Primär bildet man Schilddrüsenknoten sonografisch ab. Geht es dann darum, ob eine Operation notwendig ist, bedarf es ergänzender Untersuchungen. Eine Szintigrafie kann weiterhelfen. Doch gibt es verschiedene Verfahren mit je eigenen Vor- und Nachteilen.
Während die klassische Pertechnetat (99mTc)-Szintigrafie heiße und kalte Knoten unterscheidet und vor allem dem Autonomieausschluss dient, erfasst die 123Jod-Szintigrafie den Funktionsstatus auch bei Jodkontamination oder ektoper Schilddrüse. Hybridverfahren mit Schnittbildgebung ergeben überlagerungsfreie Bilder und verbessern die Einschätzung des Malignitätsrisikos.
Vorselektierte kalte Knoten, etwa bei unklarer Feinnadelbiopsie (FNB), eignen sich für die 99mTc-Methoxy-Isobutyl-Isonitril (MIBI)-Bildgebung. Eine 18Fluor-Fluordesoxyglucose-Positronenemissionstomografie-Computertomografie (18F-FDG-PET/CT), ebenfalls eine Option bei fragwürdiger FNB, hat einen besonders hohen Stellenwert beim Malignom-Ausschluss, ist aber nicht Routine.
Dr. Simone Schenke, Klinik und MVZ für Nuklearmedizin, Klinikum Bayreuth, berichtete beim 65. Deutschen Kongress für Endokrinologie vom „State of the Art der nuklearmedizinischen Diagnostik“ bei Schilddrüsenknoten [1].
Strahlenarme Standardmethode
„Am bekanntesten ist die Pertechnetat-Szintigrafie, wo wir den Natrium-Jodid-Transporter nutzen, um das Molekül in die Zelle zu bekommen“, erläuterte die Nuklearmedizinerin. Als gut verträgliche, breit verfügbare „Haus-und-Hof“-Methode wird die 99mTc-Szintigrafie am häufigsten angewendet. Die Strahlenbelastung sei mit „noch nicht mal 1 mSv“ gering.
„Wir können aufgrund der Aufnahme des Radiotracers in die Schilddrüse beziehungsweise in den Knoten unterscheiden, ob es sich um autonome, also hyperfunktionelle Knoten handelt, oder um hypofunktionelle Knoten, die sogenannten kalten Knoten“, sagte Schenke. „Wir wissen, dass autonome Knoten mit einem ganz hohen Prozentsatz benigne sind, und wir wissen, dass bei hypofunktionellen Knoten Malignität nicht sicher ausgeschlossen werden kann.“
Aktuelle Studie zur Epidemiologie
Da epidemiologische Daten auf sehr alten Studien beruhen, hat sie mit Kollegen aus ganz Deutschland selbst eine Studie veranlasst, um die aktuelle Verteilung von Schilddrüsenknoten nach ihrem Funktionszustand in der Routine-Szintigrafie zu ermitteln. An 11 Zentren – überwiegend Praxen und Medizinischen Versorgungszentren (MVZ) – wurden je mindestens 100 Patienten konsekutiv eingeschlossen. Die Studienergebnisse sind noch im Review.
19% der Knoten waren heiß, 42% kalt, 39% indifferent. Wichtig: Bei heißen Knoten war in nur 20% das Thyreoidea-stimulierende Hormon (TSH) supprimiert. Schenke: „Der TSH-Wert kann die heißen Knoten nicht ausschließen.“
Durch Erhöhung des Cut-offs von üblicherweise ≥1cm auf ≥2cm Durchmesser stieg der Anteil heißer Knoten auf 27%, der kalter auf 49%. So gelang es, sonst als indifferent gewertete Knoten besser zuzuordnen.
Somit handele es sich in Deutschland laut Schenke bei fast einem Drittel aller Schilddrüsenknoten um autonome Adenome, die keiner weiteren Dignitäts-Abklärung bedürften. Man könne heute mit gutem Gewissen sagen, dass eine Autonomie gutartig sei. So war auch in der Studie histologisch nur einer von 381 heißen Knoten bösartig – rückblickend stellte sich heraus, dass er primär falsch klassifiziert worden war.
10% der kalten Knoten waren maligne
Unter rund 500 histologisch aufgearbeiteten kalten Knoten fanden sich hingegen 10% Malignome. „Das ist doch eine relativ hohe Zahl, wenn man es mit alten Daten vergleicht“, so Schenke. Dort lägen die Angaben bei 5 bis 8%.
Als maligne erwiesen sich auch 12% der 77 Knoten, die in der FNB zytologisch der Bethesda-Gruppe III (follikuläre Läsion unklarer Signifikanz/Atypie unklarer Signifikanz) zugeordnet wurden. „Das Malignomrisiko entspricht in etwa dem der unselektierten kalten Knoten.“
Gerade kleine Knoten von 1 bis 2 cm sind schwer beurteilbar. Auch die Einnahme von Levothyroxin, Jodid, Jodkontamination nach Kontrastmittelgabe sowie intrathorakale Schilddrüsenanteile erschweren die 99mTc-Szintigrafie.
