Im Onko-Blog dieser Woche geht es unter anderem um die Krebserkennung, möglicherweise eignen sich dafür neben Hunden auch Ameisen. Und Pankreaskarzinome könnten eventuell anhand spezieller mikrobieller Profile in Stuhlproben früh erkannt werden. Zu einer lang eingesetzten Behandlungsmethode gibt es nun eine randomisierte Studie: Die Radioiodtherapie ist nach einer Operation von Niedrigrisiko-Schilddrüsenkarzinomen nicht nötig. Für Hodgkin-Patienten unter Chemotherapie hatte der Lockdown positive Effekte – sie litten seltener unter Infektionen.
Krebserkennung: Ameisen können bösartige Zellen „erschnüffeln“
Pankreaskarzinom: Stuhlproben-Analyse zur Früherkennung?
NSCLC: Toripalimab plus Chemotherapie in der Erstlinientherapie
Schilddrüsen-Karzinom: Radioiod nach Thyroidektomie – Ja oder Nein?
Nierenzellkarzinom: Wann kardiovaskuläres Monitoring bei Therapie mit Immuncheckpoint-Inhibitoren
Hodgkin-Lymphom: Lockdown reduziert Infektionen während Chemotherapie
Krebserkennung: Ameisen können bösartige Zellen „erschnüffeln“
Die Ameise Formica fusca kann nach kurzem Training mit Hilfe des Geruchs gesunde von krebsartigen menschlichen Zellen unterscheiden. Französische Wissenschaftler berichten ihre Erfahrungen mit dem Training der Insekten in iScience .
Schon länger werden Hunde darauf trainiert, Krebszellen anhand der produzierten flüchtigen organischen Verbindungen zu erkennen. Das Training der Hunde ist allerdings sehr zeitaufwendig und teuer. Insekten wie Ameisen sind sehr viel einfacher und kostengünstiger unter kontrollierten Bedingungen aufzuziehen. Die französische Arbeitsgruppe trainierte Ameisen darauf, den Geruch einer Zellprobe mit einer Belohnung (Zuckerwasser) zu verbinden.
Ein Konditionierungsprotokoll mit nur 3 Trainingseinheiten war für die Ameisen ausreichend, um aus den Zellen stammende Geruchsstoffe mit einer Belohnung in Verbindung zu bringen. Ameisen konnten das Vorhandensein von Zellen in einem Medium wahrnehmen, sie unterschieden krebsbedingte Gerüche von nicht krebsbedingten Gerüchen und waren in der Lage zwischen 2 Krebszell-Linien zu unterscheiden.
Die Forscher spekulieren, dass Ameisen möglicherweise auch zur Erkennung von Betäubungsmitteln, Sprengstoffen, verdorbenen Lebensmitteln oder anderen Erkrankungen eingesetzt werden könnten.
Pankreaskarzinom: Stuhlproben-Analyse zur Früherkennung?
Ein charakteristisches Muster im Darmmikrobiom ist mit einem Pankreaskarzinom assoziiert, und zwar unabhängig vom Stadium der Erkrankung. Eine deutsch-spanische Autorengruppe ist deshalb der Ansicht, dass ein Screening des fäkalen Mikrobioms zur Früherkennung eines duktalen Adenokarzinoms des Pankreas geeignet sein könnte, wie sie in Gut schreiben.
Die Forscher analysierten Speichel- und Stuhlproben sowie Pankreasgewebe von Patienten mit Pankreaskarzinom, mit Pankreatitis oder von gesunden Personen. Die Stuhlproben erwiesen sich als informativer als die Speichelproben. Weitere Analysen ergaben, dass bei Vorliegen eines Pankreaskarzinoms bestimmte Bakterien vermehrt, andere in geringerer Menge vorlagen, wodurch sich ein charakteristisches mikrobielles Profil ergab.
„Obwohl vielversprechend, haben diese Ergebnisse aufgrund des Querschnittscharakters der Studie einen begrenzten klinischen Wert. Daher müssen die prädiktiven Marker anhand einer prospektiven Kohorte getestet werden, bevor eine Schlussfolgerung hinsichtlich ihrer klinischen Auswirkungen gezogen werden kann“, so der Kommentar im begleitenden Editorial.
