Eine Erstlinientherapie mit Ribociclib plus Letrozol verlängert das Leben von postmenopausalen Frauen, die an fortgeschrittenem HR-positivem, HER2-negativem Brustkrebs leiden, im Vergleich zu Placebo plus Letrozol signifikant. Das zeigen Daten der Phase-3-Studie MONALEESA-2, die ein Team um Prof. Dr. Gabriel Hortobagyi vom Department of Breast Medical Oncology der Division of Cancer Medicine an der University of Texas in Houston jetzt im New England Journal of Medicine (NEJM) veröffentlicht hat [1].
Wie die Forscher berichten, war das mediane Gesamtüberleben der Patientinnen unter dem antihormonellen Wirkstoff Ribociclib mehr als 12 Monate länger als unter Placebo. Erstmals vorgestellt wurden die aktuellen Auswertungen zu dem wichtigsten sekundären Endpunkt der vom Hersteller Novartis finanzierten Studie bereits im vergangenen September auf dem jährlich stattfindenden Kongress der European Society for Medical Oncology (ESMO).
Zugelassen ist der Wirkstoff seit dem Jahr 2017
Frühere Daten von MONALEESA-2 zum progressionsfreien Überleben der Probandinnen, dem primären Endpunkt der Studie, hatten im Jahr 2017 zur Zulassung von Ribociclib geführt. Seither wird der CDK4/6-Hemmer unter dem Handelsnamen Kisqali® zur Behandlung von Frauen mit HR-positivem und HER2-negativem Brustkrebs eingesetzt, der bereits Metastasen gebildet hat oder lokal fortgeschritten ist.
Der Wirkstoff wird – neben 2 weiteren inzwischen verfügbaren CDK4/6-Hemmern – als Teil einer Antihormontherapie mit einem Aromatasehemmer wie Letrozol oder dem Antiöstrogen Fulvestrant kombiniert.
Bislang war aufgrund der MONALEESA-2-Studie nur bekannt gewesen, dass eine Kombinationstherapie aus Ribociclib und Letrozol zu einem signifikant längeren progressionsfreien Überleben führt als Letrozol allein – dass es also länger dauert, bis die Krankheit wieder weiter voranschreitet. Das Gesamtüberleben war noch nicht abschließend untersucht worden. Diese Analyse legen Hortobagyi und sein Team jetzt mit ihrer aktuellen Studie vor.
Andere CDK4/6-Hemmer sind bisher weniger gut untersucht
„Es handelt sich um die erste Studie, die für einen CDK4/6-Hemmer in der Erstlinientherapie postmenopausaler Frauen einen Gesamtüberlebensvorteil gezeigt hat“, sagt Prof. Dr. Wolfgang Janni, Ärztlicher Direktor der Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe am Universitätsklinikum Ulm und Vorstandsmitglied der Arbeitsgemeinschaft Gynäkologische Onkologie, im Gespräch mit Medscape.
„In der Regel folgen auf die First-Line-Behandlung ja noch viele, viele weitere Therapien“, sagt Janni. Deshalb sei es zunächst fraglich gewesen, ob sich der Vorteil, den man zu Beginn der Behandlung in Form der längeren Progressionsfreiheit gesehen habe, auch in einem längeren Gesamtüberleben widerspiegeln würde. „Das hat die aktuelle Analyse nun eindrucksvoll gezeigt“, sagt Janni.
Überraschend sei für ihn auch die Größenordnung des Überlebensvorteils gewesen: „Gut 12 Monate halte ich durchaus für beeindruckend“, so Janni.
Nach gut 6 Jahren lebte noch fast die Hälfte der Patientinnen
Für die im Jahr 2013 gestartete randomisierte MONALEESA-2-Studie waren 668 postmenopausale Patientinnen rekrutiert worden, die an fortgeschrittenem HR-positivem, HER2-negativem Brustkrebs litten und in diesem Krankheitsstadium noch keine andere systemische Therapie erhalten hatten.
Die eine Hälfte der Probandinnen erhielt als Erstlinientherapie bis zum Beginn der Progression Ribociclib (600 mg pro Tag, 1-mal täglich oral an 21 aufeinanderfolgenden Tagen verabreicht, gefolgt von 7 Tagen Pause, für einen kompletten Zyklus von 28 Tagen). Die andere Hälfte erhielt nach dem gleichen Schema ein Placebo. Zusätzlich nahmen alle Patientinnen täglich 2,5 mg Letrozol ein.
Nach einer mittleren Nachbeobachtungszeit von 6,6 Jahren waren von den 334 Patientinnen in der Ribociclib-Gruppe 181 (54,2%) gestorben. In der Placebo-Gruppe war es bei den 334 Probandinnen zu 219 (65,6%) Todesfällen gekommen.
Das mittlere Gesamtüberleben betrug 63,9 Monate mit Ribociclib plus Letrozol und 51,4 Monate mit Placebo plus Letrozol. Die Unterschiede zwischen den beiden Studienarmen wurden umso deutlicher, je mehr Zeit verstrich. Neue Sicherheitssignale seien nicht beobachtet worden, heißt es in der Studie.
Langzeitnebenwirkungen scheint der Wirkstoff nicht zu haben
„Das heißt, der Wirkstoff scheint neben den bekannten Begleiterscheinungen keine weiteren Langzeitnebenwirkungen zu entwickeln“, sagt Janni. Bekannt ist unter anderem die Hämatoxizität von Ribociclib, insbesondere ein Rückgang der neutrophilen Granulozyten unter der Therapie. Dieser lässt sich Janni zufolge aber durch eine Dosisreduktion oder eine Verlängerung der normalerweise 1-wöchigen Behandlungspause fast immer gut in den Griff bekommen. „Die Nebenwirkungen von Ribociclib sind auf jeden Fall geringer als die einer Chemotherapie“, sagt der Gynäkoonkologe.
Für die beiden anderen zugelassenen CDK4/6-Hemmer gibt es bislang vergleichbare Studien nur zum progressionsfreien Überleben, nicht aber zum Gesamtüberleben. Dabei handelt es sich zum einen um die PALOMA-2-Studie zur Erstlinientherapie mit Palbociclib plus Letrozol, zum anderen um die MONARCH-3-Studie, in der Abemaciclib in Kombination mit Anastrozol oder Letrozol verabreicht worden war. „Damit liegen für Ribociclib jetzt die stärksten Daten vor“, sagt Janni.
Auch in anderen Studien zeigte sich ein Gesamtüberlebensvorteil
Die Studien MONALEESA 3 und 7 hätten einen signifikanten Gesamtüberlebensvorteil auch schon in Kombination mit Fulvestrant beziehungsweise für prä- und perimenopausale Frauen gezeigt, ergänzt der Ulmer Mediziner.
Die Forscher um Hortobagyi kommen in ihrer aktuellen Arbeit daher zu einem ganz ähnlichen Schluss: „Insgesamt haben die MONALEESA-Studien zu Ribociclib einen konsistenten Gesamtüberlebensvorteil gezeigt, unabhängig von der begleitenden endokrinen Therapie, der Therapielinie oder dem Menopausenstatus“, heißt es im Fazit der NEJM-Publikation.
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Diesen Artikel so zitieren: Neue Daten aus MONALEESA-2: Ribociclib verschafft weiteren Brustkrebs-Patientinnen einen Überlebensvorteil - Medscape - 22. Mär 2022.
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