Im Onko-Blog dieser Woche geht es unter anderem darum, dass bei einer Therapie mit Immuncheckpoint-Inhibitoren das Adipositas-Paradoxon beobachtet werden konnte: Übergewichtige Patienten profitieren stärker von der Behandlung. Zudem gibt es Neues zum 3-fach negativen Mammakarzinom (TNBC): In der neoadjuvanten Therapie erhöht die Zugabe von Atezolizumab zur Chemotherapie die Rate des pathologischen Ansprechens nicht. Für die Kombination Sacituzumab Govitecan sieht das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) dagegen Anhaltspunkte für einen erheblichen Zusatznutzen beim vorbehandelten TNBC. Ergebnisse von In-vitro- und Tierversuchen bieten für die beim multiplen Myelom häufig auftretenden Therapieresistenzen eine Erklärung.
Immuncheckpoint-Inhibitoren: Besser wirksam bei Adipositas?
3-fach negatives Mammakarzinom: Atezolizumab-Zugabe zu neoadjuvanter Chemotherapie verbessert pCR-Rate nicht
3-fach negatives Mammakarzinom: Zusatznutzen von Sacituzumab Govitecan anerkannt
Mammakarzinom: Überdiagnosen beim Mammographie-Screening
Multiples Myelom: Therapieresistenz durch CDK6 vermittelt?
Krebs-Therapie: Digitale Helfer erlauben tägliche Symptomkontrolle
ESMO: Experten-Consensus-Statements, wenn Leitlinien fehlen
Immuncheckpoint-Inhibitoren: Besser wirksam bei Adipositas?
Die Behandlung mit Immuncheckpoint-Inhibitoren von Krebs-Patienten mit Adipositas und Übergewicht kann mit einem besseren Therapieergebnis assoziiert sein als bei Patienten mit Normalgewicht. Dieses Ergebnis einer Kohortenstudie hat eine amerikanische Arbeitsgruppe in JAMA Network Open als Research Letter publiziert.
Sie hatten den Body Mass Index (BMI) von 1.840 Patienten vor der Therapie mit einem Immuncheckpoint-Inhibitor erhoben. Die Patienten litten an 16 verschiedenen Karzinomen. Normalgewicht war als BMI von 18,5 – 24,9, Übergewicht als BMI von 25 – 29,9 und Adipositas als BMI ≥ 30 definiert.
In der Gesamtgruppe zeigten Patienten mit Adipositas nach Immuncheckpoint-Inhibitor-Therapie ein besseres Gesamtüberleben als Patienten mit Übergewicht (HR 0,82) oder Normalgewicht (HR 0,67). Übergewicht war mit einem besseren Gesamtüberleben als Normalgewicht assoziiert (HR 0,81).
Ähnliche Befunde gab es zum progressionsfreien Überleben (PFS). Adipositas war auch mit einer höheren radiologischen Ansprechrate als Normalgewicht oder Überwicht verbunden.
Die Assoziation zwischen Adipositas und Übergewicht und der Reaktion auf die Immuncheckpoint-Inhibitoren war bei den verschiedenen Karzinomen nicht einheitlich. Der größte Unterschied bei den Ansprechraten wurde beim Nierenzellkarzinom beobachtet.
Nach Meinung der Autoren rechtfertigen die Ergebnisse bei einigen Krebsformen weitere Studien mit größeren Kohorten. Sie weisen jedoch darauf hin, dass der BMI kein perfektes Maß für Adipositas und Übergewicht sei, weil er Muskeln und Körperfett nicht unterscheide.
3-fach negatives Mammakarzinom: Atezolizumab-Zugabe zu neoadjuvanter Chemotherapie verbessert pCR-Rate nicht
Der PD-L1-Inhibitor Atezolizumab zeigte zusammen mit neoadjuvantem Carboplatin/nab-Paclitaxel keinen statistisch signifikanten Anstieg der pathologischen Komplettremission (pCR) im Vergleich zu neoadjuvanter Chemotherapie allein bei frühem lokal fortgeschrittenem 3-fach negativem Hochrisiko-Mammakarzinom. Dies zeigten erste Daten zur Phase-3-Studie NeoTRIP, die eine italienische Arbeitsgruppe in Annals of Oncology publiziert hat.
In die multizentrische, randomisierte Phase-3-Studie wurden 280 Patientinnen mit frühem oder lokal fortgeschrittenem 3-fach negativem Brustkrebs (TNBC) 1:1 randomisiert neoadjuvant mit Carboplatin/nab-Paclitaxel mit oder ohne Atezolizumab behandelt. Nach der neoadjuvanten Behandlung folgten die Operation und vier Zyklen einer Anthrazyklin-haltigen Therapie.
