswerts erfolgt dagegen erst, wenn die Teilnehmer ein Alter von 50 Jahren erreicht haben.

Im Studienarm A fielen nach Bestätigung des Testergebnisses nur 0,8% der Teilnehmer (186 Männer) in die hohe Risikokategorie. 120 dieser Männer entschieden sich zur weiteren Abklärung für eine Prostatabiopsie. Dabei wurden 48 Prostatakarzinome entdeckt, davon wiesen nur 4 Tumore eine höhere Aggressivität auf (0,02%).

Im Studienarm B wurden bei der rektalen Tastuntersuchung nur bei 2 Männern Prostatakarzinome gefunden. Die Tastuntersuchung im Alter von 45 Jahren entspricht dem derzeitigen Vorsorgeangebot der gesetzlichen Krankenkassen. Die Ergebnisse belegen nun nach Ansicht der Arbeitsgruppe erneut, dass diese Untersuchung für eine wirksame Früherkennung nicht geeignet ist.

Rezidiviertes BRCA-mutiertes Ovarialkarzinom: Rucaparib vs. Chemotherapie in späten Therapielinien

Der PARP-Inhibitor Rucaparib verlängerte in der offenen, randomisierten, kontrollierten Phase-3-Studie ARIEL4 im Vergleich zu Chemotherapie bei vorbehandelten Frauen mit rezidiviertem BRCA-mutiertem Ovarialkarzinom das progressionsfreie Überleben signifikant von 5,7 auf 7,4 Monate. Damit steht nach Aussage der Autoren in Lancet Oncology eine Alternative zur Chemotherapie für diese Patientinnen zur Verfügung.

In diese erste Studie zum Vergleich eines PARP-Inhibitors mit Platin- oder Nicht-Platin-basierter Chemotherapie wurden 349 Frauen mit rezidiviertem Ovarialkarzinom und BRCA-Mutationen aufgenommen, die randomisiert mit Rucaparib (n = 233) oder Chemotherapie (n = 116) behandelt wurden. Nach einer medianen Nachbeobachtungszeit von 20,5 Monaten lag das progressionsfreie Überleben im Median unter Rucaparib bei 7,4, unter Chemotherapie bei 5,7 Monaten (Hazard Ratio: 0,64, p = 0,001).

Schwere, therapiebedingte Nebenwirkungen traten unter Rucaparib bei 14% und unter Chemotherapie bei 5% der Patientinnen auf.

Lungenkarzinom: Zirkulierende Tumor-DNA nach Erstbehandlung weist auf frühes Rezidiv hin

Der Nachweis von zirkulierender Tumor-DNA (ctDNA) bei Patienten mit frühem nichtkleinzelligem Lungenkarzinom (NSCLC) vor sowie innerhalb von 2 Wochen bis 4 Monate nach der Erstbehandlung ist mit einem kürzeren Rezidiv-freien und Gesamt-Überleben assoziiert, wie eine Arbeitsgruppe aus Cambridge (UK) in den Annals of Oncology berichtet.

Sie analysierte 363 serielle Plasmaproben von 88 Patienten mit frühem NSCLC, von denen sich 48,9% im Stadium I, 28,4% im Stadium II und 22,75 im Stadium III befanden. Von den Patienten waren 61 operiert, 8 operiert und adjuvant mit Chemotherapie und Bestrahlung und 19 mit Chemoradiotherapie behandelt worden.

Vor der Therapie war der ctDNA-Nachweis bei 24%, 77% und 87% der Patienten im Stadium I, II bzw. III positiv. Nach der Therapie konnte ctDNA bei 18/28 Patienten (64,3%) mit einem Rezidiv nachgewiesen werden.

Bei 17% der Patienten war der ctDNA-Nachweis innerhalb von 2 Wochen bis 4 Monaten nach der ersten Therapie positiv. Er war signifikant mit einem kürzeren Rezidiv-freien Überleben (HR: 14,8, p < 0,00001) und einem kürzeren Gesamt-Überleben (HR: 5,48, p < 0,0003) assoziiert.

Auch der positive ct-DNA-Nachweis vor der Therapie war mit einem kürzerem Gesamt-Überleben (HR: 2,98, p = 0,01) und einem kürzeren Rezidiv-freien Überleben (HR: 3,14, p = 0,003) verbunden.

Nasopharynxkarzinom: Induktions-Chemotherapie mit Dreifach-Kombi besser als mit Zweifach-Kombi

Eine Dreifachkombination aus Paclitaxel, Cisplatin und Capecitabin (TPC) verlängerte das Rezidiv-freie Überleben von Patienten mit fortgeschrittenem Nasopharynxkarzinom (NPC) signifikant besser als die Zweifachkombination aus Cisplatin und Fluorouracil (PF). Eine chinesische Arbeitsgruppe hat diese Ergebnisse einer multizentrischen offenen Phase-3-Studie in JAMA Oncology publiziert.

In die randomisierte Studie waren in 4 chinesischen Krankenhäusern zwischen Oktober 2016 und August 2019 238 Patienten mit nicht vorbehandeltem lokoregionär fortgeschrittenem Nasopharynxkarzinom aufgenommen worden. Sie erhielten entweder 2 Zyklen TPC (n = 118) oder PF (n = 120), gefolgt von einer Chemoradiotherapie.

Das Rezidiv-freie Überleben nach 3 Jahren betrug 83,5% mit TPC und 68,9% mit PF (HR: 0,47; p = 0,004). Die Dreifach-Kombi reduzierte das Risiko für distante Metastasen und lokoregionäre Rezidive im Vergleich zur Zweifach-Kombi signifikant.