NSCLC: Toripalimab plus Chemotherapie in der Erstlinientherapie
Nicht vorbehandelte Patienten mit fortgeschrittenem nicht-kleinzelligem Lungenkrebs (NSCLC) ohne EGFR/ALK-Mutationen, die mit dem PD1-Inhibitor Toripalimab plus Chemotherapie behandelt wurden, hatten ein besseres progressionsfreies Überleben (PFS) im Vergleich zu Patienten, die nur eine Chemotherapie erhielten. Dies ergab die Phase-3-Studie CHOICE-01, die in einer ASCO-Plenarsitzung am 15. März 2022 präsentiert wurde.
Eine chinesische Arbeitsgruppe schloss 465 Patienten mit fortgeschrittenem NSCLC ohne EGFR/ALK-Mutationen und ohne Vorbehandlung in die randomisierte, doppelblind durchgeführte Studie ein. Alle Patienten erhielten eine Chemotherapie, zusätzlich wurden sie im Verhältnis 2:1 randomisiert mit Toripalimab (309 Patienten) oder Placebo (156 Patienten) behandelt, gefolgt von einer Erhaltungstherapie mit Toripalimab oder Placebo plus Standardbehandlung.
Der primäre Endpunkt progressionsfreies Überleben (PFS) betrug 8,4 Monate im Toripalimab-Arm und 5,6 Monate im Placebo-Arm. Die 1-Jahres-PFS-Rate lag bei 36,7% im Toripalimab-Arm und 17,2% im Placebo-Arm. Patienten mit hoher Tumormutationslast hatten unter Toripalimab ein signifikant besseres PFS als unter Placebo (13,1 Monate vs. 5,5 Monate), während Patienten mit Mutationen im FA-PI3K-Akt-Weg oder in den IL-7-Signalwegen unter Placebo länger ohne Progression überlebten als unter Toripalimab (8,9 vs. 4,2 Monate).
Bei der OS-Zwischenanalyse war das mediane OS im Toripalimab-Arm noch nicht erreicht, verglichen mit 17,1 Monaten im Placebo-Arm.
Unerwünschte Wirkungen vom Schweregrad 3 oder höher waren in beiden Armen ähnlich häufig. Im Toripalimab-Arm wurde die Behandlung wegen unerwünschter Wirkungen jedoch häufiger abgebrochen als im Placebo-Arm (14,3% vs. 5,5%). Außerdem traten mehr tödliche unerwünschte Ereignisse auf (3,2 % vs. 2,6 %).
Schilddrüsen-Karzinom: Radioiod nach Thyroidektomie – Ja oder Nein?
Bei Patienten mit Schilddrüsenkarzinom mit niedrigem Risiko, die sich einer Thyroidektomie unterzogen hatten, war keine Radioiodtherapie einer anschließenden Radioiodtherapie nicht unterlegen in Bezug auf funktionelle, strukturelle und biologische Ereignisse innerhalb von 3 Jahren. Dies ergab die randomisierte französische Phase-3-Studie ESTIMABL2 (Essai Stimulation Ablation 2), die im New England Journal of Medicine publiziert worden ist.
Primäres Ziel der prospektiven Studie war es zu zeigten, dass bei Patienten mit Niedrigrisiko-Schilddrüsenkrebs eine Follow-Up-Strategie ohne Radioiod-Behandlung einer postoperativen Gabe von Radioiod nicht unterlegen war.
Der kombinierte Endpunkt umfasste funktionelle, strukturelle und biologische Anomalien nach 3 Jahren, beispielsweise abnormale Herde der Radioiod-Aufnahme beim Ganzkörperscan, die eine Behandlung erforderten, auffällige Befunde bei der Ultraschalluntersuchung des Halses oder erhöhte Werte von Thyreoglobulin oder Thyreoglobulin-Antikörpern.
Diese Ereignisse traten bei 16 von 367 Patienten (4,4%) in der Gruppe ohne Radioiod- und bei 15 von 363 Patienten (4,1%) in der Gruppe mit Radioiod-Therapie auf. Damit war die Nichtunterlegenheit einer Nachsorge ohne radioaktive Behandlung gegenüber einer weiteren radioaktiven Therapie nachgewiesen.
Im begleitenden Editorial bezeichnet es Dr. David S. Cooper von der John Hopkins University School of Medicine in Baltimore als bemerkenswert, dass nun endlich, obwohl die Radioiodtherapie für differenzierten Schilddrüsenkrebs schon in den 1940er und 1950er Jahren eingeführt worden sei, eindeutige Beweise vorliegen, die es ermöglichen, ihren Nutzen zu maximieren und die Risiken zu minimieren.