Primärer Endpunkt der Studie ist das ereignisfreie Überleben (EFS), zu den sekundären Endpunkten gehört das pathologische vollständige Ansprechen (pCR). Die italienischen Autoren haben nun die Ergebnisse für den sekundären Endpunkt vorgelegt, die Daten zum EFS stehen noch aus.
In der NeoTRIP-Studie führte die Zugabe von Atezolizumab zur Chemotherapie zu keiner signifikanten Verbesserung der pCR-Rate, sie betrug mit Atezolizumab 48,6%, ohne Atezolizumab 44,4% (Odds Ratio: 1,18; p = 0,48). Bei Patienten mit positivem PD-L1-Nachweis war der numerische Unterschied zwischen den Ansprechraten mit und ohne Atezolizumab mit 7,6%-punkten noch deutlicher.
Allerdings stehen die Ergebnisse zum primären Endpunkt EFS noch aus. Nach Aussage der Autoren erlaubt das Fehlen einer pCR-Verbesserung durch Atezolizumab noch keine Rückschlüsse auf die Wirksamkeit im Hinblick auf das Überleben der Frauen mit Hochrisiko-TNBC.
3-fach negatives Mammakarzinom: Zusatznutzen von Sacituzumab Govitecan anerkannt
Für Erwachsene mit nicht resezierbarem oder metastasiertem 3-fach negativen Brustkrebs (TNBC), die zuvor 2 oder mehr systemische Therapien erhalten haben, sieht das IQWiG einen Anhaltspunkt für einen erheblichen Zusatznutzen von Sacituzumab Govitecan im Vergleich zur zweckmäßigen Vergleichstherapie.
Die Nutzenbewertung basierte auf den Ergebnissen der Phase-3-Studie ASCENT, in die 529 Patienten mit vorbehandeltem TNBC eingeschlossen worden waren. Sie erhielten randomisiert das Antikörper-Wirkstoff-Konjugat (ADC) Sacituzumab Govitecan oder eine Mono-Chemotherapie nach Auswahl des Behandlers. Das ADC verlängerte sowohl progressionsfreies Überleben als auch Gesamtüberleben signifikant im Vergleich zur Kontrollgruppe wie im Onko-Newsblog berichtet.
Mammakarzinom: Überdiagnosen beim Mammographie-Screening
Etwa 1 von 7 Brustkrebsfällen, die beim 2-jährlichen Mammographie-Screening von Frauen im Alter zwischen 50 und 74 Jahren entdeckt werden, ist eine Überdiagnose. Dies ergab eine vom US-amerikanischen National Cancer Institute finanzierte Studie, deren Ergebnisse in den Annals of Internal Medicine erschienen sind.
Die Forscher verwendeten Daten aus dem Breast Cancer Surveillance Consortium mit 35.986 Frauen, 82.677 Mammographien und 718 Brustkrebs-Diagnosen. In ihrer Modellierungsstudie fanden sie, dass schätzungsweise 15,4% der im Screening entdeckten Krebsfälle eine Überdiagnose waren. Dieser Wert veränderte sich bei jährlichem Screening nicht.
Im begleitenden Editorial heißt es, dass diese Ergebnisse Frauen helfen könnten, das Risiko einer Überdiagnose beim Mammographie-Screening besser einzuschätzen. Bei etwa 7 von 1.000 Frauen werde bei einer Mammographie ein Brustkrebs diagnostiziert, nach diesen Ergebnissen werde bei 1 von 1.000 Frauen ein Krebs festgestellt, der aber nie Probleme verursacht.
Multiples Myelom: Therapieresistenz durch CDK6 vermittelt?
Die Cyclin-abhängige Kinase 6 könnte bei Therapieresistenzen des Multiplen Myeloms eine wichtige Rolle spielen. Mit der Anwendung von CDK6-Inhibitoren ergeben sich eventuell neue Therapiemöglichkeiten. Dies fand ein interdisziplinäres Berliner Forschungsteam mit Proteomanalysen. Ergebnisse ihrer In-vitro- und tierexperimentellen Untersuchungen sind in Nature Communications erschienen.
