Eine nicht-invasive, transkutane Magnetstimulation (TcMS) des linken Ganglion stellatum kann bei einigen Patienten mit elektrischem Sturm die rezidivierenden Kammertachykardien signifikant reduzieren. Dies zeigt eine randomisierte Studie in JAMA Cardiology [1].
Als elektrischer Sturm wird ein Zustand kardialer elektrischer Instabilität bezeichnet, der sich in multiplen Episoden ventrikulärer Tachykardien innerhalb kurzer Zeit äußert. „Für Patienten mit diesen immer wieder auftretenden Kammertachykardien, die nicht zu therapieren sind, besteht ein dringender Bedarf an neuen Therapieoptionen. Sie haben eine extrem schlechte Prognose, die Mortalität liegt bei fast 30%“, erklärt der Kardiologe Prof. Dr. Andreas Zeiher vom Cardio Pulmonary Institute der Goethe-Universität Frankfurt am Main.
Sympathetischen Input unterbrechen
„Es ist bekannt, dass ein Teil der Kammertachykardien durch eine Überaktivierung des Sympathikus getriggert wird“, ergänzt der Past-Präsident der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie. „Deshalb bestand die Hypothese, dass man einen Trigger für diese Kammertachykardien beseitigen kann, indem man über eine Ganglionblockade das Stellatum blockiert und so den sympathetischen Input ans Herz unterbricht.“
Die US-Mediziner um Dr. Timothy Markman von der Division of Cardiology des Hospital of the University of Pennsylvania in Philadelphia untersuchten das TcMS-Verfahren bei 26 erwachsenen Patienten mit mindestens 3 Kammertachykardien in den vergangenen 24 Stunden. Allerdings erhielt nur die Hälfte von ihnen eine TcMS des linken Ganglion stellatum. Der Rest diente als Kontrollgruppe und erhielt eine Scheinbehandlung: Die Magnetspule wurde ebenfalls aufgelegt, der Magnet aber nicht aktiviert.
Mehr als 12 Kammertachykardien am Tag
In den 24 Stunden vor der TcMS hatten die vorwiegend männlichen, im Schnitt 64 Jahre alten Patienten im Schnitt 12,7 Kammertachykardien. Und dies trotz der Einnahme von durchschnittlich 2 Antiarrhythmika. 42% der Patienten waren zum Zeitpunkt der Randomisierung auf mechanische hämodynamische Unterstützung angewiesen.
Als primären Endpunkt der Studie hatten sich Markman und seine Kollegen für das Ausbleiben von Kammertachykardien in den 24 Stunden nach der TcMS entschieden. Dieser wurde nicht erreicht: In der TcMS-Gruppe traten bei 29% der Patienten und in der Kontrollgruppe bei 58% der Patienten eine Kammertachykardie auf. Der numerische Unterschied zwischen den beiden Gruppen war statistisch nicht signifikant.
Signifikante Reduktion der Ereignisse
Dies änderte sich aber nach 72 Stunden: Mit im Mittel 10,7 Kammertachykardien in der Kontrollgruppe, aber nur 4,5 Kammertachykardien in der TcMS-Gruppe war nach diesem Zeitraum ein signifikanter Effekt der Magnetstimulation zu verzeichnen.
„Die Ergebnisse sind nicht überwältigend, aber sie sind gut“, kommentiert Zeiher. „Es funktioniert nicht bei allen Patienten, aber wenn es funktioniert, dann nimmt die Häufigkeit der Kammertachykardien innerhalb der ersten 72 Stunden signifikant ab.“
Auch auf den Bedarf an Antiarrhythmika hatte die TcMS Auswirkungen. 24 Stunden nach der Randomisierung benötigten die mit TcMS behandelten signifikant weniger Antiarrhythmika als zuvor: 0,9 vs. 1,8. Bei der Kontrollgruppe war mit 2,3 vs. 1,9 Antiarrhythmika kein Unterschied festzustellen.
Keine negativen Auswirkungen auf Schrittmacher
7 Patienten in der TcMS-Gruppe hatten einen Schrittmacher oder einen implantierbaren Kardioverter/Defibrillator (ICD). „Bei keinem von ihnen hat die Behandlung klinisch signifikante Auswirkungen auf die Funktion des Geräts gehabt“, schreiben die Mediziner.
Für Zeiher kommt dieses Ergebnis nicht überraschend: „Was die ICDs und Schrittmacher angeht, hätte ich auch keine größeren Interferenzen erwartet“. Zum einen wirke das Magnetfeld der Spule relativ lokal, zum anderen wisse man auch von MRT-Untersuchungen, dass durch das elektromagnetische Feld schlimmstenfalls die Programmierung des Geräts gelöscht werde.
Verfahren muss effizienter werden
Markman und seine Kollegen ziehen aus ihren Ergebnissen das positive Fazit, dass die TcMS das Potenzial hat, die Last an Kammertachykardien sicher zu reduzieren. Sie räumen aber ein: „Das Verfahren muss noch verbessert werden, da nicht alle mit TcMS behandelten Patienten Evidenz für eine Blockade des Sympathikus zeigten“.
Und auch der Frankfurter Kardiologe Zeiher sieht eine Erhöhung der Effizienz des Verfahrens als wichtigsten nächsten Schritt: „Vielleicht muss man die Energie etwas erhöhen, vielleicht die Behandlung nach einigen Stunden wiederholen“, spekuliert er. Letztlich sei dann eine größere Studie notwendig, um die Wirksamkeit des Verfahrens weiter zu prüfen.
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Medscape Nachrichten © 2022
Diesen Artikel so zitieren: Den elektrischen Sturm stoppen: Transkutane Magnetstimulation reduziert rezidivierende Kammertachykardien - Medscape - 10. Mär 2022.
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