Depot-Effekt für die Seele: Anorexie-Patientinnen profitieren auch langfristig von ambulanter Psychotherapie

Andrea Hertlein

Interessenkonflikte

22. März 2022

Erwachsene magersüchtige Patientinnen, die nicht zu schwer erkrankt sind, können mit psychotherapeutischer Behandlung erfolgreich ambulant behandelt werden. Auch mehrere Jahre nach Therapieende nehmen sie weiterhin deutlich an Gewicht zu. Das haben die Ergebnisse des 5-Jahres Follow-up der weltweit größten Therapiestudie zur Magersucht, der ANTOP-Studie (Anorexia Nervosa Treatment of Out Patients) ergeben.

An dieser Studie beteiligten sich zehn deutsche universitäre Ess-Störungszentren unter Federführung der Abteilungen für Psychosomatische Medizin der Universitätskliniken Tübingen und Heidelberg. Die Ergebnisse wurden jüngst in The Lancet veröffentlicht [1].

Follow-up nach 5 Jahren bei 64 Prozent der Patientinnen

Für die ANTOP-Studie wurden zwischen Mai 2007 und Juni 2009 insgesamt 242 Patienten mit einem mittleren Body-Mass-Index (BMI) von 16,7 kg/m2 rekrutiert und nach dem Zufallsprinzip einer 10-monatigen Behandlung mit fokaler psychodynamischer Therapie (FPT), kognitiv-behavioraler Therapie (CBT) oder eine optimierten Form der derzeit praktizierten Richtlinienpsychotherapie zugeteilt.

Umfassende diagnostische Untersuchungen wurden vor der Randomisierung und in regelmäßigen Abständen bis 1 Jahr nach der psychotherapeutischen Intervention durchgeführt. Für die vorliegende Studie wurden alle ANTOP-Teilnehmerinnen eingeladen, an einer weiteren umfassenden Nachuntersuchung 5 Jahre nach Ende der Behandlung teilzunehmen. 154 (64%) dieser Patientinnen schlossen die 5-Jahres-Follow-up-Bewertung ab.


Verbesserung von BMI und Psychopathologie

Verglichen mit dem 1-Jahres-Follow-up beobachteten die Wissenschaftler eine weitere Gewichtszunahme und eine Verbesserung der essstörungsspezifischen Psychopathologie in allen Behandlungsgruppen. „Wir haben mehr Gemeinsamkeiten als Unterschiede in den Studienergebnissen zwischen den Gruppen festgestellt“, schreiben die Studienautoren.

In Bezug auf das globale Outcome, das bei 146 Teilnehmern ermittelt wurde, konnten 41% als geheilt eingestuft werden. Weitere 41% zeigten eine Restsymptomatik und 18% noch immer eine voll ausgebildeten Anorexie. Darüber hinaus stellten die Wissenschaftler fest, dass ein höherer BMI, eine kürzere Krankheitsdauer und das Fehlen einer komorbiden Depression oder Dysthymie zu Beginn der Studie robuste Prädiktoren für einen besseren Krankheitsverlauf waren.

Dieser Artikel ist im Original erschienen auf Coliquio.de.

 

Kommentar

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