Nierenzellkarzinom: Wann kardiovaskuläres Monitoring bei Therapie mit Immuncheckpoint-Inhibitoren
Patienten mit Nierenzellkarzinom, die mit einer Kombination des Checkpoint-Inhibitors Avelumab und des VEGFR-Inhibitors Axitinib behandelt werden, sollten bei hohen Troponin-T-Spiegeln vor Therapiebeginn sorgfältig auf das Auftreten von MACE (major cardiovascular events) überwacht werden. Dies ergab die Phase-3-Studie JAVELIN Renal 101, in der erstmals in einem solchen Setting prospektiv kardiovaskuläre Parameter überwacht worden sind.
Wie die amerikanische Arbeitsgruppe im Journal of Clinical Oncology berichtet, trat im Verlauf der Studie bei 31 Patienten (7,1%) ein MACE (definiert als kardiovaskuläres Ereignis vom Schweregrad ≥ 3) unter der Avelumab/Axitinib-Kombination auf. In der Vergleichsgruppe mit Sunitinib waren 17 Patienten (3,9%) betroffen. In der Kombi-Gruppe waren vor allem Patienten mit erhöhten Troponin-T-Werten zu Studienbeginn durch MACE gefährdet. In der Sunitinib-Gruppe zeigte sich dieser Zusammenhang nicht.
Ein Abfall der linksventrikulären Auswurffraktion war in der Kombinationsgruppe zwar signifikant häufiger als in der Sunitinib-Gruppe, die meisten Patienten erholten sich davon jedoch wieder und die Abnahme war nicht mit anderen kardialen Ereignissen oder Symptomen assoziiert.
Hodgkin-Lymphom: Lockdown reduziert Infektionen während Chemotherapie
Die Lockdown-Maßnahmen mit Ausgangsbeschränkungen, Abstand halten und dem Einsatz von Mund-Nasen-Masken während der ersten Monate der COVID-19-Pandemie haben akute Infektionen bei Hodgkin-Patienten während der Chemotherapie deutlich verringert. Dies ergab eine Auswertung der Therapiestudie HD21 der Deutschen Hodgkin-Studiengruppe (GHSG) an der Uniklinik Köln, die sie in Infection mitgeteilt hat.
Die GHSG wertete für den Zeitraum von Juli 2016 bis August 2020 911 Chemotherapie-Zyklen von 313 erwachsenen Hodgkin-Patienten aus, die mit 4 bis 6 Zyklen eBEACOPP (dosiseskalierten Bleomycin, Etoposid, Adriamycin, Cyclophosphamid, Vincristin, Procarbazin und Prednison) behandelt worden waren.
Während im Zeitraum 2017 bis 2019 bei 131 (19,6%) von 670 Zyklen eine Infektion auftrat, war dies während des COVID-19-Lockdowns (März 2020 bis Juni 2020) nur bei 30 (12,6%) von 239 Zyklen der Fall (Odds Ratio 0,574; p = 0,024).
Der stärkste Effekt zeigte sich bei den nicht näher spezifizierten Infektionen: Hier standen 39 Zyklen (5,8%) mit Infektionen (Zeitraum 2017-2019) nur 5 Zyklen (2,1%) mit Infektionen im Lockdown gegenüber.
Während in den Jahren 2017 bis 2019 insgesamt 99 (43,2%) von 229 Patienten an einer Infektion erkrankten, kam es im Lockdown nur bei 20 (24,1%) von 83 Patienten zu einer Infektion (p = 0,0023).
„Patienten, die sich während der intensiven Chemotherapie vor Infektionen schützen wollen, haben jetzt zum ersten Mal Daten, die belegen, dass dies durch einfache Maßnahmen möglich ist – Erkrankte können damit eine eigene, informierte Entscheidung treffen“, fasste Prof. Dr. Peter Borchmann von der Uniklinik Köln die Bedeutung dieser Ergebnisse in einer Pressemitteilung zusammen.
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Diesen Artikel so zitieren: Pankreaskrebs: Früherkennung mit Stuhlprobe? Schilddrüsen-Krebs: Radioiod nach Thyroidektomie; Ameisen zur Krebserkennung - Medscape - 15. Mär 2022.
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