123Jod-Szintigrafie demaskiert „trapping only nodules“
Die Alternative ist 123Jod. „Vor der 123Jod-Szintigrafie müssen Sie nichts pausieren“, sagte Schenke, „weder das L-Thyroxin noch das Jod.“ Ein mindestens vierwöchiger Therapieverzicht, wie vor 99mTc-Gabe, wäre etwa bei Voroperierten nicht vertretbar. Nach Kontrastmittelgabe empfahl Schenke rund 4 Wochen Pause. „Bei Technetium muss man locker 6 bsi 8 Wochen warten.“
Wegen der längeren Halbwertzeit erlaubt 123Jod auch Spätaufnahmen. So erkennt man „trapping only nodules“ – Knoten, die den Tracer vorübergehend aufnehmen, aber nicht in Schilddrüsenhormon einbauen. In der Spätphase demaskieren sie sich als kalt und somit potenziell maligne.
Die Strahlenbelastung bei der Jod-Szintigrafie steigt mit der Speicherung in der Schilddrüse. Schenke: „Sie sollten es nicht bei Patienten mit Basedow machen.“
Kombinationen mit SPECT, PET/CT, Ultraschall und MIBI
Die Jodszintigrafie kann mit einer Low-Dose-CT zu einer Single Photon Emission CT (SPECT) und PET/CT kombiniert werden. Das verbessert die visuelle Beurteilbarkeit. So hilft etwa die 123Jodszintigrafie-SPECT bei retrosternalen Veränderungen oder der volumetrischen Planung vor Radiojodtherapie.
Im Rahmen der hybriden Bildgebung kann man auch mit 124Jod erstellte PET-Aufnahmen in einem 2. Schritt via CT mit Ultraschallaufnahmen fusionieren (124Jod-PET/US).
Die an das unspezifische Tumor-Radiopharmakon MIBI gekoppelte 99mTc-MIBI-Szintigrafie bildet die Mitochondrienaktivität ab und ist lange etabliert. Die Strahlenbelastung ist höher als bei der reinen 99mTc-Szintigrafie: „Bei der Anwendung von 300 mBq sind es ungefähr 2 bis 2,5 mSv.“ Vorteil ist ein negativer prädiktiver Wert über 90% für das Malignitätsrisiko. Jedoch: „So wie sie aktuell in Deutschland in den meisten Zentren durchgeführt wird“, ist die Untersuchung laut Schenke mit nur 20% wenig spezifisch.
Patienten für 99mTc-MIBI-Szintigrafie vorselektieren!
Die Nuklearmedizinerin plädierte für eine bessere Vorauswahl. „Wir machen nicht bei jedem kalten Knoten gleich eine MIBI-Szintigrafie.“ Es sollten von vornherein nur Patienten mit hypofunktionellen Knoten, mindestens intermediärem Risiko nach der Ultraschall-Klassifikation TIRADS (Thyroid Imaging Reporting and Database System) und solche mit unklarer FNB auf diese Weise untersucht werden.
Daten aus 2013 belegen für die 99mTc-MIBI-Szintigrafie bei hypofunktionellen Knoten eine Spezifität von 63% gegenüber 46% bei unselektierten Knoten.
Schenke und Kollegen untermauerten in einer neueren Arbeit den Nutzen der sonografischen Stratifizierung: Mindestens ein intermediäres Malignitätsrisiko nach drei verschiedenen Ultraschall-Klassifikationen verdoppelte die Spezifität.
Selektiert man darüber hinaus nach zytologischen Kriterien – Bethesda III –, steigt die Aussagekraft weiter. So wurde in einer Schweizer Studie eine Spezifität von 95%, ein positiver prädiktiver Wert von 83% und ein negativer prädiktiver Wert von 88% erreicht.
Möglich ist auch eine semiquantitative Analyse, bei der berechnet wird, wieviel Tracer von der Früh- zur Spätphase ausgewaschen wird.
18F-FDG-PET/CT: Sicherster Malignom-Ausschluss
Bei der 18F-FDG-PET/CT wird der Tracer über einen Glukose-Transporter in die Zelle geschleust. Dort akkumuliert er, weil er nicht weiter verstoffwechselt werden kann. Regelhaft verwendet werde die 18F-FDG-PET/CT zum Staging von Schilddrüsenkarzinomen, vor allem bei hohem Risiko oder Jodrefraktärität. Dabei geht es darum, ob man eine Radiojod- oder andere systemische Therapie anschließt.
Sensitivität und negativ prädiktiver Wert der 18F-FDG-PET/CT erreichen bis 100%. „Wenn ich noduläre Veränderungen in der Schilddrüse habe, die FDG-negativ sind, dann kann man wirklich mit einer ganz hohen Wahrscheinlichkeit sagen, dass es sich hierbei um benigne Knoten handelt“, betonte Schenke.
„Es ist im Moment keine Standardmethode zur Knotenabklärung. Sie kann aber eingesetzt werden bei unklarer Feinnadelpunktion.“ Letztere setzt aber eine Standardszintigrafie voraus: „Vor einer Feinnadelbiopsie immer eine Szintigrafie!“
Bei PET/CT-Untersuchungen, die etwa bei anderen Krebs- oder entzündlichen Systemerkrankungen ohne Fokus auf die Schilddrüse erfolgen, finden sich immer wieder Inzidentalome der Schilddrüse. Schenke: „Bis zu 10% der PET/CT-Intersuchungen zeigen das.“ Das Risiko, dass es sich dabei um ein Malignom handelt, liege bei ungefähr einem Drittel.
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Diesen Artikel so zitieren: Schilddrüsenknoten? Überlegen Sie sich gut, welches Szintigrafie-Verfahren wirklich geeignet ist – State of the Art vom Kongress - Medscape - 24. Mär 2022.
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