Auf das frühe Gesamtüberleben zeigt sich kein Effekt. Möglicherweise ergibt sich bei längerer Nachbeobachtungszeit ein Unterschied, so die Meinung der Autoren

Nebenwirkungen vom Schweregrad 3 oder höher waren mit der 3er-Kombi mit 57,6% nicht häufiger als mit der 2er-Kombi mit 65,8%.

„Sowohl die adjuvante Chemotherapie als auch die Induktionschemotherapie verbessern die Ergebnisse bei fortgeschrittenem NPC, wenn sie mit Radiochemotherapie sequenziert werden. Das Dilemma besteht darin, die Überlegenheit einer Sequenz gegenüber der anderen zu validieren“, heißt es im begleitenden Editorial. Bis ausgereiftere Ergebnisse verfügbar seien, adressiere diese Studie jedoch einen „unmet need“ und füge TPC dem Arsenal für Induktionstherapien bei fortgeschrittenem NPC hinzu.

Melanom: Weltweite Inzidenz 2020 und Projektion bis 2040

Nach epidemiologischen Analysen sind im Jahr 2020 weltweit 325.000 neue Melanom-Erkrankungen aufgetreten, 57.000 Menschen verstarben an einem Melanom. Bleiben diese Werte stabil, dürften 2040 schätzungsweise 510.000 neue Fälle auftreten und 96.000 Menschen an einem Melanom versterben. Eine internationale Arbeitsgruppe ermittelte dies in einer populationsbasierten Studie mit den Daten der GLOBOCAN-2020-Datenbank, wie in JAMA Dermatology berichtet.

Bei der für 2020 errechneten weltweiten Inzidenz gab es jedoch große Unterschiede in verschiedenen Ländern und Regionen. Die höchst Inzidenz wurde in Australien/Neuseeland beobachtet, gefolgt von Westeuropa, Nordamerika und Nordeuropa. Relativ selten traten Melanome in den meisten afrikanischen und asiatischen Ländern auf. Meist waren Männer häufiger erkrankt als Frauen.

Die Sterblichkeit war in Neuseeland am höchsten. Die geografischen Unterschiede in der Sterblichkeit waren weniger stark ausgeprägt als bei der Inzidenz.

Auf der Basis der Ergebnisse von 2020 errechneten die Autoren, dass die Belastung durch Melanome bis 2040 auf schätzungsweise 510.000 neue Fälle um etwa 50% und auf 96.000 Todesfälle um etwa 68% steigen wird.

Damit stellt das Melanom weiterhin eine wichtige Herausforderung für die Krebsbekämpfung und die öffentliche Gesundheit weltweit dar, dies gilt insbesondere bei hellhäutigen Bevölkerungsgruppen europäischer Abstammung.

MGUS: Höherer BMI bei Frauen mit höherem Progressionsrisiko assoziiert

Ein höherer Ausgangswert des Body-Mass-Index (BMI) ist vor allem bei Frauen mit einem erhöhten Risiko der Progression einer monoklonalen Gammopathie unklarer Signifikanz (MGUS) in ein manifestes multiples Myelom (MM) assoziiert. Dies ergab eine Fallkontroll-Studie innerhalb der prospektiven Prostata-, Lungen-, Kolon- und Ovarialkarzinom(PLCO)-Screening-Studie, die eine Arbeitsgruppe des amerikanischen National Cancer Institutes im Blood Cancer Journal veröffentlicht hat.

Ein Zusammenhang von Übergewicht und erhöhtem Progressionsrisiko einer MGUS wird schon länger diskutiert. Die NCI-Analyse untersuchte nun die Assoziation zwischen BMI, Risiko einer Progression einer MGUS zum MM insgesamt und in Abhängigkeit vom Geschlecht anhand der Daten von 488 Teilnehmern an der PCLO-Screening-Studie mit einem Nicht-IgM-MGUS und 246 Teilnehmern mit Leichtketten-MGUS.

Wie erwartet, wiesen Teilnehmer mit Nicht-IgM-MGUS, das zu einem MM fortschritten war, im Vergleich zu Teilnehmern ohne Progression häufiger die bekannten Risikofaktoren, wie IgA-Isotyp (29% vs. 15%), erhöhte M-Protein-Konzentration (38% vs. 3%), abnormalen Leichtkettenquotient im Serum (77% vs. 36%) und Immunparese mit Unterdrückung mindestens eines unbeteiligten Immunglobulins auf (57% vs. 19%) (p  < 0,05 für alle klinischen Risikofaktoren, insgesamt und bei beiden Geschlechtern).

Zusätzlich war jede Erhöhung des BMI um 5 kg/m2 unabhängig von demographischen und klinischen Merkmalen mit einer signifikanten Erhöhung der Wahrscheinlichkeit einer Progression von Nicht-IgM-MGUS zu MM um 35% assoziiert (OR: 1,35). Diese Assoziation war bei Frauen mit einer OR von 1,51 stärker als bei Männern mit einer OR von 1,29.

Auch die Progression eines Leichtketten-MGUS zu einem Leichtketten-MM war bei Frauen mit einer OR von 1,27 pro 5 kg/m2 mit einem höheren BMI assoziiert. Dies galt nicht für Männer.

„Obwohl die zugrunde liegenden Mechanismen noch aufgeklärt werden müssen, können Unterschiede in den Sexualhormonen, wie Östrogen, eine plausible Erklärung für diesen potenziellen Geschlechtsunterschied liefern“, so die Autoren. Ihr Fazit lautete: „Aufgrund des begrenzten Wissens über modifizierbare Faktoren im Zusammenhang mit der Progression einer MGUS können diese Ergebnisse, wenn sie in größeren Studien repliziert werden, Auswirkungen auf das klinische Management sowie die Risikovorhersage und -stratifizierung bei MGUS-Patienten haben.“

 

Kommentar

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