„Wir konnten zeigen, dass der Zellteilungsregulator CDK6 von den Krebszellen zum Zeitpunkt der Therapieresistenz übermäßig stark produziert wird“, erklärte Studienleiter Prof. Dr. Jan Krönke von der Medizinischen Klinik mit Schwerpunkt Hämatologie, Onkologie und Tumorimmunologie am Charité Campus Benjamin Franklin in einer Pressemitteilung. „Auf Basis unserer Daten gehen wir davon aus, dass die Hemmung von CDK6 ein neuer Ansatz für die Behandlung eines zurückgekehrten Multiplen Myeloms sein könnte.“
Mit Hilfe moderner Massenspektrometrie-Technik gelang es in Tumorproben von rezidivierten Patienten mehr als 6.000 Proteine zu quantifizieren. Durch weitere statistische und bioinformatische Analysen ergab sich CDK6 als wichtiger Treiber einer Therapieresistenz.
In Zellkulturen machte die Zugabe von CDK6 die Myelom-Zellen unempfindlich gegen Lenalidomid und Pomalidomid. Die Wirkung der Medikamente konnte durch Zugabe eines CDK6-Inhibitors jedoch wieder hergestellt werden. Das Team konnte diesen Effekt im Tiermodell bestätigen.
Krebs-Therapie: Digitale Helfer erlauben tägliche Symptomkontrolle
Die tägliche elektronische Erfassung von Patient Reported Outcomes (ePRO) ermöglicht es, ohne Vorzeichen auftretende schwere Symptome rasch zu erkennen und entsprechende Maßnahmen einzuleiten. Dies berichtet eine Arbeitsgruppe vom Memorial Sloan Kettering Cancer Center in New York in JAMA Network Open .
An der Studie nahmen 217 Patienten der New Yorker Krebsklinik teil, die eine hoch aktive antineoplastische Therapie erhielten. Sie bewerteten nach einer Einführung in die Technik täglich ihre Therapie in einem Patientenportal der Klinik. Bei moderaten Symptomen erhielt der Arzt eine gelbe, bei schweren Symptomen einen rote Warnung.
Aus den 14.603 ePROs wurden 7.349 (50,3%) rote oder gelbe Warnungen generiert. Hierzu gehörten vor allem Schmerzen (23%) und ein schlechter Funktionsstatus (16,1%). Bei 284 der 630 roten Alarme war zuvor keine gelbe Warnung innerhalb der letzten 7 Tage aufgetaucht. Das deutet nach Aussage der Autoren darauf hin, dass sich schwere Symptome relativ häufig ohne Vorwarnung entwickeln können und eine tägliche Erfassung die rechtzeitige Behandlung erleichtern kann.
Im begleitenden Editorial wird allerdings angemerkt, dass eine tägliche Symptomerfassung mit einer solchen Rate an Warnungen innerhalb von 16 Monaten etwa 7.300 Fall-Beurteilungen erforderlich mache. Wenn eine Pflegekraft pro Warnung 10 Minuten zur Beurteilung mit Einsicht in die Patientenakte und mit Kontakt zum Patienten benötige, würde dies 60% einer Vollzeitstelle beanspruchen. Die Wochenenden müssten auch berücksichtigt werden. Große Institutionen könnten diesen Aufwand möglicherweise leisten, aber kleinere Einrichtungen wären damit vermutlich überfordert. Außerdem bestehe das Risiko, dass durch die Vielzahl der Warnungen eine gewisse Gleichgültigkeit bei den Betreuenden eintrete.
ESMO: Experten-Consensus-Statements, wenn Leitlinien fehlen
Die European Society for Medical Oncology (ESMO) kündigt einer Reihe von Experten-Consensus-Statements für die Indikationsbereiche an, für die keine Leitlinien zur Verfügung stehen und in denen die vorliegende Evidenz nicht ausreicht, um Empfehlungen zur Entscheidungsfindung abzugeben.
Das Experten-Consensus-Statements zum Management des EGFR mutierten nicht-kleinzelligen Bronchialkarzinoms, publiziert in Annals of Oncology , ist ein Beispiel für die Bemühungen der ESMO, führende Spezialisten in ihren jeweiligen Bereichen zusammenzubringen, um zu umstrittenen oder/und dringenden Fragen der Krebsversorgung Stellungnahmen abzugeben.
Im aktuellen Statement erarbeiteten die Spezialisten 29 Konsens-Erklärungen. Jede Aussage wird durch Ergebnisse aus Podiumsdiskussionen gestützt. Dieses Verfahren soll auf weitere Bereiche der Onkologie ausgeweitet werden.
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Diesen Artikel so zitieren: Übergewichtige profitieren stärker von Checkpoint-Inhibitoren; Überdiagnosen beim Mammographie-Screening - Medscape - 8. Mär 2022.
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